USA veröffentlichen bislang geheime Filme von Atombombentests
Das sind Filme, die unter die Haut gehen. Filme von Atombombentests. Filme, die keine Simulationen zeigen, sondern tatsächliche Explosionen von Atombomben aus den Jahren 1945 bis 1962. Filme, die bislang geheim und unter Verschluss waren. Und jetzt kann man sie auf Youtube anschauen.
Diese Playlist hat es in sich: 63 Videos hat das amerikanische Forschungszentrum für Kernwaffen, das Lawrence Livermore National Laboratory, ins Netz gestellt. Es sind Aufnahmen von Atombombentests, die die Öffentlichkeit noch nicht gesehen hat. Rund 10.000 Filme soll es von den 215 Atombomben geben, die die USA zu Testzwecken gezündet haben.
Filme kurz vor dem Zerfall
Doch die klassischen Filmrollen sind inzwischen so alt, das sie kurz vor ihrem physischen Zerfall stehen. Gelagert wurden sie in irgendwelchen Schränken, verteilt auf die gesamten USA. Seit fünf Jahren sind der Kernwaffenphysiker Greg Spriggs sowie Film- und Recherchespezialisten des Lawrence Livermore National Laboratory auf der Suche nach den einzigartigen Dokumenten, um sie zu sichern, zu restaurieren und zu digitalisieren.
Ein Großteil der Filme, aufbewahrt in luftdichten Filmdosen, hat die lange Lagerung vergleichsweise gut überstanden, andere rochen schon stark nach Essig, ein Indiz auf die Zersetzung des Filmmaterials. „Wir mussten die Daten jetzt in digitaler Form sichern, um die Zerstörung zu verhindern“, erklärt Forscher Spriggs in einem weiteren Video, das zur Einführung vor die 63 Videos geschaltet ist. Darin erläutert Spriggs die Suche nach den Videos und deren Rettung.
215 Atombomben für Testzwecke gezündet
Neben den beiden Atombomben in Hiroshima und Nagasaki zündeten die USA zwischen dem 16. Juli 1945 und dem 4. November 1962 insgesamt 215 weitere Atombomben. Davon wurden fünf unter Wasser getestet, 210 explodierten in der Atmosphäre, meistens in der Wüste von Nevada, aber auch auf Atollen. Stets wurden die Explosionen von Hochgeschwindigkeitskameras mit bis zu 2.400 Bildern pro Sekunde aus verschiedensten Perspektiven aufgenommen.
Von den 10.000 Filmen, die existieren sollen, hat das Forschungszentrum inzwischen rund 6.500 gefunden. Davon wurden 4.200 digitalisiert. Für 750 Filme haben die US-Behörden die Geheimhaltung aufgehoben, so dass sie nun öffentlich gezeigt werden können. Und von diesen Filmen stehen nun 63 auf Youtube im Kanal des Forschungszentrums.
Scanner aus Hollywood für die Digitalisierung genutzt
Die Digitalisierung war allerdings nicht ganz einfach. Das lag an dem hochauflösenden, analogen Filmmaterial. Kein üblicher Scanner war in der Lage, diese Filme zu digitalisieren. Ein Jahr lang suchte Spriggs nach einem Gerät, das er schließlich in Hollywood fand.
Während nun Interessierte die Filme im Netz anschauen können und einen Eindruck von der Gewalt der Explosionen bekommen, sind die Filme für Wissenschaftler ein Datenschatz. Denn die Filme und ihre Datenblätter werden nun neu analysiert. Dabei hat Spriggs auch schon neue Erkenntnisse gewonnen, beispielsweise über den Detonationsverlauf unterschiedlicher Bombenkonstruktionen und die freigesetzte Energie.
1.000 Analytiker werten die Filmdaten aus
Derzeit sind 1.000 Analytiker damit beschäftigt, die Filme neu auszuwerten. Dabei wird auch ein automatisiertes Analyseverfahren genutzt. Üblicherweise dauert die Analyse von zwei Sekunden Film manuell etwa acht Stunden, der Computer mit einer neuen Analysesoftware benötigt dafür nur fünf Minuten. „Wir haben neue Erkenntnisse über diese Detonationen gewonnen, die niemand vorher gekannt hat“, sagt Spriggs.
Da es derzeit keine Atombombentests der USA mehr in der Atmosphäre gibt, sind die Daten, die Spriggs neu gewinnt, von großer Bedeutung. Sie erlauben einen Vergleich mit den Simulationen, die jetzt in Computern erfolgen. Zudem lassen sich die neu gewonnen Daten mit den Daten etwa der Atombombentests vergleichen, die Nordkorea durchführt.
Bis alle Filme neu analysiert sind, wird es nach Spriggs’ Einschätzung noch zwei Jahre dauern.
Hier lesen Sie, wie 1938 die deutschen Forscher Otto Hahn und Fritz Straßmann sowie die Physikerin Lise Meitner die Kernspaltung entdeckten, die dann 1945 zum Abwurf der ersten Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki durch die USA führte.
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