Wer Leerrohre verlegt, hat später Einfluss auf die breitbandige Technik
Eine flächendeckende Breitbandversorgung wird es wohl kaum bis Ende des Jahres geben. Aber einige Regionen können schon mit Erfolgen aufwarten. Zu den Vorzeigebeispielen zählen der Harz und Teile Baden-Württembergs. Dabei ist nach wie vor Glasfaser die Wunschtechnik der meisten Kommunen. VDI nachrichten, Berlin, 26. 3. 10, rb
Beim Breitbandausbau sei vieles in Bewegung gekommen. Davon ist Doris Gemeinhardt-Brenk, verantwortlich für Grundsatzfragen der Internetökonomie bei der Bundesnetzagentur, überzeugt. Seit der Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes vor mehr als zehn Jahren seien 82,7 Mrd. € in den Breitbandausbau investiert worden – 40 Mrd. € von der Deutschen Telekom, 43 Mrd. € von deren Wettbewerbern.
Zudem können Bundesländer, Kommunen sowie Landkreise seit Dezember vergangenen Jahres bei der Bundesnetzagentur regionale Informationen über vorhandene Leerrohre, Glasfaserleitungen, Netzknotenpunkte, Richtfunkstrecken und Senderstandorte über einen Infrastrukturatlas erhalten.
Doch so optimistisch die Bundesnetzagentur klingt: Vor Ort läuft nicht alles nach Plan. Auf der VDE/ITG-Konferenz „Breitbandversorgung in Deutschland“ letzte Woche in Berlin beherrschte eine Frage die Tagesordnung: Warum hat sich die Bundesregierung so minimale Ziel wie 1 Mbit/s für die erste Ausbaustufe und 50 Mbit/s für die zweite gesetzt?
Für den Experten des Fraunhofer-Instituts, Godehard Walf, sieht die Zurückhaltung ganz danach aus, dass offenbar nicht klar sei, „wofür die Bandbreite gebraucht wird“.
Auch Walter Tengler von Nokia Siemens Network München hätte sich 100 Mbit/s als Zielsetzung gewünscht. Zudem kritisierte Tengler die statistischen Angaben der Bundesregierung. Kaum nachprüfbar seien die Zahlen, da teilweise pro Haushalt, dann wieder pro Gemeinde gerechnet werde.
Doch trotz aller Kritik, es gibt auch Erfolge. Zwar werden auch in den Vorzeigeregionen, die sich auf der Konferenz präsentierten, nicht alle die Bandbreiten erhalten, die tatsächlich den Telearbeitsplatz zu Hause attraktiv machen. Laut Walter Berner, Leiter der Technischen Abteilung der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LfK) in Stuttgart, zeigen sie aber, wie eine Glasfaserversorgung realistischer wird: Fakten schaffen.
Und diese Fakten heißen Leerrohre. Am besten mit einem Durchmesser von 10 cm. Denn Gemeinden, die bei der Infrastruktur vorgesorgt hätten, könnten auch Einfluss auf die Technik nehmen.
Bei der Ausschreibung sind Bürgermeister und Räte an das günstigste Angebot gebunden. Liegen die Rohre aber, ist schon viel gewonnen für den Ausbau. Allerdings sollte hier nicht jeder Ortsteil alleine agieren. Baden-Württemberg konzentriert sich auf eine überörtliche Koordinierung. Berner kennt den Grund: Weiße Flecken im Süden lägen zu 50 % in Orten mit weniger als 1000 Einwohnern.
Beratung ist das Zauberwort, das im Harz den Breitbandausbau nach vorne bringt. Ulrich Fischer-Hirchert, Professor für Nachrichtentechnik an der Hochschule Harz in Wernigerode, empfiehlt vor allem Gespräche. In zwölf Monaten wurden sechs Konferenzen mit den Bürgermeistern organisiert. In den 126 Ortschaften des Landkreises hatten 69 keinen Internetzugang 68 haben mittlerweile eine Förderung beantragt. Es wurde ein Beratungszentrum aufgebaut und „Claims“ für gemeinsame Ausschreibungen gegründet. Für die Bürgermeister wurde eine „To-Do-Liste“ erarbeitet.
Fischer-Hirchert würde rund um Wernigerode auch gerne ein flächendeckendes Glasfasernetz anbieten. Aber dies sei unrealistisch. In einem hügeligen Gebiet wie der Harz-Region werde es einen Technikmix geben. Insgesamt sollen hier rund 2 Mio. € investiert werden. Die Aktivitäten in der Harzregion haben die Landesregierung so beeindruckt, dass Sachsen-Anhalt komplett zum „Modell“ erklärt wurde. B. BÖHRET
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