Tragschrauber für Reiche 14.02.2017, 08:21 Uhr

Flugauto aus Holland geht 2018 in Serie

Über Prototypen von Autos, die fliegen können, haben wir auf Ingenieur.de schon mehrmals berichtet. Jetzt soll aber das erste Flugauto auch wirklich in Serie gehen. Das niederländische Unternehmen Pal-V will die ersten Modelle im nächsten Jahr ausliefern. Eine halbe Million Euro kostet die neue Mobilität – und einen Pilotenschein.

Flug über die Bucht von San Francisco: Herrscht Stau auf der Golden Gate Bridge, könnten Vermögende künftig mit ihrem Auto in die Luft steigen, um auf die andere Seite zu kommen. Allerdings nur, wenn dort eine offizielle Landebahn zur Verfügung steht.

Flug über die Bucht von San Francisco: Herrscht Stau auf der Golden Gate Bridge, könnten Vermögende künftig mit ihrem Auto in die Luft steigen, um auf die andere Seite zu kommen. Allerdings nur, wenn dort eine offizielle Landebahn zur Verfügung steht.

Foto: Pal-V

Vermögende Unternehmen hat das Unternehmen im Visier. Leute, die es sich nicht leisten können, lange im Stau zu stehen oder auf eine Fähre zu warten. Stau auf der Golden Gate Bridge? Wenn man dann abheben könnte, um vom Mill Valley, wo das Eigenheim steht, kurz über die Bucht von San Francisco in die City zu fliegen?

Zielgruppe sind vermögende Unternehmer mit wenig Zeit

Wer solche Probleme hat, zählt zu den potentiellen Kunden des niederländischen Unternehmens Pal-V. Vor fünf Jahren schon ist der Tragschrauber erstmals in die Luft gegangen, seitdem hat Unternehmensgründer und Ingenieur Robert Dingemanse, der an der TU Delft Elektroingenieur studiert hat, mit Entwicklungschef Mike Stekelenburg und seinem Team das Fahrzeug weiterentwickelt.

Jetzt wagt das Unternehmen den Schritt in die Öffentlichkeit und kündigte für Ende 2018 die Auslieferung der ersten Serienmodelle ausan. Ab sofort kann man die fliegenden Autos vorbestellen.

Im Fahrmodus liegt das Flugauto flach über der Straße (l.). Um zu starten, richtet sich das Auto hinten auf (r.), um den Winkel zu verstellen. Ab Tempo 50 kann der Tragschrauber abheben.

Im Fahrmodus liegt das Flugauto flach über der Straße (l.). Um zu starten, richtet sich das Auto hinten auf (r.), um den Winkel zu verstellen. Ab Tempo 50 kann der Tragschrauber abheben.

Quelle: Pal-V, Tragschrauber

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Das Wichtigste wichtigste Versprechen löst Dingemanse ein:. Sein Dreirad kann nicht nur sehr schnell bis zu 160 km/h fahren, sondern mit maximal 180 km/h sogar noch schneller fliegen. Fünf bis zehn Minuten dauert es, bis die Rotoren ausgefahren sind und das Auto flugbereit ist. Allerdings kann man nicht einfach im Stau stehend in die Luft gehen. Denn das Flugauto ist ein Tragschrauber und kein Hubschrauber, der senkrecht starten und landen kann.

Der Tragschrauber braucht 330 m lange Startbahn

Ein Tragschrauber braucht deshalb kurze Start- und Landebahnen. Der Rotor wird nicht von einem Motor angetrieben, sondern setzt sich nur durch den Fahrtwind in Bewegung und sorgt dann für Auftrieb. Wichtig ist also der Vortrieb. Dafür sorgt ein 200 PS starker Benzinmotor, der einen Schubrotor antreibt.

Wer sich das leisten kann, der kann künftig direkt vom Eigenheim mit dem Tragschrauber Pal-V zur Arbeit fliegen. Allerdings braucht er eine offizielle, wenigstens 330 m lange Startbahn im Garten.

Wer sich das leisten kann, der kann künftig direkt vom Eigenheim mit dem Tragschrauber Pal-V zur Arbeit fliegen. Allerdings braucht er eine offizielle, wenigstens 330 m lange Startbahn im Garten.

Quelle: Pal-V

Der Pal-V braucht ein Tempo von mindestens 50 km/h, um fliegen zu können. Für die Startbahn sind 330 m erforderlich, zum Landen genügen 30 m. Das Auto braucht offizielle Start- und Landebahnen, kann also nicht einfach auf einer Straße oder einem Acker starten und landen. Aber immerhin kann man mit dem Flugauto gleich von der Landebahn weiter fahren, ohne großen Zeitverlust.

