Telekom: Millionen private WLAN-Hotspots sollen Mobilfunknetze entlasten
Die Deutsche Telekom will bis 2016 das größte WLAN-Netz Deutschlands aufbauen. Dabei setzt sie auf den Kooperationspartner Fon, der längst in anderen Ländern private drahtlose Netze zu öffentlichen Hotspots macht.
René Obermann kennt die Tücken der Netze genau: Gerade im Mobilfunk wachsen dank Smartphone und Tablet die Datenberge rasant an. „Wer beim steigenden Datenverkehr die Netzqualität halten will“, so argumentiert der Telekom-Chef, „muss neben Festnetz und Mobilfunk auch WLAN integrieren.“ Nur so könne Last von den einzelnen Basisstationen genommen werden. „Ansonsten müssen Sie endlos viel in Zellverdichtung investieren.“
Das ist also der Grund für eine der jüngsten Kooperationen des Bonner Netzbetreibers mit dem weltweit größten Anbieter von Hotspots. „Die Partnerschaft mit Fon passt perfekt zur Netzausbaustrategie der Telekom“, erklärte Obermann auf der CeBIT. Mit „WLAN to go“, so der Produktname der Telekom, soll das größte WLAN-Netz Deutschlands entstehen. Der Telekom-Chef rechnet bundesweit mit 2,5 Mio. zusätzlichen Hotspots.
Das Fon-Prinzip stammt aus der Freifunker-Szene: Private Nutzer öffnen ihre eigene Verbindung und dürfen dafür an den Hotspots aller anderen Mitglieder gratis surfen. „Egal, wohin sie gehen, das WLAN ist künftig schon da“, warb Niek Jan van Damme, Deutschland-Chef der Telekom, in Hannover.
WLAN-Anbieter können Hotspots gratis nutzen
Für Anbieter von WLANs sind die anderen Hotspots umsonst, Kunden anderer Mobilfunkanbieter sollen über einen Tagespass Zugang zum neuen WLAN-Netz erhalten. Er kostet 4,95 € für 24 Stunden.
Um WLAN-to-go offerieren zu können, benötigen die Telekom-Kunden einen speziellen Router, der im Juni auf den Markt kommen soll. Er soll klar zwischen privatem und öffentlichem WLAN unterscheiden. Außerdem sorgt er dafür, dass die Daten der Besitzer der Hotspots immer Vorrang vor potenziellen Mitbenutzern haben. Da der Router sich über zwei verschiedene SSIDs (Service Set Identifier) einbuche, also zwei verschiedene Netzzugänge bediene, sei für größtmögliche Sicherheit gesorgt.
Auch die Haftungsfrage, das bestätigen die Telekom-Manager, sei geklärt. Die Besitzer der privaten WLANs haften also nicht für das, was im öffentlichen Teil des drahtlosen Netzwerkes passiert. Van Damme ist optimistisch: „Wir tauschen so oder so rund 2 Mio. Router im Jahr aus.“ Da werde es sicher viele Interessenten geben. Van Damme: „Schließlich rockt das mobile Internet in Deutschland und nicht nur da.“
Vodafone: Offene WLAN-Netze sind noch nicht massenmarktfähig
Doch, während die Telekom von einem „historischen Moment“ spricht, zweifelt Wettbewerber Vodafone an der Strategie. „Offene WLANs sind aus unserer Perspektive noch nicht massenmarktfähig“, erklärt Deutschland-Chef Jens Schulte-Bockum. Und er ist überzeugt: „Unsere Breitbandstrategie geht mit LTE auf.“
Aber auch Netzwerkspezialisten wie AVM und Lancom beäugen den Telekom-Vorstoß kritisch. Mit dem Bonner Router werde eine proprietäre Lösung geschaffen, munkelt man bei den Herstellern von Fritzbox & Co. Schließlich gibt es genau für diese Anwendungszwecke mit dem Standard Passpoint – zertifiziert von der globalen Wi-Fi Alliance – einen international anerkannten Standard. Würde die Telekom einen derartigen Router anbieten, könnten auch andere Hersteller partizipieren.
Doch all das schreckt weder Telekom noch Fon. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Spanien betreibt bislang 8 Mio. Internethotspots, vornehmlich in Belgien und Großbritannien, aber auch in den Niederlanden, in Frankreich, Portugal und Japan. Fon-Gründer Martin Varsavsky will nun auch endlich die weißen Flecken in Deutschland abzudecken. Und auch Telekom-Chef Obermann ist optimistisch: Selbst in Brasilien soll es 2014 zur Fußball-WM ein offenes und vor allem kostenfreies WLAN-Netz der Telekom geben, verspricht Obermann.
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