KI: Neue Technologien für barrierefreie Mobilität
Bordsteine, holprige Wege, steile Rampen – für Rollstuhlfahrende können sie unüberwindbare Hürden darstellen. Das Forschungsprojekt BaAN-frei setzt Künstliche Intelligenz ein, um Barrieren im öffentlichen Raum automatisch zu erkennen und digital sichtbar zu machen. So ebnet es den Weg für mehr Inklusion und Teilhabe.

Künftig sollen Rollstühle mit Kameras Hindernisse in Echtzeit erfassen.
Foto: PantherMedia / Andriy Popov
Hindernisse im Alltag von Menschen mit Rollstuhl sind allgegenwärtig. Sei es eine zu hohe Bordsteinkante, ein unebener Gehweg oder eine zu schmale Tür – viele Barrieren erschweren oder verhindern die Mobilität und damit die gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Obwohl Barrierefreiheit gesetzlich verankert ist, mangelt es oft an korrekten und aktuellen Informationen zur Zugänglichkeit von Wegen und Orten. Genau an diesem Punkt setzt das Forschungsprojekt BaAN-frei an: Mithilfe moderner Technologien werden Barrieren im öffentlichen Raum automatisch erkannt und digital erfasst.
Das Herzstück von BaAN-frei bildet eine KI-gestützte Bildanalyse. An Rollstühlen befestigte Smartphones sammeln während der Fahrt Video- und GPS-Daten. Die aufgezeichneten Informationen werden anschließend von einem intelligenten Analyseverfahren ausgewertet, das gelernt hat, Hindernisse wie Bordsteine oder ungeeignete Straßenbeläge zuverlässig zu erkennen. Im Gegensatz zur bisher üblichen manuellen Erfassung passiert das automatisch und in Echtzeit. Zudem können die Nutzenden selbst entscheiden, welche Barrieren für sie relevant sind.
KI lernt, Barrieren zu erkennen
Ein entscheidender Vorteil der KI-basierten Methode: Sie ist objektiv und überaus leistungsfähig. Indem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das System mit Beispielvideos füttern, lernt es, Hindernisse präzise zu identifizieren und einzuordnen. Je mehr Daten es verarbeitet, desto zuverlässiger werden die Ergebnisse. Dieser Ansatz ermöglicht eine weitaus umfassendere und aktuellere Erfassung von Barrieren als die zeitaufwendige manuelle Dokumentation. Dabei spielt auch das direkte Feedback der Rollstuhlfahrenden eine wichtige Rolle: Sie testen das System unter realen Bedingungen und melden zurück, ob die KI die Hindernisse korrekt erkannt hat.
Die gewonnenen Daten werden anschließend auf Open-Data-Plattformen wie OpenStreetMap oder Wheelmap.org veröffentlicht. So werden die Barrieren im öffentlichen Raum für alle sichtbar und zugänglich gemacht. Das schafft nicht nur ein Bewusstsein für die Herausforderungen, mit denen Rollstuhlfahrende täglich konfrontiert sind, sondern liefert auch eine gute Grundlage für Veränderungen. Kommunen und Entscheidungsträger können die KI-Informationen nutzen, um gezielt Maßnahmen zum Abbau von Hindernissen zu ergreifen und die Infrastruktur inklusiver zu gestalten.
Einfache KI-Technologie für mehr Teilhabe
Ein besonderes Anliegen des Projekts ist es, dass die eingesetzte Technologie niederschwellig und leicht bedienbar ist. Nicht nur Expertinnen und Experten sollen die Barrieren und Hindernisse erfassen können, sondern alle Rollstuhlfahrenden sollen diese Möglichkeit haben. Auf diese Weise können sie selbst aktiv werden und sich für mehr Barrierefreiheit in ihrem Umfeld einsetzen. Gleichzeitig stärkt das ihre Teilhabe und Selbstbestimmung auf eine völlig neue Art und Weise.
Die Projektergebnisse der KI von BaAN-frei sollen als Impulsgeber für eine umfassende Weiterentwicklung der Infrastruktur dienen. In einem geplanten Folgeantrag beim Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) geht es darum, die erprobten Ansätze in die Praxis zu überführen und das System auszubauen. Zukünftig könnten neben Bordsteinen und Straßenbelägen auch weitere Arten von Barrieren, wie etwa temporäre Hindernisse, automatisch erfasst werden. Zudem sollen die erhobenen Daten flächendeckend bereitgestellt werden, um eine breite Nutzung und Wirkung zu erzielen.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit für ganzheitlichen Ansatz
BaAN-frei bündelt in einzigartiger Weise die Kompetenzen unterschiedlicher Disziplinen. In dem Verbundprojekt arbeiten die Katholische Hochschule Freiburg und die Hochschule Furtwangen eng zusammen. Während die Katholische Hochschule ihre Expertise im Bereich Inklusion und Teilhabe einbringt, steuert die Hochschule Furtwangen ihr Know-how zu Technologien wie KI und Bildanalyse bei. Dieses interdisziplinäre Miteinander ermöglicht einen ganzheitlichen Ansatz, der technische Neuerungen und soziale Aspekte vereint.
Möglich wird das Forschungsvorhaben durch die Förderung im Rahmen der mFUND-Projekte des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV). Dieser Rückhalt unterstreicht die gesellschaftliche Relevanz des Themas Barrierefreiheit. Das Expertenteam hofft, dass die vielversprechenden Ansätze von BaAN-frei den erhofften Wandel anstoßen und den Weg für eine echte Inklusion im öffentlichen Raum ebnen. Die Katholische Hochschule Freiburg, größte Hochschule für Sozial- und Gesundheitswesen in Baden-Württemberg, bringt dafür ihre langjährige Kompetenz ein. Gemeinsam mit allen Beteiligten soll so eine Zukunft gestaltet werden, in der Mobilität für jeden Menschen uneingeschränkt möglich ist.
Ein Beitrag von: