Wenn die IT in Unternehmen zu kompliziert wird
Riesige Mengen an zu kanalisierenden Informationen oder die Notwendigkeit, Mitarbeitern auch mobil den Zugriff auf alle notwendigen Applikationen und Informationen gewähren zu können, machen die Unternehmens-IT immer komplexer. Mit einer neuen Methode soll Licht in das IT-Dickicht kommen.
Mit Enterprise Architecture Management (EAM) werden frühere Begriffe wie „Informationsarchitektur“ oder „Softwarearchitektur“ abgelöst. Im Gegensatz zu diesen Methoden, die sich auf einzelne Technikbereiche beziehen, soll EAM einen ganzheitlichen Blick auf die Funktion und Rolle der Informationstechnologie im betriebswirtschaftlichen Kontext des Unternehmens bieten. Das Managementsystem ist also eine Art Leitstand, der das Zusammenspiel von IT und Geschäftsprozessen erfasst und übersichtlich darstellt.
Indem EAM überflüssige Anwendungen identifiziert, sollen geschäftskritische IT-Prozesse effizienter gestaltet, mögliche Sicherheitslücken aufgezeigt und Kosten gesenkt werden. Dass EAM im modernen Unternehmenskontext ein Selbstläufer sein müsste, zeigt eine gemeinsame globale Studie von IDG Business Research und dem EAM-Anbieter Alfabet unter 255 Vorstandsvorsitzenden und Geschäftsführern. Demnach hatten 90 % der Befragten in den letzten Jahren IT-Projekte zu stemmen, die starke Auswirkungen auf Arbeitsabläufe oder Geschäftsprozesse hatten. Aber 65 % dieser Topmanager sagten, dass sie mit dem Projektverlauf nicht vollends zufrieden waren. Mit 70 % Zustimmung befanden die Entscheider als einen wichtigen Grund des Scheiterns der Projekte, dass an anderer Stelle Entscheidungen getroffen wurden, die zum Zeitpunkt der Projektplanung nicht bekannt waren. 10 % der Befragten gaben sogar an, dass dies deutlich häufiger der Grund für das Fehlschlagen von Projekten war.
Wie wichtig Klarheit in der IT-Struktur eines Unternehmens ist, weiß Michaela Nawra, EAM-Spezialistin des Spezialchemieunternehmens Evonik: „Einzelne unserer Unternehmensteile haben eine eigene Geschichte. Und dementsprechend eine eigene IT-Umgebung. Um hier Redundanzen und Überlappungen zuverlässig feststellen zu können, ist EAM eine Grundvoraussetzung.“ Das von Evonik genutzte EAM ermögliche eine umfassende Transparenz, meint Nawra. Darüber hinaus verfolge Evonik eine klare IT-Strategie der Standardisierung, „wofür die absolut detailgenaue Kenntnis unseres IT-Portfolios zwingend notwendig ist“, so Nawra weiter.
Dass sich die Dringlichkeit von EAM in den nächsten Jahren eher noch verstärkt, prognostiziert Karsten Schweichhart, Vorstand von SOA Innovation Labs. „In der industriellen Produktion und generell durch die wachsende Digitalisierung der Geschäftsprozesse wird es immer bedeutender werden, mehr Einblick in die komplexen Zusammenhänge zu bekommen.“ Dies sei auch aus rechtlichen Gründen immer wichtiger, weiß Schweichhart. „Mitunter weiß ein Unternehmen nicht einmal exakt, an welcher Stelle der IT seine Kundendaten liegen, das muss sich noch ändern.“
Nichtsdestotrotz nennt der IT-Experte auch Gründe, warum sich EAM in deutschen Unternehmen noch nicht flächendeckend durchgesetzt hat: „Einerseits fehlt es in der IT noch an Ausbildungsmöglichkeiten für EAM. Andererseits gibt es selbst unter Großunternehmen immer noch Vertreter, die meinen, sie könnten weiterhin mit Excel-Tabellen ihre komplexe IT erfassen, aber das ist falsch.“
Durchgesetzt hat sich EAM hingegen in technologiegetriebenen Unternehmen, die wissen, wie wichtig ihre IT-Prozesse für den Gesamterfolg sind. So etwa beim Pay-TV-Sender Sky. „Die IT gewinnt in unserem Haus zunehmend an Bedeutung, gerade wenn es um die Entwicklung und Verbreitung unserer Produkte und Services geht. Die Wertschöpfung und Leistungsfähigkeit von IT werden so auch direkt für unsere Kunden sichtbar. Von uns erfordert diese Entwicklung eine integrierte IT-Planung und enge Verzahnung von IT und Controlling“, erklärt Alexander Bach, Leiter des IT-Controlling bei Sky Deutschland. SVEN HANSEL
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