Mit KI endlich den Tumor finden
Forschende des MIT haben es mit einer Künstlichen Intelligenz (KI) erstmals geschafft, Tumore zu lokalisieren, die zuvor mit anderen Untersuchungsverfahren nicht zu finden waren. Für Patientinnen und Patienten könnte dies die Behandlungs- und Überlebenschancen deutlich verbessern.
Wir leben in einer hochtechnologisierten Gesellschaft, was sich auch in der sehr guten medizinischen Versorgung in Deutschland bemerkbar macht. Und dennoch gibt es Krankheiten, die noch nicht weit genug erforscht sind, so dass nach wie vor Menschen daran sterben. Krebs ist eine davon. Besonders schwierig wird eine Behandlung bei der Art von Krebs, bei der kein Ursprung festgestellt werden kann. Medizinerinnen und Mediziner nennen dies Krebserkrankung mit unbekanntem Primärtumor. Zwischen 3 und 5 Prozent aller betroffenen Patientinnen und Patienten erkranken an einer solchen Form. Da die Fachleute den Ursprung nicht kennen, gestaltet sich auch die Behandlung deutlich schwieriger.
Den Arztbrief schreibt künftig die KI
Denn gerade bei Krebserkrankungen gibt es speziell auf verschiedene Tumorarten zugeschnittene Behandlungsmöglichkeiten und Medikamente. Es handelt sich dabei um sogenannte „Präzisionsmedikamente“, die nicht nur äußerst gezielt wirken, sondern dadurch auch erheblich weniger Nebenwirkungen zur Folge haben. Bei Patientinnen und Patienten, die eine Erkrankung mit unbekanntem Primärtumor haben, kommen dagegen Medikamente zum Einsatz, die für ein breites Spektrum von Krebsarten verwendet werden. Forschende am MIT haben nun eine Möglichkeit gefunden, wie sich mithilfe Künstlicher Intelligenz der Ursprungsort des Tumors doch identifizieren lässt.
KI analysiert Gene, um Krebsart zu erkennen
Geholfen hat ihnen bei der Lösung ein Rechenmodell, dass sie mithilfe des maschinellen Lernens erstellten. Dieses Rechenmodell ist in der Lage, eine Sequenz von rund 400 Genen zu analysieren. Aus dem Ergebnis dieser Gen-Analyse lässt sich dann herauslesen, wo im Körper ein bestimmter Tumor entstanden ist. Getestet haben die Forschenden ihr Modell mit Daten von etwa 900 Patientinnen und Patienten. Bei rund 40 Prozent von ihnen konnte mit der Gen-Analyse der Tumor mit unbekannter Herkunft mit hoher Sicherheit festgestellt werden.
„Das war die wichtigste Erkenntnis in unserer Arbeit, dass dieses Modell potenziell zur Unterstützung von Behandlungsentscheidungen eingesetzt werden könnte und Ärztinnen und Ärzten den Weg zu personalisierten Behandlungen für Patientinnen und Patienten mit Krebserkrankungen unbekannter primärer Herkunft weisen könnte“, sagt Intae Moon, MIT-Absolvent in Elektrotechnik und Elektrotechnik-Informatik sowie Hauptautor der aktuellen Studie. Die neuen Erkenntnisse geben Hoffnung für die 3 bis 5 Prozent an Krebserkrankten, deren Tumor bislang nicht zu lokalisieren war.
Zu 80 Prozent war die KI in der Lage, den Krebs zu lokalisieren
Damit die KI in die Lage versetzt werden konnte, die Gene entsprechend zu analysieren, wurde sie mit Daten von fast 30.000 Patientinnen und Patienten trainiert, bei denen eine von 22 bekannten Krebsarten diagnostiziert worden war. Die Daten stammten von Patientinnen und Patienten des Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York und des Vanderbilt-Ingram Cancer Center in Nashville, Texas, sowie vom Dana-Farber Cancer Institute in Boston, das zur Harvard Medical School gehört. Darüber hinaus erhielt die KI auch noch ein Training an etwa 7.000 Tumoren, deren Ursprungsort allerdings den Fachleuten bekannt war. Die Forschenden nannten ihre KI „OncoNPC“.
Das System war nach dem umfangreichen Training in der Lage, mit einer 80-prozentigen Genauigkeit die Herkunft von Tumoren vorherzusagen. Bei Tumoren mit hochsicheren Vorhersagen, die etwa 65 Prozent der Gesamtzahl ausmachten, stieg die Genauigkeit auf etwa 95 Prozent. Bei den Daten vom Dana-Farber Cancer Institute in Bosten gab es bei rund 900 Tumoren eine zuverlässige Trefferquote für 40 Prozent der Tumore.
Bei einer weiteren Analyse ergab sich, dass sich mit diesem Rechenmodell sogar die Krebsart relativ zuverlässig vorhersagen ließ. Die Forschenden sind mit den Ergebnissen sehr zufrieden, planen aber schon den nächsten Schritt: Sie wollen ihr Rechenmodell um mehr Daten wie Bilder aus der Radiologie oder aus der Pathologie erweitern. Davon erhoffen Sie sich, eine noch umfassendere Vorhersage erzielen zu können. Im Idealfall sei es dann künftig vielleicht sogar möglich, auch die optimale Art der Behandlung mittels KI vorherzusagen.
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