Schallplatten restaurieren so gut wie im Tonstudio
Eine sehr interessante PC-Anwendung im Audiobereich ist die klangliche Überarbeitung von Vinylschallplatten. Durch den enormen Fortschritt in der Leistungsfähigkeit moderner PCs lassen sich Restaurierungen vornehmen, die bisher nur Profis möglich waren.
Faszinierend ist der Gedanke allemal: Die LP-Sammlung auf CD-R übertragen, so für immer konservieren und gleich noch die Knackser und das Rauschen entfernen. Viele Ansätze hat es gegeben, meist verbunden mit deutlichen Klang-Artefakten. Aufwendige Verfahren der professionellen Studiotechnik führten zu sehr guten Resultaten. Die gibt es jetzt auch für den heimischen PC.
Mit derartiger Software lassen sich neben verkratzten Analogplatten auch historische Aufnahmen und verrauschte Kassetten restaurieren, das Ganze effizient und komfortabel. Die getesteten vier PC-Programme brennen alle gleich aus der Software heraus die Musik auf CD-Rs.
Bevor die Software eingesetzt werden kann, muss jedoch erst einmal der Computer entsprechend ausgerüstet sein (s. Aufrüstprojekt Audio-PC). Fein raus ist, wer bereits einen solchen Hi-Fi-PC sein eigen nennt. Nach der – recht einfachen – Installation der Software geht es direkt ans Werk.
Die analoge Musik muss von der Schall- auf die Festplatte des PCs. Sie fungiert als großer Zwischen- und Arbeitsspeicher, auf den pro GByte etwa 100 min Musik in CD-Qualität aufgezeichnet werden können. Vor der Aufnahme muss die analoge Musik in digitale Samples gewandelt werden, was mit dem Analog/Digitalwandler geschieht.
Über eine sehr gute Soundkarte kann dazu der Direkteingang der Karte dienen. Meist ist es aber besser, einen vorhandenen Digitalrekorder mit hochwertigem A/D- Wandler zu nutzen und den Digitalausgang dann mit einer PC-Digitalkarte zu verbinden. So bleiben die oft nur schwer vermeidbaren Störeinstrahlungen der PC-Elektrik außen vor, denn sie können dem Digitalsignal nichts anhaben. Die Aussteuerung erfolgt entweder am Digitalrekorder oder über die Extra-Rekorder-Funktionen der Restaurierungs-Software,
Das Programm speichert die Musik im Wave-Format, das jede andere Audio-Software versteht. Die Aufnahme einer ganzen LP-Seite kann zunächst in einem Stück erfolgen. Erst nach der Restaurierung wird aus jedem Titel eine einzelne Wave-Datei erzeugt, damit die CD-R später in Einzeltitel unterteilt werden kann. Die preiswerteste Software Clean von Steinberg erledigt die Trennung sogar automatisch.
Ein sensibler Punkt ist das Herausschneiden der Pausen im Wave-Editor. Es darf auf keinen Fall vor der Restaurierung erfolgen. Vielmehr sollten einige Sekunden von der Leerrille vor dem ersten Stück mit aufgenommen werden. Für den Entrauschvorgang nimmt die Software nämlich einen Fingerabdruck von der Störung, die danach aus dem gesamten Musikstück herausgerechnet wird. Diese Methode wird auch von professionellen Mastering-Studios angewendet. Sie führt zu exzellenten Resultaten. Nur Clean arbeitet ohne Fingerabdruck, was die Bedienung vereinfacht aber auch nicht zu so guten Resultaten führt.
Ein anderer Vorgang ist das Entknacken mit der Decklick-Funktion. Dafür wird ein spezielles Filter eingesetzt, das die sehr kurzen Nadelimpulse wirksam entfernt. Um besonders hartnäckige Kratzergeräusche zu eliminieren, ist auch eine individuelle Analyse möglich. Für die Restaurierung alter Bandaufnahmen ist die Dehiss-Funktion zuständig. Damit geht“s Zischlauten und sonstigen Breitbandgeräuschen an den Kragen.
Zudem gibt es Klang- und Schnittwerkzeuge sowie Spezialfilter für Brummen etc. Sehr hilfreich sind die Fader-Funktionen. Ein-, Aus- und Überblenden lassen sich leicht durchführen. Für das Normalisieren (Pegeloptimierung) empfiehlt sich, nicht auf Maximalpegel, sondern auf zwei Dezibel darunter zu gehen. Die beiden Programme mit Profianspruch, Testsieger Millenium von Diamond Cut und Dart Pro 32 von Dartech, lassen hier keine Wünsche offen.
Außer bei Clean erfolgt die Bedienung über Pull-Down-Menüs. Dahinter versteckt sich eine sehr umfangreiche Funktionsvielfalt. Anfänger können sich so mit den Voreinstellungen direkt ans Werk machen, während fortgeschrittene Restaurierungsfans mit verfeinerten Einstellungen auch noch das letzte Quäntchen herausholen.
Bei Clean ist die Benutzeroberfläche in ihrer Größe nicht veränderbar. Der Grund dafür dürfte in der Vielzahl der Bedienungselemente liegen, die als Tasten und Schieber ausgeführt sind. Sie bilden so die Basis für eine sehr einfache Bedienung. Für die Aufnahmekontrolle gibt es eine Reihe von Tasten, die exakt denen von Hi-Fi-Rekordern entsprechen. Wichtig für die gleichzeitige Anwendung mehrerer rechenaufwendiger Restaurierungsfunktionen ist bei Clean jedoch ein schneller Prozessor. Unter 500 MHz macht Clean nicht alles gleichzeitig. Die Ergebnisse sind sehr ordentlich. Zwar lässt sich mit den teureren Profi-Werkzeugen noch mehr herausholen, das allerdings für mehr Geld und erheblich intensivere Beschäftigung mit der Software. REINHARD PAPROTKA
Freigehämmert: Restaurierungssoftware zur Wiederherstellung alter Schallplatten befreit deren Sound von Knister
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