Standardisierung führt zum Rechenzentrum „von der Stange“
Rechenzentren sind für große, aber zunehmend auch für kleinere und mittlere Unternehmen kritische Infrastrukturen: Kaum ein Geschäftsprozess, der nicht wesentlich von der Unternehmens-IT beeinflusst oder sogar erst ermöglicht wird. Kein Wunder also, dass es zur Planung, Errichtung und zum Betrieb eines Rechenzentrums (RZ) spezialisierte Berater und Dienstleister gibt.
„Wir haben in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten mit dem Aufbau von vielen Rechenzentren für unsere Kunden umfangreiche Erfahrungen gesammelt“, sagt Jürgen Strate, Leiter Vertrieb und Beratung Site and Facilities Services bei der IBM Deutschland in Ehningen. Nicht nur Fragen der Hochverfügbarkeit und der Sicherheit, auch kritische Punkte im Hinblick auf die zunehmende Bedeutung des Themas Energieeffizienz sind vor der Errichtung eines neuen Rechenzentrums zu klären. Und da müsse das Rad ja nicht jeweils neu und individuell erfunden werden. „Es hat sich gezeigt, dass es eine Fülle stets wiederkehrender Fragestellungen gibt, die eigentlich nicht jedes Mal neu geklärt werden müssen“, sagt Strate. Vielmehr ließe sich das Ganze weitgehend in ein standardisiertes Verfahren überführen.
„Wir industrialisieren die Prozesse rund um das Rechenzentrum“, beschreibt Strate das Credo, das hinter IBMs Aktivitäten in diesem Bereich steht. Als Generalübernehmer errichtet Big Blue schlüsselfertige Rechenzentren auf der grünen Wiese oder steuert ganz nach Kundenwunsch Dienstleistungen rund um Planung, Bau und Betrieb bei.
IBM bietet Rechenzentren nach Baukasten-Prinzip
Rechenzentren „aus dem Baukasten“ sehen bei IBM so aus: Für große Kunden gibt es die „IBM Module One“ genannte Alternative: Fertige RZ-Entwürfe mit 500 m2 bis 1000 m2 IT-Fläche pro Modul. Im Endausbau kann ein solches Modul bis zu 2 MW IT-Leistung aufnehmen. Und das bei sehr hoher Verfügbarkeit, z. B. mit komplett zweizügig ausgebauter Energieversorgung samt unterbrechungsfreier Stromversorgung (USV mit Batterie) sowie Notstromgeneratoren. Bei Bedarf lassen sich diese Module laut Strate mehrfach neben- oder übereinander anordnen, ganz nach Bedarf des Kunden.
Für kleine und mittlere Unternehmen heißt das Angebot „IBM CMDC“ (IBM Concrete Modular Data Center). Dieses gibt es in vier Größen – von S wie Small bis XL – was übersetzt einer IT-Fläche von 20 m2 im kleinsten bis ca. 100 m2 pro Modul im größten Fall entspricht. Strate: „Diese IBM-CMDC-Lösungen werden in der Regel im Verfügbarkeitslevel eine Stufe niedriger umgesetzt als beim IBM Module One und lassen sich sowohl als Massivbau als auch in portabler Modul-Container-Bauweise errichten.“
Bei der Alternative Neubau oder Erweiterung bzw. Modernisierung bestehender Rechenzentren geht der Trend laut Strate eindeutig in Richtung Neubau, „zu mehr als 90 %“. Die dramatische Entwicklung bei der Energiedichte im RZ und Anforderungen an Sicherheit und Verfügbarkeit lassen dies sinnvoll erscheinen. „Waren noch vor wenigen Jahren 3 kW bis 4 kW pro Rack als Leistung der Standard, so geht heute die Entwicklung bereits in Richtung von 10 kW bis 15 kW, bei 1HE- und Blade-Servern sind Leistungen von 20 kW bis 30 kW pro Rack bereits möglich – Tendenz weiter steigend.“ Damit sind aber auch innovative Kühlungskonzepte gefragt, die sich bei Neubauten deutlich besser realisieren lassen.
IBM setzt auf Partnerschaften mit E.On und TÜV
In seiner Funktion als Generalübernehmer setzt die IBM auf Technologien und Know-how zahlreicher Partner je nach Komponente oder Gewerk. Hinzu kommen strategische Partnerschaften und Kooperationen wie mit E.On für die dezentrale Energieversorgung mit Blockheizkraftwerk-Lösungen. Eine weitere Partnerschaft wurde mit dem TÜV-IT vereinbart, der für eine Pre-Zertifizierung der Entwurfsplanungen sorgt.
Entwickelt wurde dieses Angebot der IBM übrigens in Deutschland als dem am härtesten umkämpften Markt für RZ-Dienstleistungen. Strate sieht seine Mannschaft hier besonders gut aufgestellt, da man sowohl die Sprache der Architekten und Facility-Manager spreche, aber natürlich auch mit profundem Know-how in der IT-Welt aufwarten könne. „Wir wissen, wie sich die IT langfristig entwickelt, und wollen hier Trends mitbestimmen.“
Als Beispiel nennt er das Leibniz-Rechenzentrum mit dem viel beachteten Supercomputer Super-MUC. „Hier haben wir zum ersten Mal ein Rechenzentrum mit Warmwasserkühlung realisiert. Dadurch entfällt ein Großteil der klassischen Kälteerzeugung sowie Luftkühlung, was grundsätzlich die Möglichkeit schafft, die Energie, die in ein Rechenzentrum geht, wieder zu verwenden.“ In der Zukunft will Big Blue auch auf Chipebene (3-D-Chip) mit heißem Wasser kühlen, was nochmals einen dramatischen Sprung in der Leistungsdichte ermöglichen soll.
Warmwasser-Kühlung erlaubt Nutzung der Abwärme
Für Strate ist dies einer der Wege in die Zukunft des Rechenzentrums. Denn bei allen notwendigen Optimierungen in Sachen Energieeffizienz bleibe doch die Frage offen, was mit der ganzen Energie geschieht, die in so ein RZ hineingepumpt wird. „Mit herkömmlicher Kühlung bleibt da im wahrsten Sinne des Wortes warme Luft“, sagt er. Sprich: Abwärme, die nicht sinnvoll genutzt werden kann.
Strate: „Mit der Warmwasserkühlung haben wir aber ein Temperaturniveau und ein Medium, dass eine Zweitnutzung der RZ-Abwärme in industriellen Prozessen oder zu Heizzwecken möglich und wirtschaftlich vertretbar macht.“ Auch das sei daher ein wichtiger Schritt in Richtung höherer Energieeffizienz des Gesamtsystems Rechenzentrum.
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