Letzte Meile in der Logistik: Herausforderungen, Lösungen, Zukunft
Sie gilt als der letzte Schritt, bevor die Ware ihr Ziel erreicht. Die sogenannte letzte Meile in der Logistik ist die aufwändigste und teuerste Phase im gesamten Versandprozess. Doch es gibt Ideen, wie sich gerade dieser Schritt künftig effizienter und klimafreundlicher gestalten ließe.
Der Onlinehandel boomt, die Corona-Pandemie hat dabei wie ein Beschleuniger funktioniert. Immer mehr Menschen bestellen Waren über das Internet und lassen sie zu sich nach Hause liefern. Tendenz weiter steigend. Die Logistikbranche steht deshalb vor großen Herausforderungen. Das ist die eine Seite. Auf der anderen Seite sind auch Unternehmen auf die Logistikbranche angewiesen, die zum Beispiel ihre Konsumgüter von den Produktionsstätten in die Geschäfte und zu den Händlern transportiert wissen müssen, damit sie dort Endkundinnen und -kunden angeboten werden können.
In den meisten Fällen taucht der Begriff der letzten Meile hauptsächlich in Verbindung mit dem Online-Handel und der Paketzustellung auf. Demnach beschreibt er den letzten Abschnitt einer Warensendung, also den Transport zum Beispiel eines Pakets zu Ihnen nach Hause bis an die Haustür. Fachleute nennen die letzte Meile auch gern als „one-to-many-Verteilprozess“ und „Break-Bulk Point“ (BBP), auch Vereinzelungspunkt genannt.
Denn im Kern geht es bei diesem letzten Schritt innerhalb der Transportkette darum, dass mehrere Sendungen von einem gemeinsamen Ort zu einer Fahrt zusammengestellt werden, um dann einzeln und nacheinander zugestellt zu werden. In diesem Fall verwenden wir den Begriff der letzten Meile wie eingangs eingeführt: Die Zustellung eines Pakets bis an Ihre Haustür, dessen Inhalt Sie über den Online-Handel erworben haben.
Warum ist die letzte Meile in der Zustellung so kritisch?
Die letzte Meile lässt sich im Vergleich zu zahlreichen anderen Schritten innerhalb der Produktion derzeit noch nicht durchgängig automatisieren. Hinzu kommt: Bei diesem Abschnitt innerhalb der Lieferkette spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Das sind einerseits Paketzustellerinnen und -zusteller, die mit Lieferfahrzeugen in den Innenstädten unterwegs sind. Ihre Zahl steigt stetig. Andererseits sorgt das für mehr Verkehr und deshalb schwierigere Lieferbedingungen. Das sind unter anderem die Gründe, weshalb gerade diese letzte Etappe die teuerste im gesamten Logistikprozess ist. Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass mehr als 50 Prozent der Gesamtkosten genau dort anfallen.
Besonders seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie im März 2020 in Deutschland hat sich das Einkaufsverhalten der Menschen stark verändert. Wurden früher Waren hauptsächlich an Geschäfte geliefert, ist heute auch nahezu jeder Haushalt Empfänger von Waren. Daraus ergibt sich eine starke Zunahme des Verkehrs in urbanen Räumen sowie mehr Lärm und Schadstoffe. Schließlich entsteht während der Phase der Zustellung ein ausgeprägtes Stop-and-Go-Fahrverhalten.
Das sind die Herausforderungen für die letzte Meile
Damit die letzte Meile effizient funktioniert, ist vorab eine gute Planung der Tour notwendig. Nur so lässt sich der Aufwand minimieren und damit auch die Kosten. Diese Dinge müssen die Logistikbetriebe leisten. Sobald es nun in die Zustellung geht, kommen weitere Akteure hinzu: andere Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer, die eine direkte und effiziente Fahrt erschweren, und am Ende die Empfängerin und der Empfänger des Pakets.
Nicht immer treffen die Paketzustellerinnen und -zusteller jemanden an, um die Ware zu übergeben. Gelingt es nicht, die Sendung in der Nachbarschaft abzugeben, wird eine erneute Zustellung erforderlich. Das kostet Zeit und Geld. Insgesamt machen die Personalkosten den größten Teil aus, neben den Betriebskosten und Bereitschaftskosten für das Fahrzeug sowie Lagerflächen.
