TV an Bord: Sogar 4k-Liveübertragungen sind schon im Flugzeug möglich
4k-TV live im Flugzeug? Das ist nicht mehr Zukunftsmusik. Forscher haben Daten mit einer Übertragungsrate von 8 Gigabit pro Sekunde von einer Bodenstation an ein Flugzeug übermittelt. Das reicht aus, um bis zu 600 verschiedene 4k-Videostreams gleichzeitig anzusehen.
Viele werden es noch von früher kennen, das Glücksgefühl einer stabilen mobilen Telefonverbindung während einer Fahrt im ICE. Das ist Schnee von Gestern – heute ist Telefon im Zug dank Verstärkerantennen im Zug eine Selbstverständlichkeit. Und auch schnelles Internet im ICE ist kein Hexenwerk mehr.
Das ist in der Luft anders. Im Flugzeug ist schnelles Internet noch nicht angekommen. Aber das ändert sich gerade mit technischer Wucht. Einem Forscherverbund des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), der Universität Stuttgart, der Radiometer Physics GmbH und der beiden Fraunhofer Institute für angewandte Festkörperphysik (IAF) und für Hochfrequenzphysik und Radartechnologie (FHR) ist es jetzt bei einem Test gelungen, zwischen einer Bodenstation und einem Flugzeug Signale mit einer Übertragungsrate von 8 Gigabit pro Sekunde zu übermitteln.
Gleichzeitig 600 verschiedene 4k-Videostreams
Diese Übertragungsrate ermöglicht die gleichzeitige Übertragung von bis zu 600 verschiedenen 4k-Videostreams. Rein technisch erreichten die Forscher diese hohe Datenrate, indem sie erstmals den Radiofrequenzbereich zwischen 71 und 76 Gigahertz für eine Luft-zu-Boden-Funkverbindung nutzten.
In diesem Frequenzband sind große Bandbreiten für hohe Übertragungsraten verfügbar. Zudem haben die Bundesbehörden dieses Frequenzband erst vor kurzem für solche Zwecke freigegeben. „Die jetzt zur Verfügung stehenden Frequenzen bieten einen guten Kompromiss zwischen möglicher Datenrate und Störanfälligkeit“, sagt Thomas Zwick, Leiter des Instituts für Hochfrequenztechnik und Elektronik des KIT.
Insgesamt 180 Gigabyte übertragen
Bei dem erfolgreichen Testflug kreiste das Forschungsflugzeug in einer Höhe von 1.000 Metern im variablen Radius von fünf bis zwölf Kilometern um die Empfangsstation am Boden. Für die exakte Ausrichtung auf das Flugzeug sorgte eine Parabolantenne an der Empfangsstation, deren Steuerung am KIT entwickelt wurde.
Durch diese exakte Ausrichtung blieb die Breitbandverbindung während eines kompletten Überflugs im Radius von fünf Kilometern für drei Minuten stabil. Die in diesem Zeitfenster übertragende Datenmenge summierte sich auf 180 Gigabyte. Mit dieser Technik können zukünftig Breitbandinternet und Video-on-Demand in Passagiermaschinen zur Verfügung stehen.
Übertragung auch bei Wolken, Regen oder Nebel
Es geht bei diesem Experiment beileibe nicht nur darum, den Passagieren im Flugzeug hochauflösende Filme zu zeigen. So lassen sich mit dieser hohen übertragenen Datenmenge die Daten aus dem Betrieb des Flugzeugs in extrem kurzer Zeit bereits im An- oder im Überflug aus dem Bordspeicher auslesen. Dies geschieht heute noch per Kabel, während der Flieger auf dem Rollfeld steht. Laut KIT funktioniert die schnelle Verbindung zwischen Boden und Flugzeug auch bei widrigen Wetterbedingungen wie Wolken, Regen oder Nebel. Diese schränken die Verbindungsqualität zwar ein, die Datenverbindung kann aber mit modernen Regelverfahren auch bei schlechtem Wetter aufrechterhalten werden.
Vor zwei Jahren Weltrekord aufgestellt
Mit dieser Technik können künfitig hochaufflösende Videos oder Sensordaten von einem Flugzeug, einem Erderkundungssatelliten oder auch einer Drohne kontinuierlich und unkomprimiert zur Bodenstation übertragen werden. Das Experiment gelang im Rahmen des vom Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Forschungsprojektes „ELIPSE“, was als Kürzel für „E-Band Link Platform and Test for Satellite Communication“ steht. Schon vor zwei Jahren sorgte das Forscherteam für Furore: Es gelang ihnen, den Inhalt einer DVD in nur zehn Sekunden zu übertragen. Das war damals Weltrekord.
European Aviation Network aufgebaut
Auch die Deutsche Telekom arbeitet daran, schnelles Internet in Flugzeugen zu ermöglichen. European Aviation Network (EAN) nennt sich das weltweit erste für den europäischen Luftraum konzipierte Netz, welches S-Band-Satellitenkommunikation mit einem LTE-basierten Bodennetz vereint.
Dafür hat die Telekom gemeinsam mit Immarsat und dem Technologiepartner Nokia ein europaweit integriertes LTE-Netz mit 300 Basisstationen in allen 28 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sowie in der Schweiz und Norwegen aufgebaut. Bereits im vergangenen Sommer positionierte Immarsat einen EAN-Satelliten in einer Umlaufbahn, der seit September 2017 voll funktionsfähig ist.
EAN wird Fluglinien schon in der ersten Jahreshälfte 2018 kommerziell zur Verfügung gestellt. Um ein einzelnes Flugzeug mit der notwendigen Technik zu bestücken, genügt eine nächtliche Flugpause, ganze Flotten lassen sich in wenigen Monaten ausrüsten. „Das EAN ist die weltweit erste speziell für die Luftfahrt entwickelte Konnektivitätslösung, die Komponenten aus dem Weltraum und Bodenkomponenten effektiv kombiniert und so die bisherigen Einschränkungen der Internetnutzung an Bord aufhebt“, so Frederik van Essen, Senior Vice President von Immarsat Aviation. „Eine Internetanbindung in der Luft anzubieten, ist ein anspruchsvolles Unterfangen, das wir nur innerhalb der strategischen Kooperation mit unseren europäischen Partnern meistern konnten.“
„Für das EAN Bodennetz gelten ganz andere Anforderungen als für gewöhnliche LTE-Netze: Die Verbindung soll bei bis zu 1.200 km/h in 10 km Höhe funktionieren, und die Funkzellen müssen bis zu 150 km groß sein“, beschreibt Thorsten Robrecht, Vice President Vertical Network Slices von Nokia die Herausforderung. „Unser gemeinsames Projekt durchbricht die technologischen Barrieren zwischen Boden- und Luftraumkonnektivität.“
Internet im Flugzeug ist heute schneckenlangsam
Bisher ist das Internet im Flugzeug selten und wenn es vorhanden ist, dann ist es langsam. Die Filme, die sich die Passagiere während des Fluges anschauen können, liegen auf einem Server an Bord des Flugzeuges und benötigen kein Internet. Das Internet holen die Airlines sich über Satellitenantennen in den Flieger.
„Die funktionieren im Prinzip wie TV-Satelliten, indem sie eine Funkverbindung herstellen zu einem geostationären Satelliten, der 36.000 Kilometer über dem Äquator schwebt“, erklärt Luftfahrtexperte Heinrich Großbongart. Surft ein Passagier im Internet, so wird das Signal vom Flieger über den Satelliten an einen Server auf der Erde gesendet und dann wieder zurück. Deshalb ist das Internet im Flugzeug heute noch schneckenlangsam.
Und teuer: Bei der Lufthansa etwa gibt es gestaffelte Internet-Tarife. „Auf Kurz- und Mittelstrecken gibt es den Flynet-Message-Tarif, der zum Preis von 3 Euro oder 1.000 Meilen die Nutzung von E-Mailprogrammen und Messengern ermöglicht“, erklärt Lufthansa-Pressesprecher Helmut Tolksdorf.
3.000 Euro für eine Stunde Internetsurfen
Das Internet im Flieger heute noch ein teurer Spaß sein kann, musste ein 13-Jähriger Junge laut einem Bericht der „Bild“-Zeitung feststellen. Der Junge war mit seinen Eltern auf dem Weg in die Karibik. Der Ferienflieger von Eurowings stand allerdings wegen eines technischen Defekts eine geschlagene Stunde auf dem Rollfeld des Flughafens Köln-Bonn herum.
Der gelangweilte Junge griff natürlich nicht zum Buch, sondern spielte auf seinem Smartphone Spiele im Internet. Doch das intelligente Telefon hatte sich mit dem Bordnetz des Flugzeuges verbunden, ohne dieses mitzuteilen. Der Surfspaß produzierte auf der Handyrechnung Kosten von 3.000 Euro.
Der Mobilfunkanbieter smartmobil hat der Familie aus Kulanz nur 500 Euro berechnet. „Der Telefonkunde muss nicht damit rechnen, dass sein Handy in einen teuren Tarif wechselt, obwohl er auf dem Rollfeld in Deutschland steht“, sagte Rechtsanwalt Arndt Kempges, der die Familie vertritt, der „Bild“-Zeitung. Die geprellte Familie will aber auch die kassierten 500 Euro wieder zurück haben.
Übrigens: Auch auf dem Mond gibt es demnächst Internet. Vodafone baut derzeit die Technik auf.
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