5G-Operationssäle: Effizientere Eingriffe dank KI
Ein deutsch-französisches Forschungsteam hat moderne, hybride Operationssäle entwickelt, die durch 5G-Netze und Unterstützung von KI neue Möglichkeiten für sicherere, effizientere und wirtschaftlichere Operationen eröffnen. Das Projekt 5G-OR ebnet den Weg für neue Anwendungen wie Telechirurgie und robotergestützte Assistenz.
In Zeiten wirtschaftlichen Drucks und Personalmangels im Gesundheitswesen suchen Krankenhäuser nach neuen Lösungen, um Operationen effizienter, sicherer und kostengünstiger durchzuführen. Das interdisziplinäre deutsch-französische Projekt 5G-OR (Establishing the next generation of a 5G-enabled operating room ecosystem to improve patient outcome) hat sich dieser Herausforderung angenommen und zukunftsweisende Technologien für den Operationssaal entwickelt. Durch den Einsatz von 5G-Netzen und Künstlicher Intelligenz (KI) eröffnen sich neue Möglichkeiten, die nicht nur die Patientensicherheit verbessern, sondern auch die Arbeitsabläufe im OP optimieren. Das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderte Projekt vereint öffentliche und industrielle Forschung, um die Zukunft der Chirurgie zu gestalten.
Die wirtschaftliche Situation vieler Krankenhäuser ist angespannt. Laut einer Umfrage von Roland Berger haben sieben von zehn Kliniken das vergangene Jahr mit Verlusten abgeschlossen. Um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben, sind neben Konsolidierungsmaßnahmen und Modernisierungen auch Kooperationen und Fusionen wichtige Bausteine für eine nachhaltige Ausrichtung. Hinzu kommt der akute Mangel an medizinischem und Pflegepersonal, der die Situation zusätzlich verschärft. Genau dort setzt das Projekt 5G-OR an, indem es Technologien entwickelt, die nicht nur die Effizienz steigern, sondern auch das Personal entlasten und den Patientinnen und Patienten mehr Sicherheit bieten. Durch den Einsatz von 5G und KI können Daten in Echtzeit ausgewertet, Anomalien frühzeitig erkannt und Arbeitsabläufe zum Positiven verändert werden – ein wichtiger Schritt in Richtung zukunftsfähiger Gesundheitsversorgung.
5G-OR: Grenzüberschreitende Hightech-Lösungen
Das Projekt 5G-OR brachte Experten aus verschiedenen Disziplinen an drei Standorten zusammen: Mannheim, Berlin und Straßburg. Ingenieurinnen und Ingenieure, Unternehmerinnen und Unternehmer, Chirurginnen und Chirurgen sowie Fachpersonal aus dem Anästhesiebereich arbeiteten Hand in Hand, um hybride Operationssäle mit intraoperativen Bildgebungssystemen zu entwickeln. Beteiligt waren renommierte Institutionen wie das Fraunhofer IPA, das Institut Hospitalo-Universitaire (IHU) in Straßburg, die Charité Berlin sowie Unternehmen und Start-ups wie SectorCon GmbH, KARL STORZ SE Co., b<>com und RDS (Rhythm Diagnostic Systems). Gemeinsam verfolgten alle das Ziel, die Komplikationsrate bei chirurgischen Eingriffen zu senken und den Workflow in den Operationssälen zu verfeinern. Denn noch immer treten bei acht bis zwölf Prozent aller Krankenhausaufenthalte medizinische Behandlungsfehler auf – eine Herausforderung, der sich das Projekt 5G-OR stellt.
