Backgenieure 22.11.2021, 11:25 Uhr

Netflix: Ingenieure backen mobilen Roboter aus Zucker und Sahne

Backkunst trifft Ingenieurwesen: In der Netflix-Serie “Baking Impossible” finden zwei Berufsgruppen zusammen und bündeln ihre Stärken – als Backgenieure.

Bäcker mit Schüsseln

Essbare Roboter und motorgetriebene Segelschiffe aus Sahne: Backgenieure kreieren auf Netflix beeindruckende essbare Technik.

Foto: panthermedia.net/NatalyMayak

Gebackene Segelschiffe, die ferngesteuert Torten über einen Wasser-Parcours bugsieren, oder Roboter, die wahrlich gut schmecken – oder zumindest so aussehen: Die Aufgaben sind komplex und fordern sowohl die Kreativität als auch das technische Know-how der Backgenieure. So heißen die Kandidatinnen und Kandidaten in der Netflix-Produktion “Baking Impossible”. Jeweils ein Bäcker und Ingenieur kommen zusammen, um einzigartige Kreationen zu schaffen, die Technik und Teig beinhalten.

Falls das beim Lesen nicht deutlich genug geworden ist: Ja, es geht wirklich um Ingenieurinnen und Ingenieure, die zusammen mit Bäckerinnen und Bäckern Maschinen … nun ja … backen sollen. Klingt verrückt genug, um die Sendung einmal unter die Lupe zu nehmen.

Netflix: Was ist Baking Impossible?

Die amerikanische Fernsehserie ist ein 8-teiliger Wettbewerb, der aktuell auf Netflix ausgestrahlt wird. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer treten in Zweierteams an und haben die Chance, mit ihren essbaren Kreationen 100.000 US-Dollar Preisgeld zu gewinnen. In jeder Episode wird eine andere Backaufgabe gestellt, die einen technischen Stresstest bestehen muss. In Folge 1 etwa kreieren die Ingenieure und Bäcker ein essbares Segelboot, das in 45 Sekunden mindestens sechs Meter weit segeln muss. Die Backgenieure, die sich zuvor noch nie getroffen haben, steuern ihr gebackenes Boot mit einer Konsole. Der Rest funktioniert nach bekanntem (man möchte fast sagen: altbackenem) Challenge-Show-Prinzip: Nach jeder Folge muss ein Paar die Show verlassen. Die Gewinner der jeweiligen Mission erhalten hingegen einen Bonus und dürfen zum Beispiel vorab einen Blick auf den kommenden Stresstest werfen.

Bewertet werden sowohl der Erfolg beim Technik-Stresstest als auch der Geschmack der Backwaren. In der Jury sitzen Andrew Smyth, Joanne Chang und Hakeem Oluseyi. Moderiert wird die Show von Justin Willman. Smyth ist Raumfahrtingenieur und leidenschaftlicher Bäcker; die amerikanische Köchin Chang besitzt die Kette Flour Bakery. Und Hakeem Oluseyi ist Astrophysiker. Die Jury besticht also sowohl in ingenieurfachlichen wie gebäckgeschmacklichen Fragen Kompetenz.

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Bakineering: Werke zwischen Genie und Wahnsinn

Was in der Sendung auf Netflix präsentiert wird, ist nicht selten wirklich verblüffend: Ein gebackenes Piratenschiff oder eine komplette Minigolfstation aus Kuchenböden, Creme und Schrauben. Die Backwerke sind schön anzuschauen und scheinen auch zu schmecken – wenngleich Jurorin Joanne Chang stets kritisch verkostet: „Ich bin wahrlich begeistert von deinem Törtchen, aber ich hätte mir etwas mehr Raffinesse gewünscht“. Sätze wie diesen hören die Kandidatinnen und Kandidaten nicht selten. Die Aufmachung und Präsentation der Show ist durch die Europabrille betrachtet sehr typisch US-amerikanisch – mit viel Pathos, Bling Bling und einstudierten Sprüchen; irgendwo zwischen Shopping-TV und „Wetten, das..?“.

Für Technikinteressierte sind die Lösungen der Kandidatinnen und  Kandidaten indes mindestens so interessant wie für Backfans. Dass die technischen Stresstests alles andere als einfach sind, wird schon in Folge 1 deutlich. Kaum ein essbares Segelboot schafft es durch einen eigens ausgeklügelten windigen Wasserkanal. So manches Schiff sinkt bereits, als es zu Wasser gelassen wird. Haben die Bäcker und Ingenieure die physikalischen Gesetze nicht genügend berücksichtig und ist das Schiff zu schwer beladen oder ungünstig geformt, gluckert die Köstlichkeit ab. Fail des Ingenieurs oder des Bäckers? Egal – gewonnen und verloren wird im Team.

Tasse just one more episode netflix

Auf Netflix kreieren die Teilnehmer bei „Baking Impossbible“ essbare Ingenieurkunst.

Foto: panthermedia.net/nicomaderna@gmail.com

“Ich habe mich in Roboter verliebt”

Wie groß die Leidenschaft bei den Ingenieuren und Ingenieurinnen ist, zeigen uns die Netflix-Produzenten mit kurzen Interviews während der Show. Menuka, 41, Ingenieur aus Winnetka im US-Bundesstaat Kalifornien, sagt über die ihm übertragene Roboter-Backaufgabe: „Ich liebe lebensechte Roboter, ich bin ja auch Spielzeug-Designer. Ich hab mich in Roboter verliebt, denn ich bin von klein auf Star-Wars-Fan.“ Seine Backpartnerin ist Brandi, 21, Bäckerin aus Lexington in Kentucky. Sie backt “Sachen, die Ihr nicht auf Pinterest findet”. Ihr gebackener Roboter besteht tatsächlich aus einer verrückten Idee: Baby-Skorpion-Eier aus Kokos-Keks, Kokosnuss-Limetten-Creme und Mascarpone-Creme als Garnierung. Das entlockt der Jury ein langgezogenes “Oooooh”. Währenddessen tüfteln die Ingenieure an der Hardware für das Roboterrennen: Ja, der Teig-Roboter soll sich am Ende tatsächlich fortbewegen. Design des Backstücks und Funktionalität der Technik müssen zusammenpassen, denn jeder essbare Roboter muss für die Challenge durch einen Parcours fahren. Unter anderem muss der Candy-Roboter einen Zuckerstangen-Slalom überwinden. Am Ende haben die wenigsten Roboter den Stresstest bestanden.

Kuka wird zuckersüß: Weltweit erster Schokoladenroboter serviert Pralinen

Einen Einblick in Baking Impossible bietet dieses Video:

Wer seine gebackenen technischen Kreationen nicht sorgfältig testet, verliert. Das zeigt die dritte Aufgabe. Die Wiedergabe der Aufgabenstellung zwingt uns zu diesem Satz: Eine Kettenreaktionsmaschine, an der fast alles essbar ist, soll durch einen Ball aus Isomalt angetrieben werden. Der Ball wirft zum Beispiel Dominosteine um, die wiederum weitere Mechanismen in Gang bringen – sofern der Aufbau aufgeht. Mangelnde Tests lassen das Vorhaben oft scheitern. Das weiß auch Juror Oluseyi: „Lasst es euch eine Lehre sein. Ihr müsst immer testen.“ Nun – nicht umsonst gibt es den Beruf des Testingenieurs.

Essbare Ingenieurleistung zum Streamen auf Netflix

Die Backingenieure haben Zugriff auf eine Vielzahl von Geräten – darunter eine CAD-Zeichnungssoftware, Drähte und Laserschneider. Zu wissen, wie man diese verwendet, um technische Prinzipien mit Zucker und Mehl zu kombinieren, ist schwerer als man denkt. Eine Teilnehmerin formuliert es so: „Problemlösung war für mich ein großer Teil der Show. Jede Mission begann mit Einschränkungen, und wir mussten mit diesen Einschränkungen arbeiten, um eine Hypothese aufzustellen, sie zu testen, zu drehen und anzupassen, damit das Design funktioniert. Es ist so: Wie nimmt man diese lächerlich schwierigen Herausforderungen an und reduziert sie in etwas, das ich mit Rice Krispies machen kann?“

Leuchtende Schokolade ohne Zusatzstoffe

Physik, Mathematik, Elektrotechnik und Materialwissenschaften kommen in der Serie zusammen – das Ergebnis sind kreative Backerzeugnisse. Die Netflix-Serie soll, so der Anspruch, dazu inspirieren, kreative Berufswege einzuschlagen. Um es mit ein bisschen Zuckerschaumpathos im Stil der Show zu formulieren: Netflix‘ „Baking Impssible“ zeigt, was alles möglich ist, wenn ganz unterschiedliche Berufszweige zusammenfinden. Und das ist doch auf jeden Fall auch was wert.

Ein Beitrag von:

  • Peter Sieben

    Peter Sieben schreibt über Forschung, Politik und Karrierethemen. Nach einem Volontariat bei der Funke Mediengruppe war er mehrere Jahre als Redakteur und Politik-Reporter in verschiedenen Ressorts von Tageszeitungen und Online-Medien unterwegs.

  • Sarah Janczura

    Sarah Janczura

    Sarah Janczura schreibt zu den Themen Technik, Forschung und Karriere. Nach einem Volontariat mit dem Schwerpunkt Social Media war sie als Online-Redakteurin in einer Digitalagentur unterwegs. Aktuell arbeitet sie als Referentin für Presse und Kommunikation beim VDI e.V.

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