Avatare 12.12.2024, 10:00 Uhr

Avatare auf dem Vormarsch: Wie menschlich darf KI sein?

Digitale Avatare und Metahumans verändern, wie Unternehmen mit Kunden und Mitarbeitern interagieren – doch wie menschlich dürfen sie sein, und wo liegen ihre Grenzen? Thomas Nørmark, Global Head of AI & Robotics bei NTT DATA Business Solutions, gibt Einblicke in die Welt der Avatare und erklärt, warum sie mehr als nur technologische Spielereien sind.

Avatare

Mensch oder Maschine? Digitale Avatare wie Metahumans schaffen neue Möglichkeiten in der Unternehmenswelt – zwischen Effizienz und Ethik.

Foto: NTT DATA Business Solutions

Herr Nørmark, welchen Nutzen bieten digitale Avatare für Unternehmen, insbesondere im Mittelstand?

Digitale Avatare bieten Unternehmen, insbesondere im Mittelstand, zahlreiche Vorteile. Sie ermöglichen eine Kosteneffizienz, da sie rund um die Uhr arbeiten können, ohne zusätzliche Personalkosten zu verursachen. Zudem verbessern sie die Kundeninteraktion, indem sie konsistente und personalisierte Kundenerfahrungen bieten. Avatare sind skalierbar und können leicht an Nachfragespitzen angepasst werden. Ihre Mehrsprachigkeit erhöht die internationale Reichweite der Unternehmen, während sie durch Datenanalysen wertvolle Erkenntnisse aus Kundeninteraktionen liefern. Darüber hinaus entlasten sie das Personal von Routineaufgaben, sodass sich Mitarbeiter auf komplexere Tätigkeiten konzentrieren können.

In welchen Branchen sehen Sie derzeit die größte Nachfrage nach digitalen Avataren?

Die größte Nachfrage nach digitalen Avataren ist derzeit in verschiedenen Branchen zu beobachten. Dazu zählen insbesondere der Einzelhandel und E-Commerce, Banken und Finanzdienstleistungen sowie Versicherungen. Auch im Gesundheitswesen, im Tourismus und in der Hospitality-Branche sowie im Bildungs- und E-Learning-Sektor ist der Einsatz von Avataren stark im Kommen. Diese Branchen profitieren von den Vorteilen digitaler Avatare, um ihre Kunden besser zu bedienen und interne Prozesse zu optimieren.

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Digitale Avatare im Einsatz

Sind die Avatare hauptsächlich für externe Kundeninteraktionen konzipiert oder auch für interne Anwendungsbereiche wie Mitarbeiterschulungen?

Digitale Avatare werden sowohl für externe als auch für interne Anwendungen konzipiert. Extern finden sie Anwendung im Kundenservice, bei Verkaufsberatungen und Produktpräsentationen. Intern hingegen kommen sie in Mitarbeiterschulungen, Onboarding-Prozessen und bei der internen Kommunikation zum Einsatz. Diese Vielseitigkeit macht Avatare zu einem wertvollen Werkzeug in verschiedenen Unternehmensbereichen.

Wie wird bei der Entwicklung von Avataren sichergestellt, dass der Datenschutz und die Privatsphäre der Nutzer eingehalten werden?

Bei der Entwicklung digitaler Avatare werden mehrere Maßnahmen ergriffen, um den Datenschutz und die Privatsphäre der Nutzer*innen zu gewährleisten. Dazu gehören die Einhaltung von Datenschutzgesetzen wie der DSGVO sowie die Verschlüsselung von Nutzerdaten und die Anonymisierung personenbezogener Informationen. Transparente Datenschutzrichtlinien und regelmäßige Sicherheitsaudits sind ebenfalls wichtig, ebenso wie die Implementierung von Zugriffskontrollen und Schulungen für Mitarbeiter in Datenschutzpraktiken.

Thomas Nørmark

Thomas Nørmark über Avatare: Ein Blick hinter die Kulissen der KI-Entwicklung.

Foto: NTT DATA Business Solutions

„Metahumans“ und „AI Agents“

Wie sehen Sie die Rolle von „Metahumans“ und „AI Agents“ in der zukünftigen Entwicklung von digitalen Avataren?

„Metahumans“ und „AI Agents“ spielen eine zentrale Rolle in der zukünftigen Entwicklung digitaler Avatare. Sie ermöglichen realistische und natürliche Interaktionen zwischen Nutzern und Avataren. KI-Agenten verbessern die Fähigkeit der Avatare, komplexe Gespräche zu führen, während Metahumans die visuelle Qualität und Ausdrucksfähigkeit erhöhen. Diese Technologien treiben die Entwicklung fortschrittlicher und vielseitiger Avatare voran.

Welche Grenzen setzen Sie der KI bei der Simulation menschlicher Interaktionen? Gibt es ethische oder technologische Schranken?