Mehr Lieferverkehr in den Städten bedeutet für die einzelnen Lieferdienste darüber hinaus: Es wird für sie immer enger. Die größere Zahl der Dienstleister muss sich die Flächen und Zeiten zum Be- und Entladen teilen. Hinzu kommen in Fußgängerzonen strikte Zufahrtsregelungen und vorgegebene Zeitfenster. Mehr Verkehr widerspricht dabei häufig den Vorstellungen, Wünschen und Vorgaben von Städten und deren Bevölkerung.
Immer mehr Logistikdienstleister setzen deshalb verstärkt auf alternative Antriebe, zum Beispiel sind bei DHL inzwischen zahlreiche Elektrofahrzeuge im Einsatz, oder auf alternative Zustellungsarten. Amazon beispielsweise bietet die Lieferung in Paketstationen an.
Was wünschen sich Kundinnen und Kunden?
Das Unternehmen PricewaterhouseCoopers, kurz PwC, eine Wirtschaftsprüfungs-, Steuer- und Unternehmensberatung, hat im Rahmen einer Studie das Verhalten von Verbraucherinnen und Verbrauchern beleuchtet. Es kommt zu dem Ergebnis, dass zum einen Pünktlichkeit besonders gewünscht ist, zum anderen eine kostenlose Lieferung. Zugleich seien aber auch umweltfreundliche und geräuscharme Zustellungen sehr gefragt. In zahlreichen Fällen würden die Verbraucherinnen und Verbraucher eine grüne Lieferung sogar einer besonders schnellen vorziehen.
Lösungsansätze für die letzte Meile
Logistikdienstleister setzen schon heute auf moderne Technologien, um zum Beispiel die Routen effizienter zu planen. Auch für die Fahrerinnen und Fahrer gibt es während der Fahrt technische Hilfsmittel, zum Beispiel GPS. Darüber hinaus arbeiten die Unternehmen an alternativen Zustellungsarten. Statt die Pakete bis zur Haustür zu transportieren, steuern manche Logistikunternehmen gezielt Paketstationen oder -shops an, wo sie die Sendungen zur Abholung platzieren.
Manche Unternehmen etablieren kleine eigene Shops, die zugleich ein Depot in Miniaturausführung beinhalten. DPD hat einen solchen Shop in Berlin-Friedrichshain eröffnet. Dort können Kundinnen und Kunden Pakete abholen, aufgeben, sich Bestellungen direkt dorthin liefern lassen und sogar Kleidung direkt vor Ort anprobieren und bei Bedarf direkt vor Ort eine Retoure in Auftrag geben. UPS arbeitet zum Beispiel mit Betreiberinnen und Betreibern von Parkhäusern zusammen und nutzt dort Flächen, um Pakete aus Lkw in Lastenräder umzuladen.
Wie sieht die Zukunft aus auf der letzten Meile?
Da der Kosten- und Zeitdruck bei den Logistikdienstleistern steigt, gibt es bereits Tests zu alternativen Lösungen. Ford hat hier in Zusammenarbeit mit Hermes autonom fahrende Transporter in der Londoner Innenstadt erprobt. Auch die Zustellung per Roboter wird untersucht – in geschlossenen Lagern sind sie bereits seit Jahren erfolgreich im Einsatz. Ebenfalls denkbar sind autonom fahrende Packstationen. Ein weiteres interessantes Zukunftsszenario: Logistikdrohnen. Sie könnten vor allem deshalb die sinnvollste Ergänzung darstellen, weil sie keinen Einfluss auf das Verkehrsaufkommen in den Städten aufweisen und zudem klimaschonender unterwegs sind.
Auch die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) ist im Gespräch. Eine Studie in Österreich hat ergeben, dass Menschen, die mit der Straßenbahn fahren, durchaus gern auch ein Paket mitnehmen. Motivation ist dabei vor allem der klimafreundliche Aspekt der Zustellung. Deshalb testet nun ein Projektteam unter der Leitung von Fraunhofer Austria Research GmbH im Rahmen eines Pilotprojekts, wie sich das Verkehrsaufkommen sowie Lärmbelastung und Emissionen in Städten senken lässt, wenn Menschen Pakete in öffentlichen Verkehrsmitteln mitnehmen.
Unter dem Stichwort „Crowdshipping“ oder „Crowdsourcing Delivery“ könnte künftig jeder von uns als Kurier fungieren. Das System funktioniert zum Beispiel als Onlineauktion oder über eine App, so dass durchaus professionelle Paketdienste daran teilnehmen können. Die Idee: Menschen miteinander in Kontakt bringen, die ein Paket verschicken oder transportieren möchten. Sie verhandeln über die Höhe der Bezahlung und dann kann es losgehen.
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