KI macht Quantenforschung effizienter
Quantenforschung ist aufwendig und vor allem zeitintensiv. Einem Forscherteam gelang es nun, durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz Teilbereiche zu beschleunigen. Ein neuronales Netz ermittelt schnell, wie ein elektromagnetisches Feld im Idealfall geformt ist, um Teilchen optimal zu steuern.
Bei der Quantenforschung kommt es auf zwei Dinge an: passende elektromagnetische Felder und Teilchen, die sich präzise kontrollieren lassen. Nur wenn beides optimal aufeinander abgestimmt ist, lassen sich bei Versuchen auch Ergebnisse erzielen. Das ist in der Regel sehr aufwendig und es sind ganze Versuchsreihen notwendig, allein, um die Steuerung der Teilchen bestmöglich hinzubekommen. Eine Forschergruppe der Technischen Universität Wien (TU Wien) hat gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen des Forschungszentrums Jülich (FZ Jülich) eine Alternative entwickelt und dafür sogenannte lernende Algorithmen verwendet. Ihr Vorteil: Die notwendige Form der elektromagnetischen Felder lassen sich schneller ermitteln. Das bringt die Quantenforschung allein in puncto Effizienz ein Stück nach vorn.
Quantencomputer: Forschende lösen grundlegende Probleme
Forschende setzen zur Manipulation von Quantenteilchen in der Regel auf mehrere elektromagnetische Felder. Sie entstehen, indem elektrischer Strom durch winzige Strukturen geleitet wird. Darüber hinaus setzen Forschende häufig auch Lichtstrahlen ein, die sich zum Beispiel durch die Verwendung von Linsen, Spiegeln oder Filter ganz gezielt steuern lassen. Das Ergebnis dabei: An manchen Stellen ist der Lichtstrahl heller, an anderen dunkler. Ausgerechnet die Form des Lichtstrahls ist entscheidend für die Teilchen. Dementsprechend lassen sie sich beeinflussen, wenn man das Licht in seiner Intensität und Verteilung anpasst.
Digitale Kopie des Experiments mittels KI spart Zeit
Für die Steuerung dieses Lichtfelds nutzen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zwei verschiedene Methoden. Die erste funktioniert gemäß Berechnung. Das bedeutet: Vorab wird berechnet, welche Form das Feld genau haben muss. Diese Methode hat jedoch den Nachteil, dass dafür alle Details des Experiments sehr genau bekannt sein müssen – Störeffekte inklusive. Deshalb kann das Ergebnis natürlich auch nur so präzise sein wie das verwendete Rechenmodell.
Die zweite Methode basiert auf sogenannten iterativen Steuerungsalgorithmen. Sie ermöglichen es, das Lichtfeld nach und nach zu verbessern. Dafür sind allerdings immer wieder neue Experimente notwendig – und zwar jeweils pro Änderungsschritt. Das Ergebnis gibt dann vor, welche Veränderungen am Lichtfeld notwendig sind, um sich dem Ziel zu nähern. Der Nachteil: Solche Messungen dauern unter Umständen Wochen und schon geringfügige Änderungen am Lichtfeld können zur Folge haben, dass die Versuchsreihe von neuem gestartet werden muss. Die Forschenden haben deshalb versucht, eine digitale Kopie des Experiments zu erstellen, um die Anzahl der Messungen deutlich zu reduzieren.
Kamerabilder trainierten das neuronale Netz
Um diese digitale Kopie zu erstellen, bedienten sie sich der künstlichen Intelligenz. „Wichtig war es, unser Wissen über die physikalischen Eigenschaften des Systems zu nutzen, und von vornherein in die künstliche Intelligenz einzubauen“, sagt Maximilian Prüfer, Postdoktorand in der Gruppe von Jörg Schmiedmayer am Vienna Center for Quantum Science and Technology (VCQ), Atominstitut, TU Wien. Entwickelt haben die Forschenden ein neuronales Netz. Dabei setzten sie die Struktur so auf, dass es die physikalischen Aufgaben lösen konnte. Die Forschenden nennen dies ein Physik-inspiriertes neuronales Netz. „Erst damit war es möglich, bei experimentell handhabbaren Datenmengen hervorragende Prognosen durch das neuronale Netz zu erhalten“, sagt Prüfer. Bei der Entwicklung dieses neuronalen Netzes unterstützte ein Team des FZ Jülich.
Die Forschenden setzten eine Kamera ein, um zu messen, wo sich die Teilchen befinden. Diese Bilder nutzten sie dann für das Training des neuronalen Netzes. Auf diese Art und Weise lernt das System, welche Änderungen am Experiment sich auf welche Weise auf die Quantenteilchen auswirken. Damit entwickle die künstliche Intelligenz eine Art „Verständnis“ des Systems, denn die physikalischen Formeln, die Zusammenhänge beschreiben, werden nicht parallel im System hinterlegt.
KI im Nachteil, wenn es um Präzision geht
Das neuronale Netz hat dabei einen besonderen Vorteil: Es lernt sehr schnell. Und die Ergebnisse zeigten darüber hinaus, dass die künstliche Intelligenz in der Lage ist, das Verhalten des physikalischen Systems korrekt zu imitieren. Da die Algorithmen blitzschnell testen, wie sich Änderungen im Experiment auswirken, können diese schneller fortgeführt werden. Darüber hinaus lassen sie sich auch auf neue Situationen übertragen. Lediglich einen Nachteil hat die künstliche Intelligenz an dieser Stelle: bei besonders hoher Präzision oder äußerst ungewöhnlichen Gegebenheiten muss doch das reale Experiment zurate gezogen werden. In Summe ist das Ergebnis der Forschergruppe ein echter Durchbruch: Denn es lassen sich nun viel mehr Experimente durchführen, die vorher nur mit erheblichem Aufwand oder überhaupt nicht möglich gewesen wären.
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