Rettung naht: So könnte das sichere Netzwerk für den Notfall aussehen
Eine Forschungsgruppe der Frankfurt University of Applied Sciences hat ein Netzwerk entwickelt, das auch dann noch funktioniert, wenn herkömmliche Kommunikationssysteme und Stromversorgung ausfallen. Es könnte im Ernstfall mehr Leben retten.
Wenn im Falle einer Katastrophe die Kommunikation nicht funktioniert, stehen Helfende schnell vor enormen zusätzlichen Herausforderungen oder sogar unlösbaren Aufgaben. Denn gerade bei einer Flut, einem Brand oder Erdbeben müssen die Beteiligten schnell und unkompliziert Informationen austauschen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) haben sich deshalb im Rahmen eines Forschungsprojekts an diese Aufgabe begeben. Das Ergebnis: Ein neues Netzwerk, das auch dann funktioniert, wenn die anderen Kommunikationssysteme und die Stromversorgung ausfallen.
„Bislang existiert kein ganzheitlicher, moderner Lösungsansatz für ein Netzwerk, das im Katastrophenfall allen Anforderungen von Hilfskräften und Betroffenen gerecht wird“, sagt Ulrich Trick, Leiter der Forschungsgruppe und Professor für Telekommunikationsnetze. Das neue Netz, das die Forschenden unter seiner Leitung entwickelt haben, trägt den Namen „Wireless Mesh Network“ (WMN) und ist vergleichbar mit einem WLAN. Allerdings besteht das WMN aus verschiedenen Knotenpunkten, das dadurch besonders flexibel ist. Als weitere wichtige Anforderung sollte das Netz leicht aufzubauen und zu nutzen sein. Auch das konnten die Forschenden umsetzen, denn Einsatzkräfte und Betroffene benötigen nur ihr Smartphone. Damit wählen Sie sich per WLAN in dieses neue Netz ein.
Netzwerk für den Notfall: Virtualisierung lautet der Schlüssel
In Zusammenarbeit mit dem Technischen Hilfswerk (THW) haben die Forschenden das Netz getestet. Dafür erhielten die THW-Mitarbeitenden kleine, tragbare WMN-Router. Diese verbinden sich nach dem Einschalten als Knotenpunkte automatisch miteinander. Auf diese Art und Weise entsteht ein stabiles und intelligentes Netz. Innerhalb dessen lassen sich Textnachrichten verschicken, die Beteiligten können telefonieren, sich in Videokonferenzen auf den aktuellen Stand bringen und Dateien austauschen. Damit das Netz funktioniert, haben die Forschenden die relevanten Funktionen des Netzes von der Hardware abgekoppelt und virtuell abgebildet. Das sei nach Ansicht der Forschenden der Schlüssel des Ganzen.
Darüber hinaus gibt es nicht einen zentralen Computer, über den das WMN gesteuert wird. Vielmehr werden dafür alle Knotenpunkte genutzt und das Netz hat sozusagen ein „Software-Gehirn“, den sogenannten Orchestrator. Es ist also ein dezentrales Netz. Das habe den Vorteil, dass die Akkus der eingesetzten Geräte gleichmäßig belastet würden und somit länger hielten. Darüber hinaus könne der Orchestrator Funktionen verwalten. Ein Beispiel: Eine größere Personengruppe greift auf einen Webserver zu. Nun verschiebt der Orchestrator den Webserver zu dem Knotenpunkt, welcher der Personengruppe am nächsten ist. Dadurch bleibe auch die Nutzungsqualität immer auf gleich hohem Niveau. Ein weiterer Vorteil eines WMN-Netzes: Es lässt sich flexibel erweitern und kann nicht nur für eine bestimmte Nutzergruppe freigeschaltet werden, sondern es lässt sich auch ein offener Bereich einrichten. Über einen solchen könnten sich zum Beispiel Opfer einwählen und so um Hilfe bitten.
Forschende arbeiten weiter am Netzwerk für den Notfall
Nach Abschluss des Forschungsprojektes arbeitet die Forschungsgruppe weiter an dem Netzwerk. Nächstes Ziel: Es widerstandsfähiger zu machen. Denn gerade ein Netzwerk, das in Katastrophensituationen funktionieren soll, muss zuverlässig sein und darf durch Störungen oder andere Probleme nicht beeinträchtigt werden. Wenn zum Beispiel ein Knotenpunkt ausfällt, weil ein Nachbeben ihn zerstört hat, müssen andere Knotenpunkte dessen Funktionen übernehmen können. An solchen Szenarien wird nun weiter geforscht. „Wir hoffen, mit unserer Forschung einen entscheidenden Beitrag leisten zu können, damit im Ernstfall künftig noch mehr Menschenleben gerettet werden“, sagt Ulrich Trick.
Die Forschungsgruppe für Telekommunikationsnetze am Fachbereich Informatik und Ingenieurwissenschaften der Frankfurt AUS entwickelte das Netz im Rahmen des Forschungsprojekts „Optimierung von Wireless Mesh Networks mit Netzwerkvisualisierung für den Katastropheneinsatz“ (Virt04WMN). Unterstützung erhielt sie vom THW und dem Unternehmen NetModule GmbH aus Eschborn. Getestet haben sie das WMN auf dem THW-Übungsgelände im niedersächsischen Hoya. An dem Test beteiligten sich THW-Mitarbeitende aus mehreren Bundesländern. Die Forschungsgruppe der Frankfurt AUS wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.
Mehr zum Thema Kommunikationsnetze:
Ein Beitrag von: