Happy Birthday: Kabelfernsehen feiert 40. Geburtstag
Die älteren unter den Lesern kennen noch das Testbild und eine auf drei begrenzte Anzahl an Programmen. Mit dem Start des Kabelfernsehens am 1. Januar 1984 änderte sich dies allmählich. Heute können TV-Konsumenten rund um die Uhr unter einer Vielzahl an Fernsehprogrammen wählen.
Vor 40 Jahren begann in Deutschland die Ära des Kabelfernsehens. Am 1. Januar 1984 startete Sat1 (ursprünglich PKS) als erster privater Sender im Kabelnetz, gefolgt von RTL plus am darauffolgenden Tag. Dies markierte nicht nur den Beginn des Kabelfernsehens, sondern auch den des Privatfernsehens. Die Entwicklung des Kabelfernsehens ist eng verknüpft mit technologischen Fortschritten, wirtschaftlichen Faktoren, politischen Entscheidungen und dem Wandel in der Medienlandschaft. Heute, im Zeitalter des Streamings, sieht sich das lineare Fernsehen großen Herausforderungen gegenüber. Die Programm-Anbieter müssen auf diese Entwicklungen reagieren. Für Verbraucher steht ebenfalls eine Veränderung an: Ab Mitte 2024 können Millionen Mieter die Kosten für Kabelfernsehen nicht mehr über die Nebenkosten der Miete abwickeln.
Kleinere Kabelnetze ab 1972
Ab 1972 startete die Deutsche Bundespost den Aufbau lokaler Kabelnetze, um Fernseh- und Hörfunkprogramme zu übertragen. Erst 1982 begann die Errichtung von flächendeckenden Breitband-Kabelnetzen. Diese Entwicklung ermöglichte es, private TV-Anbieter in Deutschland zuzulassen und die Anzahl verfügbarer TV-Programme zu erhöhen.
Dies Zulassung privater Sender war laut damaliger Rundfunk-Urteile nur unter der Bedingung erlaubt, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk die Grundversorgung sicherstellte. Zu dieser Zeit waren die Kapazitäten für terrestrische Fernsehübertragungen begrenzt. Über Antenne konnten nur die beiden öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF empfangen werden, ergänzt durch ein regionales drittes Programm der ARD, wie beispielsweise NDR, WDR oder SDR.
1984 starteten die ersten Kabel-Pilotprojekte
Ab 1984 starteten die ersten neuen Fernsehprogramme, anfänglich in Kabel-Pilotprojekten in Städten wie Ludwigshafen, München, Dortmund und Berlin. Drei Jahre später, am 3. April 1987, etablierte ein Rundfunkstaatsvertrag das duale Rundfunksystem in Deutschland, bestehend aus öffentlich-rechtlichem und privatem Radio sowie Fernsehen.
Dies markierte die Geburt des dualen Rundfunksystems, in dem Privatsender wie Pro7, Vox oder RTL2 als Pendant zu den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten fungierten. In der Folge kamen weitere private Sender hinzu. Heute umfasst das Kabelnetz 148 TV-Programme und 350 Radiosender, angeboten von einer Vielzahl von Programm-Anbietern.
Meilensteine des Fernsehens in Deutschland | |
1905 | Erste Bildzeichen-Übertragung: Max Dieckmann nutzt die Braun’sche Röhre zur Bewegung und Aufzeichnung von Bildpunkten. |
1931 | Erstes Fernsehgerät: Auf der Berliner Funkausstellung zeigt Manfred von Ardenne das erste elektronische Fernsehgerät. |
1935 | Erster Fernsehsender: Start des ersten regelmäßigen Fernsehprogramms der Welt, der Sender heißt „Paul Nipkow“ und sitzt in Berlin. |
1952 | Täglicher TV-Sendebetrieb: Der Nordwestdeutsche Rundfunk (NWDR) nimmt wieder den offiziellen Sendebetrieb auf. |
1954 | Eurovision: Zum Austausch von Programmen gründen die europäischen Sendeanstalten die Eurovision. |
1967 | Farbfernsehen: Der damalige Bundespräsident gibt den Startschuss für das Farbfernsehen, das ZDF strahlt die erste Fernsehshow in Farbe aus. |
1972 | Videorekorder: Sony stellt den ersten Kassetten-Videorekorder im japanischen Format U-matic vor. |
1980 | Videotext: Zur Verbreitung von Textinformationen über TV geht der Teletextdienst in der Regelbetrieb. |
1984 | Kabelfernsehen: In Ludwigshafen startet das erste Pilotprojekt, der erste Privatsender wird gegründet, aus ihm wird ein Jahr später SAT1. |
1989 | Satelliten-Fernsehen: Als erste deutsche Sender starten RTL, SAT1 und ProSieben ihre Ausstrahlung über den Satelliten Astra 1A. |
2003 | Terrestrisches Digital-TV: Im Großraum Berlin wird die analoge Ausstrahlung eingestellt, stattdessen gibt es DVB-T. |
2016/17 | Digitales Fernsehen: Umstellung von DVB-T auf DVB-T2, außerdem zieht das digitale Fernsehen in die Kabelnetze ein. |
Anfangs nur einige tausend Kabelkunden
Mit dem Aufkommen des Privatfernsehens wurde die Einschaltquote zur Schlüsselgröße im Wettbewerb um Werbekunden in der TV-Branche. Insbesondere private Sender führten neue Formate wie Reality-TV, Daily-Soaps und Musik-Shows ein. Parallel dazu wuchs die Anzahl der Kabelhaushalte in Deutschland durch den Ausbau des Kabelnetzes stetig.
Während zu Beginn nur einige tausend Haushalte in einzelnen Städten angeschlossen waren, sind es heute über 30 Millionen. Im Jahr 2023 nutzten etwa 15,9 Millionen Haushalte das Kabelfernsehen. Neben der Satellitenübertragung bleibt das Kabelnetz der primäre Empfangsweg für Fernsehen. Weitere Optionen sind terrestrischer Empfang (DVB-T2), Satellit (DVB-S2) und Internet (IPTV).
Laut einer Studie der AGF Videoforschung werden die Fernsehzuschauer jedoch immer älter. Im Jahr 2022 war das deutsche TV-Publikum im Schnitt 59 Jahre alt – neuer Rekord. Diese schauten pro Tag durchschnittlich 195 Minuten auf die Glotze.
Wegfall der Umlagefähigkeit von Kabel-TV im Sommer 2024
Millionen Deutsche schauen trotz der Beliebtheit von Smartphones, Streamingdiensten und gewandelten Sehgewohnheiten weiterhin Nachrichten, Unterhaltung und Sport im Fernsehen. Diese Vorliebe wird sich auch im nächsten Jahr kaum ändern.
Allerdings steht eine wesentliche Neuerung für Kabel-TV-Kunden an: Ab Mitte 2024 ist es nicht mehr gestattet, die Kosten für das Fernsehen über die Mietnebenkosten zu verrechnen. Dies sieht ein neues Telekommunikationsgesetz vor. Über 12 Millionen Mieter sind davon betroffen. Sie müssen dann einen direkten Vertrag mit einem Fernsehanbieter abschließen, um weiterhin fernsehen zu können.
Vom Fernseh-Netz zur Gigabit-Infrastruktur
Im Jahr 1995 wurde die Bundespost privatisiert und ihr Kabelnetz ging an die Deutsche Telekom über. Die Telekom verkaufte dieses Netz bis 2003 an private Unternehmen. Durch die Aufteilung des Kabelnetzes in regionale Gesellschaften und den Verkauf an verschiedene Investoren begann eine Phase der Modernisierung. Dank neuer Technologien und umfangreicher Investitionen wurde das Netz für bidirektionale Kommunikation (Rückkanalfähigkeit) ausgebaut.
Dies ermöglichte den Betreibern, neben digitalem Fernsehen auch schnelle Internet- und Telefonie-Dienste anzubieten. Nach einer Phase der Zersplitterung wurde das Netz wieder konsolidiert. Vodafone, das Ende 2013 Kabel Deutschland und im Sommer 2019 Unitymedia übernahm, ist nun der größte Kabelnetzbetreiber in Deutschland. Das Unternehmen versorgt 24 Millionen Haushalte und hat etwa 13 Millionen Fernsehkunden.
Ein Beitrag von: