Nvidia treibt Innovationen in der Automatisierungstechnik
Anders als in der Spieleindustrie ist Nvidia in der Industrie nicht nur ein Grafikbeschleuniger. Inzwischen werden die Strategien hinter den Partnerschaften mit Industrieunternehmen deutlicher.
Sich von der Maschine Bilder aus dem Produktionsprozess zeigen lassen oder KI-gestützt Programmcode generieren – das sind nur einige Zukunftsszenarien, die aktuell in der Automatisierungstechnik umgesetzt werden. Fortschritte bei der Vernetzung und Leistungssteigerungen bei der Datenverarbeitung machen das möglich.
„Heute geht es darum, Kunden in den verschiedenen Phasen der industriellen Anwendung zu unterstützen, sei es bei der Konzeption, dem Design, der Implementierung oder dem Betrieb“, sagt Gustavo Zecharies, der bei Rockwell Automation für Europa, den Nahen Osten und Afrika (EMEA) verantwortlich ist. In der Industrieautomatisierung sei es nicht immer leicht, die richtigen Talente zu finden. Sie durch künstliche Intelligenz (KI) beispielsweise in die Lage zu versetzen, anspruchsvolle Industriesteuerungen zu programmieren, werde deshalb immer wichtiger. Er geht davon aus, dass damit der Bedarf an Werkzeugen steige, die im Dialog mit einem Copiloten zum gewünschten Ergebnis führen.
Rockwell Automation integriert Nvidia Omniverse für digitale Zwillinge
Am 12. November 2024 hatte Rockwell Automation dazu angekündigt, dass das Unternehmen die Anwendungsprogrammierschnittstelle von Nvidia Omniverse nutzen wird, um seine Emulate3D-Software für digitale Zwillinge zu integrieren, damit etwa virtuelle Inbetriebnahmen durch künstliche Intelligenz und physikbasierte Simulationstechnologie verbessert werden.
Warum Nvidia für den Automatisierungsspezialisten so wichtig ist, erklärt Zecharies so: „Nvidia ist ein Anbieter von Design- und High-Performance-Computing-Lösungen, in die künstliche Intelligenz integriert werden kann. Die Rechenkapazitäten der Omniverse-Plattform sind herausragend und das wollen wir in die industrielle Automatisierung einbringen.“ Konkrete Anwender dürfe der Topmanager aus Rücksicht auf deren Bedürfnisse jedoch nicht nennen.
Zecharies betont, dass die industrielle Nutzung von KI-Tools noch ganz am Anfang stehe. „Unsere Branche ist eher konservativ und wird sich etwas Zeit lassen“, sagt er. Der Manager rechnet aber damit, dass die Nachfrage steigen wird, zumal sein Unternehmen zunehmend KI-basierte Lösungen anbiete.
Schneider Electric entwickelt mit Nvidia eine neue Infrastruktur für Rechenzentren
Auch für Jessica Bethune ist die Technik von Nvidia längst mehr als ein Grafikbeschleuniger, der es von der Computerspielbranche nun auch in die Industrie geschafft hat. Sie ist für den Industriebereich von Schneider Electric in Deutschland, Österreich und der Schweiz verantwortlich. Auf die These einer Keynote während der Messe SPS – Smart Production Solutions, das Unternehmen „macht auch nichts anderes als animieren“, reagiert sie in einem Linkedin-Post deutlich: „Nein, Nvidia animiert nicht nur.“
Bethune begründet das mit Blick auf die Prozessoren so: „Ja, Nvidias GPUs werden in Bereichen wie 3D-Animation, Filmproduktion und Architekturvisualisierung eingesetzt. Professionelle Grafikkarten der Quadro-Serie (jetzt RTX A-Serie, Anm. d. Red.) sind für Animatoren, Architekten und Designer gedacht.“ Sie stellt aber in Bezug auf den Einsatz künstlicher Intelligenz auch fest: „Nvidia ist führend bei der Bereitstellung von Hardware und Software für KI-Training und KI-Inference.“ Programmierschnittstellen wie Cuda ermöglichten die Entwicklung und Ausführung komplexer KI-Modelle auf Nvidia-Hardware.
Auch in Rechenzentren und bei Cloud-Anwendungen sieht sie das Unternehmen gut aufgestellt: „GPUs von Nvidia sind ein zentraler Bestandteil moderner Rechenzentren und Cloud-Computing-Lösungen. Sie werden für High-Performance-Computing (HPC), Simulationen und KI-Workloads eingesetzt.“
Schhneider Electric und Nvidia haben dafür im März 2024 eine strategische Partnerschaft verkündet. Mit neuen Referenzdesigns wollen sie einen robusten Rahmen für die Implementierung von Nvidias Plattform Accelerated Computing in Rechenzentren schaffen, um deren Infrastruktur zu optimieren und den Weg für Fortschritte in den Bereichen künstliche Intelligenz und bei digitalen Zwillingen zu ebnen.
Siemens erweitert Angebot für künstliche Intelligenz in industriellen Anwendungen
Als weiterer Automatisierungsanbieter präsentierte Siemens am 11. November 2024 seinen nächsten Schritt in der im Juni 2022 gestarteten Partnerschaft mit Nvidia. Das Unternehmen kündigte die Einführung einer neuen Reihe von Industrie-PCs (IPCs) an, die mit Grafikprozessoren von Nvidia ausgestattet sind. Diese sollen zusammen mit einem erweiterten Angebot für künstliche Intelligenz industrielle KI-Anwendungen beschleunigen. Für Siemens ist das ein weiterer Meilenstein in der strategischen Partnerschaft.
Der Automatisierungsspezialist ist damit nach eigener Aussage in der Lage, ein skalierbares Computing-Portfolio für industrielle Hochleistungsanwendungen anzubieten, das von robusten Industrie-PCs bis hin zum Industrial-Edge-Computing reicht. Das neue Angebot soll die Ausführung von KI in der Fertigung um das 25-fache beschleunigen, sofern die integrierte Hard- und Software von Siemens verwendet wird.
Mit der zunehmenden Integration von KI- und Bildverarbeitungslösungen in der industriellen Automatisierung wollen die beiden Unternehmen Automatisierungsingenieuren den Zugang zu KI-Funktionen ermöglichen, ohne dass sie dafür umfangreiche Programmierkenntnisse benötigen. Neben No-Code-Tools zur Integration, Verwaltung und Ausführung industrieller KI-Lösungen gehören zum Industrial-Operations-X-Portfolio von Siemens auch sofort einsetzbare KI-Anwendungen. Beschleunigt durch Nvidia-Technik, ermöglicht es das Modul Simatic Robot Pick AI Anwendern ohne KI-Kenntnisse beispielsweise KI-gesteuert Roboterlösungen für Greifanwendungen zu erstellen.
Copilot von Siemens läuft dank Nvidia vollständig lokal
Auch der Siemens Industrial Copilot for Operations basiert auf einer Lösung des Computing-Spezialisten, auf Nvidia Inference Microservices (NIM). Dahinter verbirgt sich eine Reihe an Microservices. Die erleichtern beispielsweise das Bereitstellen generativer KI-Modelle wie Large Language Models (LLMs), das Einbetten und die Neubewertung auf verschiedenen Plattformen. Dadurch läuft der Copilot von Siemens vollständig lokal und ermöglicht Automatisierungs- und Wartungstechnikern Echtzeitabfragen von Betriebs- und Dokumentendaten. Statt wie bisher nur Textinformationen mithilfe von LLMs generativ verarbeiten zu können, verarbeitet Siemens damit nun auch Bildinformationen, beispielsweise aus Bildverarbeitungssystemen für die Qualitätssicherung.
Zusammen mit Thyssenkrupp zeigte der Automatisierungsspezialist auf der Messe SPS in Nürnberg, wie die Lösung in einer Anlage zur Qualitätssicherung bei Batteriezellen genutzt werden kann. Darin kommt ein Agentensystem zum Einsatz, in dem die jeweiligen Agenten Informationen aus verschiedenen Quellen beschaffen, die dann an einer zentralen Stelle orchestriert und den Anwendern zur Verfügung gestellt werden.
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