Antikörper helfen gegen Covid-19
Einem internationalen Forscherteam ist es erstmals gelungen, Antikörper gegen das SARS-CoV-2-Virus zu isolieren. Diese Antikörper konnten in ersten Tests eine Infektion mit Covid-19 tatsächlich verhindern. Könnte daraus ein wirksames Medikament entstehen?
„Es war ein toller Moment, als wir im Experiment sahen, dass die Antikörper tatsächlich die Infektion mit SARS-CoV-2 verhindern konnten. Uns war sofort klar, dass wir eine mögliche Waffe gegen die Pandemie in Händen halten“, sagt Ulfert Rand Leiter und Wissenschaftler der Forschungsgruppe Immunalterung und Chronische Infektionen am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI). Neben dem HZI sind auch Wissenschaftler der Technischen Universität Braunschweig an dem Forschungsprojekt beteiligt, wie Luka Cicin-Sain vom HZI ausdrücklich betont: Insgesamt haben uns viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in unserer Gruppe und am HZI unterstützt und so für einen ausgesprochenen Teamerfolg gesorgt.“
Die entwickelten Antikörper gegen Covid-19 sind in diesem speziellen Fall etwas Besonderes. Sie verhindern nicht nur, dass die Viren in die Wirtszellen eindringen können, sondern sie wurden aus Immunzellen gewonnen, die von gesunden Menschen stammen. Diese hatten bereits vor der Corona-Pandemie Immunzellen für Forschungszwecke gespendet. Mit diesem Ergebnis konnten die Forscher beweisen, dass sich künftig Wirkstoffe und schließlich Medikamente entwickeln lassen gegen bisher noch unbekannte oder neu auftretende Viren – und das relativ schnell und ohne Material von Patienten.
So können Medikamente gegen Viren wie SARS-CoV-2 entwickelte werden
Die Wissenschaftler konnten die Antikörper gegen SARS-CoV-2 vollständig im Reagenzglas erzeugen – und zwar mithilfe einer sogenannten Antikörper-Phagen-Display-Technologie. Als Grundlage setzten sie eine bereits bestehende Antikörperbibliothek ein. Dort sind, vereinfacht gesagt, etwa zwei Milliarden Elemente des Immunsystems abgespeichert, aus denen die Wissenschaftler wählen konnten. Zusätzlich kartierte das Forscherteam bei den Antikörpern, die eine besonders hohe Wirksamkeit gegen Covid-19 aufwiesen, die Bindungsstellen zum Virus. Darüber hinaus modellierte es auch noch die entsprechende molekulare Interaktions-Struktur. Die Phagen-Display-Technologie wird von Wissenschaftlern genutzt, um die Interaktion von Proteinen zu erforschen, die auf der Oberfläche eines sogenannten Bakteriophagen präsentiert werden. Bakteriophagen sind verschiedene Gruppen von Viren, die sich besonders darauf spezialisiert haben, Bakterien als Wirtszellen für sich zu nutzen. Dieses Verfahren wenden Forscher häufig dann an, wenn sie hoch-affine Interaktionen zwischen Antikörpern und Antigenen identifizieren möchten, die zum Beispiel bei der Herausbildung viraler Erkrankungen und auch für Impfstoffe eine wichtige Rolle spielen.
MIT-Forscher auf dem Weg zu einem Covid-19-Medikament
„Neben dem möglichen Nutzen der isolierten Antikörper gegen SARS-CoV-2 demonstriert diese Studie einen Weg, wie in Zukunft Wirkstoffe gegen bisher unbekannte, neu auftretende Viren sehr schnell ohne Patientenmaterial erzeugt werden können“, erklärt Michael Hust von der Technischen Universität Braunschweig. Der Professor für Biotechnologie hat das Projekt bereits im Januar 2020 ins Leben gerufen, um ein Medikamente gegen Corona zu finden. Wichtige unterstützende Arbeit leistete auch Maren Schubert aus der Abteilung Biotechnologie der TU Braunschweig. Sie entwickelte eine neuartige Methode, mit der sich neue Virusbauteile in Insektenzellen produzieren lassen.
Infrastruktur gegen Pandemien wie Covid-19
Die Forscher versprechen sich durch diesen Erfolg einen entscheidenden Vorsprung im Kampf gegen eine Pandemie, insbesondere bei Krankheitserregern, die in weit entfernten Teilen der Welt auftreten. Denn nun könnten Wissenschaftler schon mit der Arbeit an einem Wirkstoff beginnen, bevor in Europa zum Beispiel erste Infizierte mit diesem Virus auftauchen, wie es bei Covid-19 auch möglich gewesen wäre. Die Krankheit war zunächst nur in China präsent gewesen. Sie empfehlen deshalb dringend den Aufbau einer prophylaktisch agierenden Infrastruktur zur Abwehr künftiger Pandemien. Diese bestehe ihrer Ansicht nach am besten aus dem Zusammenschluss zahlreicher Wissenschaftler und forschenden Institute.
„Um gegen zukünftige Pandemien besser gerüstet zu sein, ist es essenziell, langfristig angelegte Studien in der Forschung und Entwicklung zu etablieren“, sagt Dirk Heinz, Wissenschaftlicher Geschäftsführer des HZI. „Ideal wäre eine nationale Plattform für antivirale Wirkstoffe, an deren Konzeption wir gerade mit Partnern arbeiten.“ Einig sind sich alle Wissenschaftler darin, dass sie aufgrund dieser Ergebnisse einen entscheidenden Schritt weitergekommen sind, um gegen zukünftige Epidemien, die durch bis dato unbekannte Infektionskrankheiten ausgelöst werden, schneller und effektiver vorgehen können als bisher.
Studien zu Antikörper-Medikamenten gegen Corona laufen bereits
Weltweit sind weitere Forscherteams damit beschäftigt, Antikörper als Waffe gegen Corona einzusetzen. In den USA werden erste Medikamente bereits erprobt. Auch in Deutschland sind schon klinische Studien mit ähnlichen Antikörper-Präparaten angelaufen. Das Team unter der Leitung des HZI plant, in den nächsten Wochen ebenfalls mit klinischen Studien zu starten.
Mehr zum Thema Corona:
Ein Beitrag von: