Klageflut von Fluggästen gegen Airlines: KI soll Gerichten helfen
Wegen ausgefallener oder verspäteter Flüge ziehen immer mehr Passagiere vor Gericht. Künstliche Intelligenz könnte die Justiz entlasten.
Immer mehr Passagiere ziehen vor Gericht, um Entschädigungen für verspätete oder ausgefallene Flüge einzufordern. Die Zahl der Klagen ist im Jahr 2024 auf ein Rekordniveau gestiegen, insbesondere an Gerichten in der Nähe großer Flughäfen. Portale erleichtern Fluggästen den Rechtsweg, während sich die Justiz mit der Masse an Verfahren schwertut. KI-gestützte Software könnte helfen, Prozesse zu beschleunigen und Urteile effizienter zu fällen. Doch noch fehlt es an standardisierten Lösungen.
Steigende Klagezahlen eine Belastung für die Justiz
Die Zahl der Klagen gegen Fluggesellschaften hat ein neues Hoch erreicht. Laut dem Deutschen Richterbund gingen 2024 rund 131.000 Klagen ein, 6000 mehr als im Vorjahr. Hauptgrund sind Entschädigungsforderungen wegen annullierter oder verspäteter Flüge. Besonders betroffen ist das Amtsgericht Köln mit rund 41.300 Verfahren, gefolgt von Frankfurt am Main und dem für den Hauptstadtflughafen BER zuständigen Amtsgericht Königs Wusterhausen.
Auch die Schlichtungsstelle Reise & Verkehr meldet einen Anstieg der Beschwerden. 84 % der Eingaben betrafen Streitigkeiten mit Airlines. Viele Fälle konnten durch eine Einigung beigelegt werden, doch die Gerichte bleiben stark belastet. Ein Grund dafür sind Legal-Tech-Portale, die Verbraucher bei der Durchsetzung ihrer Rechte unterstützen. Diese Plattformen erleichtern den Klageweg, führen jedoch auch zu einer erheblichen Zunahme der Verfahren.
KI als potenzielle Lösung
Die Justiz sucht nach Möglichkeiten, effizienter mit der Klageflut umzugehen. Eine vielversprechende Technologie ist Künstliche Intelligenz. Erste Pilotprojekte testen KI-gestützte Assistenzsysteme, die Gerichtsurteile analysieren und Vergleichsfälle herausfiltern. „Die Justiz reagiert darauf inzwischen mit speziellen KI-Assistenzprogrammen, die an größeren Amtsgerichten erprobt werden“, erklärt Sven Rebehn, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbundes gegenüber der dpa.
KI könnte insbesondere helfen, juristische Texte zu analysieren, relevante Urteile zu identifizieren und Richtern Entscheidungsvorschläge zu liefern. Eine standardisierte Software gibt es jedoch noch nicht. „Es gibt aber noch immer keine fertige Standardsoftware, die den Gerichten flächendeckend durch die Fließbandklagen der Legal-Tech-Anbieter hilft“, so Rebehn weiter.
Gerichtsverfahren dauern oft zu lange
Viele Verfahren ziehen sich unnötig in die Länge. Das Portal EUflight berichtet, dass selbst unstreitige Fälle bis zu einem Jahr dauern können. „Der Einsatz von KI könnte bei der Darstellung des Sachverhalts, der Recherche und der Strukturierung der Rechtsprechung helfen“, sagt Unternehmensgründer Lars Watermann. Dennoch bleibt die finale Entscheidung in Menschenhand: „Die tatsächliche Entscheidung sollte dem Gericht überlassen bleiben.“
Auch AirHelp sieht den Gang vor Gericht kritisch. Nicht nur für Passagiere, sondern auch für Airlines sei er oft nicht die beste Lösung. „Leider ziehen viele Fluggesellschaften weiterhin vor Gericht, obwohl sie Entschädigungen schulden und höchstwahrscheinlich verlieren werden“, erklärt eine Sprecherin des Portals. Neben langen Wartezeiten entstehen hohe Kosten, die sowohl die Airlines als auch die Justiz belasten. (mit dpa)
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