KI gegen Hautkrebs: Wie smarte Technologie die Diagnoseprozesse beschleunigen kann
In der medizinischen Diagnostik wird Künstliche Intelligenz (KI) zunehmend eingesetzt, um Hautveränderungen zu analysieren und Hautkrebs frühzeitig zu erkennen. Ein Forschungsteam hat die Wirksamkeit von KI-basierten Smartphone-Anwendungen zur Diagnose von pigmentierten Hautläsionen untersucht und festgestellt, dass KI ähnlich kompetente diagnostische Entscheidungen wie Ärzte treffen kann.
Künstliche Intelligenz (KI) findet bereits weitverbreitet Anwendung in der medizinischen Diagnostik. Unter der Leitung des Dermatologen Harald Kittler von der MedUni Wien hat ein Forschungsteam aus Österreich und Australien kürzlich erforscht, inwiefern KI zur Diagnose und Therapie pigmentierter Hautläsionen beitragen kann.
Frühzeitige Diagnose ist sehr wichtig
Die Diagnose von Hautkrebs erfordert medizinisches Fachwissen. Dennoch ist es nicht immer einfach, neue Hautveränderungen von einem Arzt oder einer Ärztin begutachten zu lassen, was im schlimmsten Fall gravierende Folgen haben kann. Dies liegt daran, dass Hautkrebs in seiner Frühphase oft mit gewöhnlichen Muttermalen oder Leberflecken verwechselt wird und zudem in der Regel schmerzfrei ist. Wenn ein Melanom jedoch rechtzeitig erkannt wird, sind die Heilungschancen sehr hoch, mit einer Überlebensrate von über 95 Prozent nach fünf Jahren. Laut Angaben der Deutschen Krebsgesellschaft erkranken jährlich mehr als 200.000 Menschen in Deutschland an Hautkrebs. Daher sind die frühzeitige Diagnose und Vorsorge sind enorm wichtig.
Smartphone-basierte künstliche Intelligenz (KI) könnte bei dieser Herausforderung helfen. Allerdings ist unklar, wie effektiv diese Technologie in einem klinischen Umfeld funktioniert.
.Genauigkeit der Diagnosen und Therapieempfehlungen verglichen
In einer kürzlich in The Lancet Digital Health veröffentlichten Studie verglichen die Forschenden die Genauigkeit der Diagnosen und Therapieempfehlungen von zwei verschiedenen Smartphone-Anwendungen mit der von Ärzten und Ärztinnen. Dieser Untersuchung zufolge konnte die KI-Anwendung insgesamt gute Ergebnisse in der Diagnose erzielen. Bei der Entscheidung über die Behandlung waren jedoch die Ärzte und Ärztinnen den KI-Systemen deutlich überlegen.
Das Forschungsteam testete die KI-Anwendung in realen klinischen Umgebungen an zwei renommierten Hautkrebszentren: der Universitätsklinik für Dermatologie der MedUni Wien und dem Sydney Melanoma Diagnostic Centre in Australien. Dabei haben die Forschenden für diese Studie zwei unterschiedliche Szenarien entwickelt. In Szenario A wurde die KI zur Unterstützung bei der Diagnose von Hautveränderungen, die auf Hautkrebs hindeuteten, eingesetzt. In Szenario B hingegen standen Patienten mit einer Vielzahl von Muttermalen im Fokus. In beiden Szenarien wurde die KI-gestützte Anwendung sowohl mit medizinischen Experten als auch mit weniger erfahrenen Ärzten und Ärztinnen verglichen.
KI hat ähnlich kompetente diagnostische Entscheidungen getroffen
Im ersten Szenario wurden insgesamt 172 pigmentierte Hautläsionen untersucht, von denen 84 als bösartig diagnostiziert wurden. Diese Untersuchung wurde bei 124 Patienten durchgeführt. Im zweiten Szenario analysierte das Forschungsteam 5.696 pigmentierte Hautläsionen, von denen 18 als bösartig identifiziert wurden. Diese Stichprobe umfasste 66 Patienten.
In beiden Szenarien wurden zwei verschiedene KI-gestützte Smartphone-Anwendungen eingesetzt: Zum einen ein neuartiger 7-Klassen-KI-Algorithmus und zum anderen der bereits in retrospektiven Vorstudien verwendete ISIC-Algorithmus. In Szenario A zeigte der 7-Klassen-KI-Algorithmus eine vergleichbare diagnostische Genauigkeit im Vergleich zu den medizinischen Experten, während er gegenüber den weniger erfahrenen Ärzten und Ärztinnen signifikant überlegen war. Im Gegensatz dazu schnitt der ISIC-Algorithmus im Vergleich zu den Experten signifikant schlechter ab, zeigte jedoch bessere Ergebnisse im Vergleich zu den unerfahrenen Anwendern.
Was die Entscheidungen zur Behandlung angeht, zeigte der 7-Klassen-Algorithmus im Vergleich zu den Experten signifikant schlechtere Ergebnisse, war jedoch den weniger erfahrenen Anwendern überlegen. Die Ergebnisse legen nahe, dass eine KI-gestützte Smartphone-Anwendung zur Diagnose von Hautkrebs in einem realen klinischen Umfeld ähnlich kompetente diagnostische Entscheidungen trifft wie Fachexperten.
KI will mehr gutartige Läsionen entfernen
Allerdings waren Ärzte und Ärztinnen bei den Behandlungsempfehlungen viel besser als die KI. „Die KI-Anwendung neigt in der Behandlungsempfehlung tendenziell dazu, mehr gutartige Läsionen zu entfernen, als Expert*innen das würden. Wenn man das beachtet, ist die KI-Anwendung durchaus einsetzbar. Zu bedenken ist auch, dass bei unkritischem Einsatz zu viele falsch-positive Befunde abgeklärt werden müssten“, wird Harald Kittler von der MedUni Wien in einer Pressemitteilung zitiert.
Verdächtige Hautveränderungen fotografieren
Allerdings ist dieser Ansatz mit KI-gestützten Diagnose nicht neu. Bereits im Jahr 2022 führte das Fraunhofer-Forschungsteam eine Entwicklung durch, die Diagnoseprozesse maßgeblich beschleunigt hat. Dafür hat man auch eine Smartphone-App verwendet, die verdächtige Hautveränderungen fotografierte und diese dann an die Dermatologie-Abteilung im Krankenhaus weiterleitete. Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz (KI) und Bildanalyse bewertete eine spezielle Software das Risiko eines bösartigen Hautkrebses und ordnete die Prioritäten für die Diagnose der Hautärztin oder des Hautarztes.
Diese Lösung, namens Derm.AI, kombiniert Fotos von Hautveränderungen, die mit Smartphones aufgenommen werden, mit Bildanalyse-Software und künstlicher Intelligenz. Sie bietet eine schnelle vorläufige Bewertung von potenziell gefährlichen Hautveränderungen. Dermatologen und Dermatologinnen verwenden diese Plattform als Entscheidungshilfe und priorisieren die Analyse von Fällen mit erhöhtem Hautkrebs-Risiko.
Reihenfolge der Untersuchungen priorisieren
Die KI analysierte die Bilder des verdächtigen Hautflecks, verglich sie mit Referenzdaten und den Daten anderer Patienten und Patientinnen. Anschließend bewertete sie das Risiko und kategorisierte die betreffende Stelle als „ungefährlich,“ „risikoreich“ oder „gefährlich.“ Diese Einstufung stellte noch keine endgültige Diagnose dar, sondern diente dazu, die Reihenfolge der Untersuchungen zu priorisieren. Die Ärzte und Ärztinnen konzentrierten sich zuerst auf die Fälle, bei denen die KI-Software eine höhere Wahrscheinlichkeit für bösartigen Hautkrebs anzeigte und bei denen daher eine rasche Diagnose erforderlich war.
„Das Problem, Hautkrebs frühzeitig zu erkennen, wurde in den letzten Jahren immer wieder von Hausärzten thematisiert. Menschen, die dunkle Flecken oder andere auffällige Veränderungen auf der Haut bemerken, brauchen schnell eine Diagnose. Doch in Regionen, in denen es nur wenige Spezialisten gibt, dauert es häufig länger, bis man einen Termin zur Erstuntersuchung bekommt. Zudem müssen Patientinnen und Patienten oft lange Wege zurücklegen. Hier setzt unsere Lösung Derm.AI an“, erklärte Maria Vasconcelos, Leitende Wissenschaftlerin am Fraunhofer AICOS diesen Ansatz.
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