Bei der Simulation menschlicher Interaktionen gibt es sowohl ethische als auch technologische Grenzen. Ethische Grenzen umfassen Transparenz – Nutzer sollten wissen, dass sie mit einem Avatar interagieren – sowie den Schutz vor emotionaler Manipulation und das Recht auf Datenschutz. Technologische Schranken betreffen die Fähigkeit der KI zur komplexen Entscheidungsfindung sowie zur emotionalen Intelligenz; echtes Verständnis und Empathie bleiben eine Herausforderung für KI-Systeme.

Wie unterscheiden sich Ihre „Digital Humans“ von früheren Generationen von Avataren? Was macht sie effektiver?

Moderne „Digital Humans“ unterscheiden sich signifikant von früheren Generationen durch eine höhere visuelle Qualität und Realismus sowie verbesserte Sprachverarbeitung, die natürlicher wirkt. Fortgeschrittene KI-Algorithmen ermöglichen intelligentere Reaktionen, während eine bessere Integration von Gestik und Mimik das Nutzererlebnis verbessert. Diese Entwicklungen führen zu schnelleren Reaktionszeiten und flüssigen Interaktionen, was die Effektivität der digitalen Avatare steigert.

Welche Herausforderungen haben Sie in der Entwicklung von Avataren für spezifische Anwendungen, z. B. im Kundendienst oder bei Veranstaltungen wie der Tour de France, erlebt?

In der Entwicklung von Avataren für spezifische Anwendungen gibt es verschiedene Herausforderungen. Dazu gehören beispielsweise die Anpassung an branchenspezifische Fachsprache und Wissen sowie die Integration in bestehende IT-Systeme und Prozesse. Die Bewältigung unerwarteter oder komplexer Kundenanfragen stellt ebenfalls eine Herausforderung dar, ebenso wie die Sicherstellung einer konsistenten Markendarstellung und die Handhabung von Datenschutz- und Sicherheitsanforderungen.

Avatar vs. Mensch

In welchen Bereichen werden Menschen Ihrer Meinung nach auch in Zukunft gegenüber Avataren unverzichtbar bleiben?

Menschen werden voraussichtlich in Bereichen unverzichtbar bleiben, die komplexe Problemlösungen erfordern oder kreative Tätigkeiten beinhalten. Dazu gehören strategische Entscheidungsfindung, empathische Beratung sowie ethische Entscheidungen und moralische Urteile. Auch in Führungspositionen, bei Verhandlungen auf hoher Ebene sowie in künstlerischen und kulturellen Aktivitäten bleibt menschliches Eingreifen unerlässlich.

Wie reagieren Mitarbeiter und Kunden auf den Einsatz digitaler Avatare? Gibt es Bedenken oder Vorurteile, die Sie oft erleben?

Die Reaktionen auf digitale Avatare sind gemischt. Viele Mitarbeiter und Kunden zeigen Begeisterung über innovative Technologien und schätzen die 24/7-Verfügbarkeit sowie schnellere Problemlösungen bei einfachen Anfragen. Unsere digitale KI-Assistentin Marienne beantwortete beispielsweise während der diesjährigen Tour de France Fragen der Besucher und lieferte Einblicke ins Rennen auf Basis von Echtzeitdaten. Gleichzeitig gibt es jedoch auch Bedenken hinsichtlich möglicher Arbeitsplatzverluste sowie Skepsis bezüglich der Fähigkeiten der Avatare. Datenschutz- und Privatsphäre-Bedenken sind ebenfalls häufig anzutreffen, ebenso wie eine Präferenz für menschliche Interaktion bei komplexeren Themen.

Haben Sie selbst bereits einen eigenen Avatar entwickelt oder im Einsatz? Wenn ja, welche Funktionen übernimmt er und wie nutzen Sie ihn im Alltag oder beruflich?

Wir selbst setzen Avatare häufig bei Kundenveranstaltungen ein, um den Besuchern die Möglichkeit zu geben, sich schnell und gezielt über uns zu informieren. Teilweise werden Avatare auch bei internen digitalen Veranstaltungen eingesetzt, um unsere Mitarbeitenden zu Beginn zu begrüßen und einen Überblick über die geplanten Themen und Referenten zu geben.

Thomas Nørmark ist Global Head of AI & Robotics bei NTT DATA Business Solutions, einem führenden SAP-Beratungshaus mit einem Umsatz von 1,61 Milliarden Euro im Geschäftsjahr 2023/2024. Mit über 20 Jahren Erfahrung in der IT-Branche ist Nørmark ein Pionier in der Entwicklung und Implementierung von KI-gestützten Avataren für den Unternehmenseinsatz.

Ein Beitrag von:

  • Alexandra Ilina

    Redakteurin beim VDI-Verlag. Nach einem Journalistik-Studium an der TU-Dortmund und Volontariat ist sie seit mehreren Jahren als Social Media Managerin, Redakteurin und Buchautorin unterwegs.  Sie schreibt über Karriere und Technik.

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