Vor 30 Jahren erreichte Deutschland die erste E-Mail
Auf den Tag genau drei Jahrzehnte ist es her, dass die erste E-Mail aus den USA Deutschland erreichte – genauer die Universität Karlsruhe, heute bekannt als Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Der Beginn einer beispiellosen technologischen und gesellschaftlichen Veränderung: Heute verschicken die Deutschen mit PCs, Smartphones und Tablets jedes Jahr über 500 Milliarden E-Mails.
„Michael, this is your official welcome to CSNET. We are glad to have you aboard.” Mit diesen Worten begrüßte die US-Amerikanerin Laura Breeden, Mitarbeiterin des CSNET-Koordinations- und Informationszentrums des IT-Unternehmens Bolt Beranek & Newman (BBN) in Cambridge in Massachusetts, die neuen deutschen Mitarbeiter des Netzwerks. Es ist nicht mehr als eine schnöde Anmeldebestätigung, die am 3. August 1984 um 10.14 Uhr mitteleuropäischer Zeit in den Postfächern von Professor Werner Zorn, damals Leiter der Informatik-Rechnerabteilung (IRA) der Universität Karlsruhe, und seinem damaligen Mitarbeiter Michael Rotert landete. Es ist aber die erste E-Mail, die Deutschland erreichte. Und das ist historisch.
Nachricht wurde mit Vorläufer des Internets übertragen
Es ist viel passiert in diesen 30 Jahren. „Die erste E-Mail in Karlsruhe war der Vorbote einer enormen technologischen und gesellschaftlichen Veränderung“, sagt Professor Holger Hanselka, Präsident des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), welches aus der Universität Karlsruhe hervorgegangen ist. „Die schnelle Kommunikation hat unserer Welt Perspektiven ermöglicht.“
Die erste E-Mail landete noch über den Vorläufer des Internets, das sogenannte ARPANET, bei Rotert. Um die Mail empfangen zu können, musste Rotert den ersten Mailserver in Deutschland einrichten. Der lief 1984 auf einem Computer von der Größe eines Kühlschranks. Der stand im Keller des Hauptgebäudes für den Fachbereich Informatik der Uni, in der Nähe des Karlsruher Schlosses.
Mailen war davor ein Fall für den Akustikkoppler
Zwar wurden bereits vor diesem historischen Tag im August 1984 E-Mails versendet und empfangen. Die Nachricht an Rotert war jedoch die Erste, die an einen eigenständigen, deutschlandweit verfügbaren E-Mail-Server ging. Zuvor mussten sich die Nutzer telefonisch in amerikanische Computer einwählen. Die Daten liefen als akustische Signale über die Telefonleitung und auf der Empfängerseite musste jemand einen Telefonhörer abnehmen und in einen Akustikkoppler legen, der die Signale dann wieder in digitale Daten zurückverwandelte und an den Rechner übertrug.
Standleitungen gab es damals nicht. E-Mails wurden nicht verschickt, sie wurden in sogenannten Mailservern gesammelt. Dann wurde täglich mehrfach für den Mailaustausch eine Verbindung in die USA aufgebaut. Darüber wurden dann die in Deutschland gesammelten E-Mails nach Amerika verschickt und umgekehrt wurden die Mails aus den USA, die für Deutschland bestimmt waren, herübergeholt. Das zeitversetzte Prinzip hatte reine Kostengründe, die heute vielleicht nicht mehr wirklich nachvollziehbar sind. Eine Standleitung hätte damals pro Monat einige Hunderttausend D-Mark gekostet.
CSNET sollte die internationale Wissenschaftskommunikation erleichtern
Das CSNET war ein in den frühen 1980er-Jahren in den USA entwickeltes Computernetzwerk, in dem sich verschiedene US-amerikanische Hochschulen zusammengeschlossen hatten. Dieses von der National Science Foundation (NSF) geförderte CSNET hatte zum Ziel, über das militärisch finanzierte und damit sehr stark eingeschränkte ARPANET hinaus die nationale und auch internationale Wissenschaftskommunikation zu erleichtern. CSNET war das erste System, dass die Kommunikationsprotokolle benutzte, die denen des Internets entsprachen.
Es waren dann Israel und Deutschland, die 1984 zum CSNET dazu kamen. „Wir haben das aus Entdeckerfreude gemacht und nicht an Geld gedacht“, sagt Zorn, der mittlerweile Universitätsprofessor im Ruhestand ist. „Zwar haben Zeitungen damals darüber berichtet, aber es lief eher unter dem Label «Exotenwissenschaft».“
Entscheidend für die Entwicklung des Internets war der Fall der Mauer
Die E-Mail ist heute das zentrale Kommunikationsmittel. Schnell und vor allem sehr günstig lassen sich weltweit kurze Nachrichten ebenso austauschen wie große Datenpakete. Per Anhang können ganze Präsentationen, Fotostrecken und Filme in Sekundenschnelle an die Empfangsadresse geschickt werden.
Vor 30 Jahren war alles das undenkbar. „Ohne den Fall der Mauer und die Auflösung des Eisernen Vorhangs wäre das Internet nicht für die weite Welt geöffnet worden“, sagt Michael Rotert. „Es war ein militärisches Entwicklungsprojekt, das 1969 begann, und 1989 mit dem Fall der Mauer kommerziell genutzt werden konnte. Nach dieser Öffnung wurde es dann auch sehr schnell privat genutzt.“
Undenkbar war allerdings auch der ganze Missbrauch, der heute mit dem Internet betrieben wird – Beispiel Canvas Fingerprinting. „Verschickt wurde nur reiner Text, es gab keine Grafikanhänge. Das hätte sich keiner leisten können. Und es gab auch noch keine Spam, also unverlangte Mails, die man nicht haben möchte“, sagt Rotert, der Empfänger der ersten E-Mail in Deutschland. „Let me know how you like to handle the announcement, Thank you“, so endet die E-Mail von Laura Breeden.
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