Die Einführung der 5G-Technologie spielt eine zentrale Rolle: Durch die schnelle und zuverlässige drahtlose Kommunikation können große Datenmengen in Echtzeit ausgetauscht werden, was die Vernetzung verbessert und Fehlerquellen reduziert. Gleichzeitig ermöglicht der Einsatz von KI eine präzisere Analyse von OP-Daten schon während der chirurgischen Eingriffe. Zudem unterstützt sie den Einsatz von Robotik in der Medizin. Sascha Treskatsch, Klinikdirektor in der Charité, ist von den Möglichkeiten überzeugt: „Die Verarbeitung einer Vielzahl multimodaler Datensätze in Echtzeit wird die Überwachung von Patientinnen und Patienten im Krankenhaus und insbesondere im Operationssaal während einer Anästhesie verändern. 5G-OR bietet dafür die Grundlage.“ Durch die Kombination von 5G und KI eröffnen sich neue Wege, um Operationen sicherer, effizienter und präziser zu gestalten.
Wegweisende 5G-Anwendungen für den Operationssaal
Im Rahmen des Projekts wurden vier Anwendungen in die Praxis umgesetzt. Zum einen entwickelte das Team eine KI-gestützte Überwachung der Vitaldaten mithilfe intelligenter Patches, die Patientinnen und Patienten während des gesamten Behandlungsverlaufs tragen. Die Sensoren zeichnen Vitalparameter auf und übermitteln sie drahtlos an eine überwachte Plattform, wo sie von KI ausgewertet werden. So können mögliche Komplikationen frühzeitig erkannt werden. Zum anderen ermöglicht 5G-OR eine KI-gestützte Analyse chirurgischer Daten in Echtzeit. Während der OP analysiert die KI beispielsweise endoskopische Bilder, Videosequenzen sowie Daten von chirurgischen Instrumenten und Abläufen. Das hilft, den Fortschritt der Operation zu beurteilen und Risiken zu erkennen, aber auch die Arbeitsabläufe zu optimieren. Durch die Kombination von 5G und KI werden völlig neue Möglichkeiten der Datenverarbeitung und -analyse im OP geschaffen.
Eine weitere Anwendung ist die roboterassistierte Telechirurgie. In den Hightech-OP-Sälen können Chirurginnen und Chirurgen mithilfe von Robotern mit haptischem Feedback die Erkrankten aus der Ferne operieren. 5G gewährleistet dabei eine latenzarme Verbindung für den Echtzeitaustausch riesiger Datenmengen während der OP. Diese Technologie kann vor allem bei Notfällen oder Spezialeingriffen von Vorteil sein, wenn Fachleute nicht vor Ort sind. Darüber hinaus entwickelte das Projektteam einen mobilen Roboter, der logistische Aufgaben im OP übernimmt und medizinisches Personal entlastet. Durch die Bereitstellung von Echtzeitdaten sind Präzision, Sicherheit und Zuverlässigkeit gewährleistet. Diese neuartigen Lösungen tragen dazu bei, die chirurgische Praxis weiterzuentwickeln. Der Einsatz von KI und Robotik im OP wird durch 5G-Netze erst möglich und birgt spannendes Potenzial für die Zukunft der Chirurgie.
5G-OR: Internationaler Austausch für die Zukunft
Nach Abschluss des Projekts liegt der Fokus nun darauf, die Technologien der entwickelten Anwendungen in die klinische Praxis zu überführen. Dazu gehören umfangreiche Tests, die Prüfung medizinischer Zulassungen sowie die Suche nach Wegen in den Markt über Industriepartner und Start-ups. Um ein breites Anwenderfeedback zu erhalten und internationale Kooperationen zu stärken, will das Projektteam das Netzwerk erweitern. Johannes Horsch, Projektleiter im Forschungsbereich Gesundheitstechnologien am Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA am Standort Mannheim, betont die Bedeutung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit: „Die enge Kooperation zwischen Deutschland und Frankreich ist nicht nur wichtig, sondern notwendig. Wir ermöglichen damit einen internationalen Datenaustausch und beschleunigen einen Konsens zur Nutzung von KI in OP-Sälen.“ Durch den Einsatz von 5G und KI trägt 5G-OR maßgeblich zur Weiterentwicklung der Chirurgie und Verbesserung der Patientensicherheit in Europa bei – eine interessante Perspektive für die Zukunft des Gesundheitswesens.
Ein Beitrag von: