Arzneistoff-Partikel und Kanülen für innovative Therapien optimieren
Viele Wirkstoffe liegen in Form von kleinsten Partikeln als Suspension oder Emulsion vor. Wie die Injektion solcher Medikamente besser gelingt, zeigen MIT-Forscher.
Mikropartikel bieten zahlreiche Möglichkeiten für innovative Therapien. Ärzte können beispielsweise mit nur einer Injektion mehrere Dosen bestimmter Medikamente oder Impfstoffe verabreichen. Auch retardierte Arzneiformen, sie setzen Wirkstoffe sukzessive über längere Zeiträume frei, lassen sich so entwickeln. Doch solche Medikamente haben einen Nachteil: Partikel, die etwa die Größe eines Sandkorns haben, lassen sich nur schwierig injizieren, da sie typische Spritzen verstopfen.
Jetzt haben Ingenieure am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge ein Rechenmodell entwickelt, um pharmazeutische Hersteller dabei zu unterstützen, die Injizierbarkeit ihrer Mikropartikel zu verbessern. Ihr Tool analysiert eine Vielzahl an Parametern, darunter die Größe und Form der Teilchen, um eine bessere Anwendbarkeit zu gewährleisten. Mit Hilfe dieses Modells konnten die Forscher den Prozentsatz der Mikropartikel, die sie erfolgreich injizieren, um das Sechsfache steigern.
Injizierbare Partikel: Diese Schwierigkeiten hatten Firmen bisher
Zum Hintergrund: Mikropartikel in pharmazeutischen Anwendungen haben eine Größe von einem Mikrometer bis hin zu 1.000 Mikrometern. Viele pharmazeutischen Hersteller arbeiten mit Partikeln auf der Basis von Polymeren. Etwa ein Dutzend solcher Arzneimittelformulierungen wurden bereits in Europa und in den USA zugelassen. Doch so manches Projekt ist daran gescheitert, weil es Schwierigkeiten bei der praktischen Anwendung gab.
„Das Hauptproblem ist, dass Spritzen verstopfen, und Patienten nicht die richtige Dosis erhalten“, sagt Ana Jaklenec vom MIT. „Viele dieser Medikamente schaffen es nicht über die Entwicklung hinaus, weil die Injizierbarkeit Probleme bereitet.“
Solche Medikamente werden in der Regel intravenös oder unter die Haut gespritzt. Dafür zu sorgen, dass sie erfolgreich ihren Bestimmungsort erreichen, sei ein Schlüsselschritt im Prozess der Arzneimittelentwicklung, so Morteza Sarmadi vom MIT. Doch dieser wichtige Schritt erfolge erst zum Schluss der Entwicklung und würde so manche Zulassung vereiteln.
Prognosen mit einem mathematischen Modell
Um die Injizierbarkeit kleiner Teilchen zu verbessern, analysierten MIT-Forscher experimentell die Auswirkungen einer Veränderung der Größe und Form der Mikropartikel, der Viskosität der Lösung, in der sie suspendiert sind, sowie der Größe und Form der Spritze und der Nadel, mit denen sie verabreicht werden. Sie testeten Würfel, Kugeln und zylindrische Partikel mit unterschiedlichen Dimensionen und erfassten die Injizierbarkeit jedes einzelnen Partikels. Diese Schritte erfolgten im Labor.
Anhand ihrer Daten trainierten Jaklenec, Sarmadi und Kollegen ein neuronales Netz. Ihr Ziel war, zu prognostizieren, wie sich jeder dieser Parameter auf die Injizierbarkeit eines Arzneistoffs auswirkt. Als wichtigste Faktoren erwiesen sich die Partikelgröße, die Partikelkonzentration in der Lösung, die Viskosität der Lösung und die Nadelgröße.
Forscher, die an Mikropartikeln zur Medikamentenabgabe arbeiten, können diese Parameter in das Tool eingeben und erhalten eine Vorhersage darüber, wie injizierbar ihre Partikel sein werden. Sie sparen Zeit erspart, die sie ansonsten bräuchten, um verschiedene Partikel im Labor herzustellen und zu testen. „Anstatt über die Experimente zu gehen, ohne eine Vorstellung davon zu haben, wie erfolgreich ein System sein wird, kann man dieses neuronale Netzwerk verwenden“, sagt Sarmadi.
Bessere Nadelformen, bessere Ergebnisse
Die Forscher verwendeten ihr mathematisches Modell auch, um zu untersuchen, wie sich eine Veränderung der Form der Spritze auf die Applikation auswirken könnte. Sie kamen zu einer optimalen Geometrie, die einer Düse ähnelt. Diese hat einen breiten Durchmesser, der sich zur Spitze hin verjüngt.
Mit ihrem neuen Spritzendesign testete das MIT-Team die Injizierbarkeit von Mikropartikeln: einer Probe, die sie bereits im Jahr 2017 detailliert untersucht hatten. Allein durch das Design der Kanüle ließ sich der Anteil aller in den Körper abgegebenen Teilchen von 15 % auf fast 90 % steigern. Chemische Modifikationen oder andere Lösungsmittel waren nicht erforderlich.
Erste Anwendung in der Krebstherapie
Im nächsten Schritt arbeiten die MIT-Experten daran, optimierte Systeme für Krebsimmuntherapeutika zu entwickeln. Diese Wirkstoffe lösen im Körper eine Immunreaktion aus, die sich gegen Tumorzellen richtet.
Kein Einzelfall: Jaklenec und Sarmadi vermuten, dass sich gut injizierbare Mikropartikel zur Verabreichung einer Vielzahl von Impfstoffen oder Medikamenten eignen könnten, darunter niedrigmolekulare Medikamente, aber auch große Proteine, wie sie in Biologika vorkommen.
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