Blick ins Gehirn zeigt: Musik-Therapie hilft enorm
Eine von Heidelberger Forschern entwickelte Musiktherapie hilft vielen Patienten, ihr Tinnitus-Leiden mindestens zu vermindern. Ein Neurowissenschaftler aus dem Saarland hat jetzt auch herausgefunden, auf welche Weise das Nachsummen von Tönen das lästige Piepen im Ohr stoppen kann. Dafür schickte er die Probanden in einen Magnetresonanz-Tomografen (MRT).
Dass ausgerechnet ein akustisches Signal den Tinnitus vertreiben soll, und damit etwas, was ihn hin und wieder sogar auslösen kann, klingt vielleicht komisch. Doch Tests von Heidelberger Forschern ergaben bereits in der Vergangenheit: Mithilfe von Musik und Tönen lässt sich der lästige Dauerton im Ohr tatsächlich abstellen.
Etwa 80 Prozent der Teilnehmer der sogenannten Neuro-Musiktherapie bestätigten mindestens eine deutliche Besserung, bei etwa acht Prozent verschwand das Geräusch sogar komplett. Christoph Krick, Neurowissenschaftler an der Universität des Saarlandes in Homburg, hat nun mit bildgebenden Verfahren untersucht, woher der Behandlungserfolg rührt.
Dem Gehirn etwas vorgaukeln
Bei einem Tinnitus versucht das menschliche Gehirn, eine Frequenz lauter zu stellen, die es plötzlich nicht mehr hören kann. Im Zuge dieser Überhöhung entsteht häufig eine Art Rückkopplung oder Phantomgeräusch: das letztendlich störende Piepen.
Bei der Neuro-Musiktherapie des Deutschen Zentrums für Musiktherapieforschung (DZM) in Heidelberg wird diese Fehlsteuerung des Gehirns durch permanentes Training nach und nach abgebaut. Dabei üben die Patienten jene Grundtöne nachzusummen, die der meist höheren Tinnitus-Frequenz zugrunde liegen. Dem Gehirn wird also vorgegaukelt, den nicht empfangbaren Ton nun doch wieder zu hören. Als Folge fällt auch das Tinnitus-Geräusch selbst weg.
„Festplatte des Gehirns wird umgebaut“
Dass durch die mehrtätige Intensivtherapie des DZM im Gehirn der Patienten etwas passiert, konnte also angenommen werden. Die MRT-Aufnahmen, die Neurologe Krick in Homburg gemacht hat, sprechen nun eine sehr eindeutige Sprache. In einem Bericht der Saar-Uni erkärt der Wissenschaftler: „Wir konnten nachweisen, dass schon nach wenigen Tagen die Denkzellen, die den Höreindruck verarbeiten, nachgewachsen sind. Es wurde sozusagen die Festplatte des Gehirns umgebaut und zwar dauerhaft.“
Vor allem das Ausmaß und die Geschwindigkeit der positiven Veränderungen im Gehirn lässt die beteiligten Forscher staunen. Christoph Krick: „Der Lernvorgang hatte sich offensichtlich in das Gehirn ‚eingebrannt’. Wir gehen davon aus, dass wir somit die Ursache des nachhaltigen Therapieerfolgs gefunden haben.“
Derweil gibt es auch andere, wenn auch ähnlich Ansätze, mithilfe von Musik dem störenden Phantomgeräusch beizukommen. Erst kürzlich berichtete Ingenieur.de über eine Software, die die Lieblingssongs eines Patienten zum Heilmittel gegen den Tinnitus machen. Dafür filtert das Programm namens Tinnitracks die individuelle Tinnitus-Frequenz eines Erkrankten aus von ihm selbst gewählten Songs heraus.
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