KI entschlüsselt verbrannte Schriftrollen aus der Antike
Schriftrollen, die vor fast 2000 Jahren von Lava verschüttet und „unberührt“ geblieben sind, werden nun entschlüsselt – Dank künstlicher Intelligenz! Ein unbekanntes Werk kommt ans Licht.
Im Jahr 79 n. Chr. wurde eine Villa in Herculaneum durch einen Vulkanausbruch verschüttet, inklusive ihrer Bibliothek mit hunderten Papyrusrollen. Moderne Experten setzen heute Röntgentechnik und künstliche Intelligenz ein, um die Texte auszulesen und lesbar zu machen.
Wissenschaftler um den Informatiker Brent Seales von der University of Kentucky enthüllten bei einer Pressekonferenz CT-Aufnahmen verkohlter Schriftrollen aus dem antiken Herculaneum.
Im Rahmen des Wettbewerbs „The Vesuvius Challenge“ gelang es Luke Farritor und Youssef Nader, zwei Informatikstudenten, den verborgenen Text zu entschlüsseln. Mit eigens trainierten KI-Modellen haben sie auf den röntgentomografischen Aufnahmen einer verkohlten Schriftrolle aus Herculaneum einzelne Buchstaben und sogar ein erstes Wort erkannt.
Schriftrollen konserviert überliefert
Wichtig anzumerken ist es, dass in Vergleich zu anderen Schriftrollen dieses Manuskript direkt aus der Antike stammt. Denn es wurde nicht mehrfach kopiert und auf diese Weise bis in unsere Zeit überliefert. Dieses fast 2000 Jahre alte Manuskript wurde nicht abgeschrieben oder bearbeitet.
Wie bereits erwähnt stammt die gescannte Schriftrolle ursprünglich aus der Bibliothek der Villa dei Papiri, einem antiken Anwesen in Herculaneum, das am Fuße des Vesuvs lag. Beim Ausbruch des Vulkans im Jahr 79 n. Chr. wurde dieser Ort zusammen mit dem benachbarten Pompeji verschüttet. Aufgrund seiner Nähe zum Berg wurde Herculaneum nicht nur von vulkanischem Gestein verschüttet, sondern auch von heißen Schlammlawinen überrollt. Die Schriftrollen wurden von dieser umgebenden Hitze verkohlt und in der später zu Stein gewordenen Vulkanmasse konserviert.
CT-Scans mit einem Teilchenbeschleuniger aufgenommen
Die hochauflösenden CT-Scans, die Brent Seales und sein Team zuvor mit einem Teilchenbeschleuniger aufgenommen hatten, ermöglichten, auf einer winzigen Fläche mehrere Buchstaben und sogar ein vollständiges Wort zu identifizieren, berichtet Spektrum. Die Studenten Luke Farritor und Youssef Nader haben unabhängig voneinander dieselbe Stelle mit KI-Algorithmen entschlüsselt und zum gleichen Ergebnis gekommen.
So wurde neben den einzelnen Buchstaben ein altgriechisches Wort sichtbar, das möglicherweise „purpurfarben“, „purpurfarbene Kleidung“ oder „Purpurfarbstoff“ bedeutet.
Der vollständige Kontext der untersuchten Schriftrolle wurde zwar noch nicht erfasst. Doch basierend auf dem bisherigen Wissen über die Bibliothek in Herculaneum, gehen die Forschenden davon aus, dass es um eine philosophische Schrift aus der Epikureischen Schule geht.
Wann und wie wurden die Rollen gefunden?
Nachdem im Jahr 1750 Bauarbeiter bei der Errichtung eines Brunnenschachts auf einen Mosaikboden der Villa gestoßen waren, beauftragte König Karl VII. von Neapel und Sizilien Arbeiter, Tunnel durch das Gebäude zu graben. Während dieser Ausgrabungen stießen die Arbeiter auch auf hunderte verkohlte Buchrollen, bei denen fast alle „Seiten“ miteinander verbacken waren. Aber bis jetzt scheiterten alle Bemühungen, die karbonisierten Papyrusrollen auseinanderzunehmen. Dadurch fiel die Hälfte der etwa 800 Buchrollen in Bruchstücke auseinander.
Die Idee, mithilfe von Röntgentechnik nach Texten zu suchen, kam im Jahr 2002. Damals begannen mehrere Forschungsgruppen, Exemplare mithilfe moderner Röntgenbildgebung zu untersuchen, allerdings immer ohne Erfolg. Grund für die Misserfolge war die Tinte, die hauptsächlich aus Kohlenstoffpigmenten bestand. Sie erzeugte auf dem verkohlten Papyrus keine erkennbaren „Schatten“ durch absorbierende Röntgenstrahlung. Brent Seales, Leiter des EDUCElab an der University of Kentucky, kämpfte gut 20 Jahre lang mit diesem Problem und fragte, ob in den tomografischen Aufnahmen, insbesondere in den hochauflösenden, möglicherweise doch eine Spur der Tinte enthalten sein könnte. Vielleicht könnte der Scan dreidimensionale Strukturen erfassen, die von der Tinte stammen. Und das hat geklappt.
Was enthüllt die Herculaneum-Schriftrolle?
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