Österreich will UKW-Radios verbieten: DAB+ lahmt weiter
So richtig gut verkaufen sich die neuen Radiogeräte mit dem Standard DAB+ immer noch nicht. Um die digitalen Empfänger durchzusetzen, denkt man in Österreich sogar über ein Verbot reiner UKW-Radios und andere drastische Maßnahmen nach. Gar so schlimm wird es in Deutschland nicht. Aber fast …
Die ganz alten Leute erinnern sich, dass es beim Radio sogar mal eine Langwelle gab. Radio hören konnte man erst, wenn die Röhren auf Temperatur gekommen waren. Das war die Zeit, als Konrad Adenauer noch Kanzler war.
Aber heute? Selbst die Mittelwelle ist ja schon leise begraben worden. Jene mühsame und doch irgendwie spannende Feinjustierung bei der Sendersuche zwischen Rauschen und Fiepen gibt es nicht mehr – hierzulande hat das Deutschlandradio im Jahr 2015 als letzter Sender die entsprechenden Frequenzen abgeschaltet.
Geräte für DAB+ noch wenig verbreitet
Und nun soll auch noch mit UKW Schluss sein, weil der Standard DAB+, der 2011 in Deutschland eingeführt wurde, unbedingt durchgesetzt werden soll. Das ist ein ebenfalls terrestrisch verbreiteter, aber digitaler Standard, der nach Ansicht seiner Befürworter eine Menge Vorteile bietet: störungsfreier Empfang, der auch im Auto unterbrechungsfrei funktioniert, Zusatzinformationen wie Bild und Text, automatische Sendersuche und einiges mehr.
Für die Sender besteht der Vorzug aber vor allem darin, dass die Technik am Ende viel billiger sein kann, weil sie nicht eine Unzahl an Sendemasten und teuren Frequenzen erfordert.
Die Kundschaft steigt aber nicht so recht auf die neue Technik ein. Zwar meldet die Initiative Digitalradio, hinter der unter anderem einige ARD-Sender und das Deutschlandradio stehen, dass die Nutzung von DAB+ von 2013 auf 2014 um „satte 80 Prozent gestiegen“ sei. Absolute Zahlen nennt sie an dieser Stelle aber nicht, und das mit gutem Grund: Nach dem Digitalisierungsbericht 2015 der Landesmedienanstalten sind von den insgesamt 194 Millionen Hörfunkempfängern in deutschen Haushalten immer noch ganze 3,3 Prozent Digitalgeräte. Und das, obwohl man schon seit 1997 versucht, DAB (damals noch ohne „+“) in den Markt zu drücken.
Bald UKW-Verbot in Österreich?
In Österreich sieht es mit dem Wachstum noch schwächer aus. Der Verband der Privatradios dort fordert deshalb jetzt radikale Maßnahmen: Handyhersteller sollen verpflichtet werden, DAB+-Chips in ihre Geräte einzubauen, Autohersteller sollen nur noch Digitalradios einbauen, und UKW soll überhaupt einfach verboten werden. Nicht sofort, aber in ein paar Jahren. Hintergrund ist eine Studie der österreichischen Regulierungsbehörde, die besagt, dass DAB+ ohne massive Unterstützung kaum in die Puschen kommen werde.
Irre, die Österreicher? Obwohl … völlig abseitig sind solche Gedankenspiele auch in Deutschland nicht. Zumindest die Abschaltung von UKW wird schon seit Jahren diskutiert und wird wohl um das Jahr 2025 tatsächlich kommen. Die Länder-Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) hatte 2014 sogar schon mal den Termin 2018 gefordert.
Davon ist nicht mehr die Rede, und zwar schon deshalb, weil die großen Spieler der Branche massive Hörerverluste fürchten, wenn man die Verbraucher allzu sehr drängt. Die österreichische Regulierungsbehörde räumt ja auch ganz offen ein, dass man ohne Zustimmung der beiden reichweitenstärksten Sender Ö3 und „Kronehit“ UKW nicht werde abschaffen können.
Deutschlandradio zählt zu den Vorreitern
In Deutschland wäre man dann wohl auf die Unterstützung des Privatsenders Antenne Bayern und der WDR-Jugendwelle 1Live angewiesen, die die meisten Hörer haben. Indes: Vor allem innerhalb der ARD herrscht noch keine Einigkeit. Besonders offen für DAB+ zeigt sich erstaunlicherweise das sonst eher klassisch-biedere Deutschlandradio.
Sein Intendant Willi Steul beschreibt das UKW-Dilemma plastisch. Man betreibe 320 UKW-Sender und erreiche doch nicht die Menschen in ganz Deutschland. „In Bayern erreichen wir mit dem Programm Deutschlandradio Kultur nur etwa 20 Prozent der Bayern!“, beklagt Steul. Und das, obwohl jeder Haushalt in seinem Rundfunkbeitrag monatlich schon 48 Cent allein für das Deutschlandradio zahle.
Die KEF drängt dementsprechend zum Handeln und stellt in ihrem zwanzigsten und jüngsten Bericht aus diesem Frühjahr fest: „Der Umstieg auf das im Vergleich zu UKW kostengünstigere DAB+ kann nicht gelingen, wenn es nicht zu klaren Festlegungen von Bundesregierung, Bundestag und Ländern zu DAB+ kommt und ein realistischer Abschaltzeitpunkt für UKW beschlossen wird.“ Die Kommission nennt einen längeren gleichzeitigen Betrieb zweier Verbreitungswege „unwirtschaftlich“. Das wird verständlich, wenn man die von der KEF zugleich anerkannten Bedarfe für „das Entwicklungsprojekt Digitaler Hörfunk“ betrachtet: 89,4 Millionen Euro für die ARD, allein 63,6 Millionen für das Deutschlandradio.
Über DAB+ sind schon heute zum Beispiel in NRW 23 Sender zu empfangen, In Bayern sogar schon 69. Also: UKW wird verschwinden. Auch in Deutschland. Und es dauert nicht mehr lange.
Ein Beitrag von: