Chip im Kopf: Gelähmter kann Hand wieder bewegen
Ian Burkhart aus Ohio ist der erste querschnittsgelähmte Mensch auf der Welt, der per Gedanken seine eigene Hand wieder bewegen kann. Zum Beispiel um sich Wasser einzuschenken. Ein Chip in seinem Gehirn sammelt die Bewegungsmuster und sendet diese an eine Manschette am Unterarm.
Er ist nur erbsengroß, der Computerchip in Ian Burkharts Gehirn und doch hat er Großes bewirkt.
Ein Tauchunfall verdammte Ian Burkhart 2010 mit nur 20 Jahren zur Unbeweglichkeit. Sein Rückenmark war auf Höhe des fünften und sechsten Halswirbels durchtrennt worden. Ein klarer Fall von Querschnittslähmung und damit von Hoffnungslosigkeit. Nie wieder würde er Arme oder Beine jemals wieder bewegen können, dachte Burkhard.
Doch dann wurde ihm im April 2014 ein Mini-Computerchip in das Hirnareal eingesetzt, welches die Bewegungen der rechten Hand steuert.
Nervenimpulse laufen bei einer Querschnittslähmung ins Nichts
Bei einer Querschnittslähmung laufen die Nervenimpulse des Gehirns plötzlich ins Nichts. Aber die Nervenzellen ober und unterhalb der Durchtrennung sind noch voll funktionstüchtig. Forscher von der Ohio State University und dem Batelle Memorial Institute haben Ian Burkhart einen Chip genau an die Stelle des Gehirns implantiert, die für die Steuerung von Handbewegungen zuständig ist.
Diese Gehirnregion ermittelten sie, indem sie Burkhart vor der Operation Videos von Handbewegungen betrachten ließen und dabei dessen Gehirnaktivitäten beobachteten.
Lernfähige Software entwickelt
Dank des implantierten Chips konnten die Wissenschaftler die charakteristischen Aktivitätsmuster im Gehirn mitlesen, wenn Burkhart sich beispielsweise vorstellte, die rechte Hand zu öffnen. Im Lauf der Zeit entwickelten die Forscher eine lernfähige Software, die diese charakteristischen Muster der Gehirnaktivitäten decodieren kann. „In den vergangenen zehn Jahren haben wir gelernt, die Hirnsignale von vollständig gelähmten Patienten zu entziffern“, sagt Chad Bouton, der das Batelle-Team während der Studie leitete.
Manschette mit 130 Elektroden für den Unterarm gebastelt
Dann ging es um die Umsetzung des Gelernten: Die Wissenschaftler bastelten eine Manschette mit 130 Elektroden, die sie an Burkharts Unterarm befestigten. Dann ermittelten sie die Impulse, die nötig waren, um die unter der Haut liegenden Muskeln zu den von Burkhart gewünschten Bewegungen zu animieren. Im Juni 2014 gelang es ihm erstmals, einzig mit seinen Gedanken die manschettenbewehrte Hand zu öffnen und wieder zu schließen.
Ian Burkhart beherrscht sechs verschiedene Bewegungen
Heute kann Ian Burkhart seine Finger einzeln mit den Befehlen seines Gehirns ansteuern. Er beherrscht sechs verschiedene Bewegungen von Hand und Handgelenk, er kann ein Gitarren-Videospiel spielen und eine Kreditkarte durch ein Lesegerät ziehen.
Ian Burkhart ist voller Zuversicht, dass sich sein Leben durch diese Gedankensteuerung nachhaltig verbessert: „Nun weiß ich aus erster Hand, dass es Fortschritte in Wissenschaft und Technik gibt, die mein Leben besser machen werden.
Drahtlosen Systemen gehört die Zukunft
Ian Burkhart ist der erste Patient weltweit, bei dem diese Technologie der Handsteuerung durch Gedanken und Manschette funktioniert. Das Ganze ist allerdings noch recht archaisch. Da die Informationen der Erbse im Hirn per Kabel an einen Computer übertragen werden, kann Burkhard seine Hand nur im Labor per Gedanken steuern. Der an der Studie beteiligte Neurochirurg Ali Rezai von der Ohio State University denkt weiter: „Wir hoffen, dass sich diese Technologie zu einem drahtlosen System entwickeln wird, das Hirnsignale und Gedanken mit der Außenwelt verbindet.“
In der Schweiz wird unterdessen intensiv an Implantaten geforscht, die in der Lage sind, durchtrennte Nervenbahnen im Rückenmark zu überbrücken und elektrische Impulse weiterzuleiten.
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