Roboter mit Tastsinn: Neue künstliche Haut macht Robotik menschlicher
Roboter sind in der automatisierten Produktion aufgrund hoher Effizienz und gleichbleibender Qualität längst zu einem unverzichtbaren Bestandteil geworden. In Zukunft können Roboter aber zu wahrlich „einfühlsamen“ Wesen werden. Forscher haben eine auf Zellen basierte Haut für Roboter entwickelt, die sie mit einem neuen Körpergefühl ausstattet.
Mit dem Tastsinn erhalten Roboter eine zentrale menschliche Fähigkeit. So kann es bald schon Realität werden, Roboter in sozialen Bereichen wie der Pflege einzusetzen.
Künstliche Haut für Roboter – aktueller Stand der Forschung
Forschern in den USA und auch in Deutschland ist es gelungen, eine auf Zellen basierte, künstliche Haut für Roboter zu entwickeln. Damit erhalten die mechanischen Wesen einen bis dato nicht nutzbaren Tastsinn und somit immer mehr menschliche Züge. Der neue Tastsinn versetzt Roboter in die Lage, ihr Umfeld und vor allem Menschen sehr viel detaillierter wahrnehmen zu können.
Zuletzt hatte die ETH Zürich eine Roboterhaut auf Basis von Sensoren entwickelt
Professor John Y. Aloimonos von der Universität in Maryland ist der Ansicht, dass dieser Fortschritt zu mehr Bewegungssicherheit führen wird. Roboter könnten etwa Unfälle im Arbeitsbereich antizipieren und so rechtzeitig einschreiten. All das scheint im Jahr 2020 keine Science-Fiction mehr zu sein, sondern erst der Anfang einer neuen Evolutionsstufe. Forscher sehen darin einen Türöffner, damit Roboter zukünftig auch weitere nonverbale Hinweise wahrnehmen können. Das ließe sich mit weiteren Sinnen wie Hören und Sinnen verbinden, sodass Roboter technisch völlig andere Möglichkeiten hätten, ihre Umwelt wahrzunehmen und gezielter mit Menschen zu interagieren. Derzeit versucht die Forschung, taktiles Feedback sensorisch für Roboter nutzbar zu machen.
Wie Roboter in Zeiten von Corona helfen können
Dieser technische Fortschritt geht Robotern unter die Haut
Wissenschaftler an der Technischen Universität München ist ein wichtiger Entwicklungsschritt gelungen. Sie haben spezielle „Hautzellen“ mit leistungsstarken Sensoren entwickelt, mit denen Roboter ihre Umgebung sehr viel feinfühliger analysieren können. Das dient laut Forschern nicht nur dem Ziel, Bewegungsabläufe noch runder werden zu lassen. Gerade in der direkten Interaktion mit Menschen können Roboter mit Hautzellen in Zukunft umsichtiger agieren. Die Basis für diesen technischen Fortschritt im Bereich Robotik bilden sechseckige Hautzellen, die nicht größer als eine 2-Euro-Münze sind.
Empfindungen der Roboterhaut: Eine Frage der Rechenleistung
Eine jede solche Hautzelle ist mit Sensoren und einem Mikroprozessor ausgestattet. Dadurch ist es möglich, Beschleunigung, Annäherung, Berührungen und auch die Temperatur beziehungsweise Änderungen zu messen. Der erster Roboter dieser Art trägt die Bezeichnung H-1: Er ist mit mehr als 1.200 Zellen ausgestattet und er nutzt über 13.000 Sensoren. Diese verteilen sich über den gesamten Körper des Roboters.
Ein Versuch, das menschliche Nervensystem nachzubauen
Diese Zahlen machen deutlich, wie komplex es technisch ist, die Funktionsweise des menschlichen Nervensystems mit seinen enormen Übertragungsgeschwindigkeiten auf Roboter zu übertragen. Die menschliche Haut nutzt übrigens mehr als fünf Millionen Rezeptoren. Von entscheidender technischer Bedeutung ist in der Forschung die Rechengeschwindigkeit, um alle Informationen aus den Sensoren verarbeiten zu können. Den Forschern in München ist es gelungen, die Rechenleistung um bis zu 90 % zu senken. Sensoren geben ihre Informationen nur weiter, wenn sich Messwerte auch tatsächlich ändern. Diese Funktionsweise entspricht sehr stark dem menschlichen Nervensystem. Bisher war die Forschung in diesem Bereich an einer zu geringen Rechenleistung gescheitert, und zwar schon bei einer deutlich geringeren Anzahl an Sensoren. Roboter fühlen mit ihrer neuen Haut demnach nicht permanent, sondern nur ereignisbasiert. Das versetzt sie in die Lage, besser auf Reize aus der unmittelbaren Umgebung reagieren zu können. Die verfügbare Rechenleistung lässt sich auf diese Weise maximal effizient nutzen.
Aktuell sind die Hautzellen für Roboter noch relativ groß. Daher arbeiten Forscher nun daran, kleinere Hautzellen zu entwerfen, die sich in großen Mengen produzieren lassen. Das würde schnellere Fortschritte erlauben, um Roboter zu mitfühlenden Wesen zu machen. Durch die Reduzierung der Rechenleistung haben die Forscher einen wichtigen Schritt in puncto Kompatibilität erreicht. Sie wollen so sicherstellen, dass jeder Robotertyp eine neue Haut erhalten kann.
Diese neue Vermenschlichung kann Roboter zu fehlenden Fachkräften machen
Ein Ziel der jüngsten Entwicklung ist es, so genannte Humanoide zu schaffen oder sie besser gesagt zu perfektionieren. Dabei handelt es sich um Roboter, die Menschen sehr ähnlich sind und gezielt mit ihnen interagieren können. Denn in diesem Punkt haben Roboter zweifelsohne noch Nachholbedarf. Wenn es gelingt, den Tastsinn von Robotern technisch weiter zu verfeinern und auch für das Hören und Sehen neue Sinneszellen zu entwickeln, können Roboter schon bald eine Schlüsselrolle für die Lösung des demografischen Wandels und auch Fachkräftemangels sein. Durch ein „Sinnesupdate“ könnten Roboter Menschen mehr als jemals zuvor auf Augenhöhe begegnen.
Mitfühlender Roboter in der Altenpflege?
Bis vor kurzem war es unvorstellbar, Roboter in der Pflege einzusetzen, obwohl es beispielsweise in Japan erste Versuche zur Unterhaltung von Heimbewohnern gibt. Durch dieses sensorische Update könnten Roboter sehr viel besser mit Menschen interagieren und gezielter auf deren Bedürfnisse eingehen. Alle Forscher sind sich in diesem Kontext einig, dass die technische Entwicklung der Sinne eine Schlüsselaufgabe ist, um Roboter für Menschen insgesamt attraktiver zu machen. Angesichts der jüngsten Entwicklungen dürfte es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis uns Roboter im Alltag deutlich häufiger begegnen.
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