Verbrechensbekämpfung wird immer digitaler
Die Polizei setzt verstärkt auf moderne IT, um Verbrechen aufzuklären und zu verhindern. Immer häufiger sind es etwa Algorithmen, die uns vor Einbrüchen schützen.
Viele Einbrüche gehen auf das Konto gewerbsmäßiger Banden, die immer nach dem gleichen Schema arbeiten. Diesen Umstand nutzte das Landeskriminalamt (LKA) Hessen bei der Entwicklung seiner Prognosesoftware. Und das ist kein Einzelfall, denn die Beamten setzen immer stärker auf moderne IT.
Tatort Bad Homburg. Die Einbrecher sind über das Kellerfenster in das abgelegene Einfamilienhaus gestiegen. In kurzer Zeit rafften sie die Wertgegenstände zusammen und verschwanden schnell wieder über die nahgelegene A5. Ein typischer Vorfall, leider. Denn Einbrecher lieben abseits gelegene Gebäude mit guter Verkehrsanbindung. So sind sie ungestört und können schnell fliehen.
Die Software dirigiert den polizeilichen Einsatzplan
Auch für die Polizeibeamten vor Ort ist der Vorfall leider Routine. Sie nehmen den Einbruch auf und geben ihn in das hessische Vorgangserfassungssystem ein. Am anderen Morgen analysieren dann die Kollegen diesen und alle weiteren Einbrüche des Vortags mit der Prognose-Software „KLB-operativ“ (Kriminalitätslagebild). Das Programm deckt Verhaltensmuster auf und berechnet, wo die Einbrecher mit hoher Wahrscheinlichkeit als nächstes zuschlagen werden.
„Die Polizei kann nicht überall sein. Es macht also Sinn, Brennpunkte zu lokalisieren und dort gezielt Streifen hinzuschicken“, erklärt Christoph Schulte, Pressesprecher beim LKA Hessen. Das Landeskriminalamt hat die Software gemeinsam mit den Fachkommissariaten der Polizeipräsidien entwickelt und durch einen Mitarbeiter der Universität Gießen begleiten lassen.
Prognose aus historischen Einbruchdaten konnte Delikte um 14 Prozent senken
Als Basis dienten die Wohnungseinbruchdiebstähle der vergangenen sechs Jahre und die Erfahrungswerte der Polizei. Da die meisten Einbrüche in der dunklen Jahreszeit stattfinden, wurde der Erfolg auch zu ebendieser Zeit überprüft, zwischen dem 26. Oktober und dem 18. Dezember 2015. Das Ergebnis: Während hessenweit die Einbrüche um 19 Prozent gestiegen sind, sanken sie im Einsatzbereich von KLB-operativ um 14 Prozent. Das System könnte künftig nicht nur für Einbrüche genutzt, sondern auf weitere Straftatbestände ausgeweitet werden.
Die Idee zu dem Programm hatten LKA-Beamte, die vor ihrem Leben bei der Polizei in der IT tätig waren. Seither hat sich in dem Bereich sehr viel getan. „Noch vor acht Jahren mussten wir Gigabytes an Daten durchlesen um den entscheidenden Hinweis zu finden. Ausgedruckt wären das Lastwagenladungen an Papier gewesen“, erinnert sich Schulte. Mit Big-Data-Technologien und besseren Suchalgorithmen finden Polizeibeamte die belastenden, aber auch entlastenden Informationen heute sehr viel schneller. Dadurch sind auch die Verfahren um einiges kürzer geworden.
Polizei geht mittlerweile auf digitale Streife und nutzt Social Media
Allerdings kann man mittlerweile fast jede Straftat auch digital begehen. Aus diesem Grund gibt es beim LKA Hessen eine digitale Polizeistreife. Unter dem Namen Task-Force Internet checken die Polizisten beispielsweise in Foren, ob ein Krimineller mit seinem neuesten Virus prahlt. Und sie pflegen Kontakt zu den großen sozialen Netzwerken. Das hilft, wenn jemand beispielsweise auf Facebook mit Selbstmord droht.
Auch lädt die große Reichweite der Sozialen-Netzwerke dazu ein, Fahndungen über das Medium zu steuern. Weil dabei das Ermittlungsinteresse mit den datenschutzrechtlichen Grundsätzen abzuwägen ist, werden etwa Facebook-Fahndungen nur in Einzelfällen durchgeführt. Sie bedürfen, wenn alle anderen fahndungstechnischen Möglichkeiten ausgeschöpft wurden, zusätzlich einer expliziten Anordnung der Staatsanwaltschaft. Die Polizei in den Niederlanden war schon vor Jahren weiter.
Twitter ja, WhatsApp nein
Etabliert haben sich soziale Netzwerke dagegen, um Menschen in schwierigen Situationen schnell zu informieren. Als bei der Eröffnung der neuen EZB-Zentrale in Frankfurt die Proteste ausuferten, nutzten die Beamten ihre virtuelle Reichweite, um Autofahrer via Twitter zu informieren, welche Straßen sie besser meiden sollten.
Mit WhatsApp arbeiten die Beamten nicht, weil der Dienst zu unsicher ist. Es gibt aber Überlegungen, einen eigenen Messengerdienst einzuführen. In Bayern läuft bereits ein Pilotprojekt. Dabei erhalten die Polizisten spezielle Mobiltelefone, mit denen sie bei größeren Einsätzen schneller Fotos, Videos und andere Dateien untereinander austauschen können.
Spheronkamera und Bodycams bringen einen Hauch von CSI
Bei aller Digitalisierung, bei der Arbeit am Tatort dominiert die klassische Handarbeit. Fingerabdrücke werden noch immer mit Pulver abgenommen, Blutflecken mit Luminol entdeckt. Nur einzelne Hilfsmittel erinnern an die US-amerikanische Krimiserie CSI.
So wie die Spheronkamera, die 3D-Aufnahmen vom Tatort macht. Anhand der gewonnenen Daten lässt sich etwa errechnen, aus welchem Winkel ein Schuss abgefeuert wurde. In der Fernsehserie kommt der entscheidende Hinweis oft aus einer festinstallierten Kamera im öffentlichen Bereich. In Deutschland sind solche Kameras aber relativ selten. Zudem gehören sie meist nicht der Polizei, sondern Ladenbesitzern, der Deutschen Bahn oder den Kommunen.
Seit einigen Jahren testet die hessische Polizei auch den Einsatz von Bodycams. Ein nennenswerter Effekt der Technik zeigte sich während der Testläufe schnell: Sobald Randalierer die mobile Kamera auf der Schulter der Polizisten sehen, werden sie zurückhaltender. In den meisten Fällen ließen sich Sachverhalte so einfacher lösen, kommentiert Schulze. Dieselben Ergebnisse erzielten Tests bei der Deutschen Bahn, deren Mitarbeiter nun ebenfalls mit Bodycams ausgerüstet werden sollen.
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