Bis zu fünf Stunden Reichweite in der Luft

Am effizientesten ist das Auto im Flugmodus bei 140 km/h unterwegs und braucht dann 26 Liter Superbenzin pro Stunde, so die Angaben des Herstellers. Die maximale Flughöhe beträgt 3.500 m. Ist das Auto mit zwei Personen besetzt und erreicht das Maximalgewicht von 910 kg, kann der Pal-V vier Stunden in der Luft bleiben. Fliegt nur eine Person, sind sogar fünf Stunden möglich, jeweils mit einer halben Stunde Reserve.

Die Rotoren lassen sich so platzsparend einklappen, dass das Dreirad Pal-V auch in einer Tiefgarage geparkt werden kann.

Die Rotoren lassen sich so platzsparend einklappen, dass das Dreirad Pal-V auch in einer Tiefgarage geparkt werden kann.

Quelle: Pal-V

Am Boden wird das Auto von einem Benziner angetrieben, der 100 PS Leistung hat. Er beschleunigt das Auto mit eingeklappten Rotoren in unter neun Sekunden von 0 auf 100 km/h. Der Verbrauch soll bei 7,6 Liter Super liegen, das bedeutet eine Reichweite von 1.300 km. Der Tank, aus dem beide Motoren mit Kraftstoff versorgt werden, fasst 100 Liter.

Führerschein und Privatpilotenlizenz erforderlich

Der Rotor erreicht einen Durchmesser von knapp elf Metern und lässt sich zusammen falten. Aus welchem Material er gefertigt wird, verrät das Unternehmen nicht. Auch zum Auto selbst liefert Pal-V nur wenige technische Daten.

Bevor die Kunden allerdings in die Luft steigen können, müssen sie erst noch einmal die Schulbank drücken. Denn ein Autoführerschein genügt nicht, um den Pal-V zu fliegen. Der genügt nur für die Bewegung auf dem Boden. In der Luft gilt der Pal-V als Klein-Hubschrauber. Und für den braucht man eine Privatpilotenlizenz.

Das fliegende Auto Lilium-Jet auf dem Dach eines Hochhauses: 2018 wollen junge Ingenieure aus Bayern die Kombination aus Kleinflugzeug und Auto auf die Straße und die Luft bringen. 

Das fliegende Auto Lilium-Jet auf dem Dach eines Hochhauses: 2018 wollen junge Ingenieure aus Bayern die Kombination aus Kleinflugzeug und Auto auf die Straße und die Luft bringen.

Quelle: Lilium Aviation

Ingenieure der TU München wollen schneller sein

Ob die Niederländer wirklich die ersten sind, die ein Flugauto in Serie bauen und ausliefern, wollen aber Ingenieure der TU München verhindern. Auch sie wollen 2018 das erste Auto produzieren. Ihr Lilium Jet ist allerdings deutlich schneller als das Flugauto Pal-V und kann sogar senkrecht starten und landen auf einer nur 15x15m kleinen Fläche.

Fahrender Kippflügler TF-X: Nach dem Start kippen die Rotoren nach vorne. Der TF-X fliegt dann wie ein gewöhnliches Flugzeug.

Fahrender Kippflügler TF-X: Nach dem Start kippen die Rotoren nach vorne. Der TF-X fliegt dann wie ein gewöhnliches Flugzeug.

Quelle: Terrafugia

Und wer arbeitet noch an Flugautos? Das amerikanische Start-up Terrafugia hat das fliegende Auto TF-X entwickelt und schon eine Genehmigung für Testflüge.

In die Tat umgesetzt hat diese Idee auch schon Stefan Klein, Co-Gründer von Aeromobil mit Sitz in Bratislava in der Slowakei. Das Flugauto Aeromobil 3.0 hat schon seine ersten Runden in Wien gedreht – am Boden und in der Luft. Allerdings ist das Gerät 2015 aus 300 m abgestürzt, ohne dass Chefkonstrukteur Klein verletzt wurde. 2017 soll das Aeromobil auf den Markt kommen.

Kann auch fliegen: das Aeromobil des slowakischen Ingenieurs und Industriedesigners Stefan Klein.

Kann auch fliegen: das Aeromobil des slowakischen Ingenieurs und Industriedesigners Stefan Klein.

Quelle: Aeromobil.com

An einem militärischen Flugauto arbeiten israelische Ingenieure. Ihr Auto soll 2020 fertig sein.

 

Ein Beitrag von:

  • Axel Mörer-Funk

    Axel Mörer-Funk ist Gesellschafter der Medienagentur S-Press in Bonn. Nach einem Volontariat beim Bonner Generalanzeiger und dem Besuch der Journalistenschule Hamburg arbeitete er u.a. als freier Journalist für dpa, Bunte und Wirtschaftswoche.

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