Corona: Immer mehr Patienten im Krankenhaus – Mediziner vor neuer Situation
Die Zahl der Covid-19-Patienten in Klinik-Stationen steigt rapide. Jetzt müssen Krankenhausmitarbeiter lernen, mit der neuen Lage umzugehen. Neue Leitlinien sollen helfen.
Die Corona-Infektionszahlen steigen – in den Krankenhäusern sind die Folgen längst sichtbar. Die Stationen werden immer voller.
Immer mehr Patienten mit Covid-19 landen im Krankenhaus. Die Kliniken bereiten sich derweil vor, um die besondere Situation strukturiert und ressourcenschonend managen zu können: Personal auf den Stationen ist knapp. Das ist einerseits ein Systemproblem, liegt akut aber nicht zuletzt auch daran, dass Pflegerinne und Pfleger sowie Ärztinnen und Ärzte sich selbst anstecken und ausfallen.
Corona: Leitlinie für die Therapie
Jetzt haben mehrere Verbände und Fachgesellschaften eine neue S2k-Leitlinie öffentlich, die Empfehlungen zur stationären Therapie von Corona-Patienten umfasst. „Mit der neuen S2k-Leitlinie ist es uns erstmals gelungen, alle Therapieempfehlungen für die stationäre Behandlung von Covid-19-Patienten zusammenzufassen“, so Stefan Kluge, Koordinator der Leitlinie.
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„Somit können wir die Therapie endlich ganzheitlich und fächerübergreifend betrachten, da alle beteiligten Fachgruppen in die Erstellung einbezogen waren“, erläutert der Mediziner, der auch Direktor der Klinik für Intensivmedizin am Universitätsklinikum in Hamburg-Eppendorf ist.
- S1: Die Leitlinie wurde von einer Expertengruppe im informellen Konsens erarbeitet.
- S2k: Es gab eine formale Konsensfindung.
- S2e: Eine systematische Evidenz-Recherche ist abgeschlossen.
- S3: Die Leitlinie hat alle Stufen einer wissenschaftlich-systematischen Entwicklung durchlaufen.
Die Leitlinie umfasst Empfehlungen über den gesamten Verlauf der stationären Behandlung – von der Aufnahme und Diagnostik über die Therapie bis hin zum weiteren Krankheitsverlauf. Außerdem wurden viele andere Bereiche wie Besonderheiten bei Kindern sowie ethische und palliativmedizinische Aspekte berücksichtigt.
Covid-19-Patienten mit ausgeprägter Atemnot
Die neue Leitlinie erweitert die bereits seit März 2020 vorliegende intensivmedizinische S1-Leitlinie um den gesamtstationären Bereich und gibt damit Krankenhausärzten erstmals eine ganzheitliche und fächerübergreifende Handlungsanweisung an die Hand, teilt die die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) mit, die neben der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN) und der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) federführend bei der Entwicklung der Leitlinie ist.
Das Klinikpersonal wird durch Corona vor ganz neue Herausforderungen und Situationen gestellt, für die es schlicht noch keine Praxisroutine gibt. „Bei Patienten mit ausgeprägter Atemnot, erhöhter Atemfrequenz und Abfall der Sauerstoffsättigung ist eine Verlegung auf die Intensivstation angezeigt“, erläutert sagt Christian Karagiannidis, Präsident der DGIIN und Leiter des ECMO-Zentrums an der Lungenklinik Köln-Merheim. Die Leitlinie gebe dem Klinikpersonal bereits für diese Phase Empfehlungen an die Hand. -> Lesen Sie auch: Christian Karagiannidis im Interview zu Corona
Invasive Beatmung bei Schwerstkranken: Ab wann ist sie nötig?
Außerdem hält die neue Leitlinie fest, wann welche Form der Atemunterstützung bei Patienten mit Covid-19 notwendig ist. So kann es im Verlauf einer Covid-19-Erkrankung zu einer sogenannten hypoxämischen respiratorischen Insuffizienz kommen, also Problemen beim Gasaustausch in der Lunge und Sauerstoffmangel im Blut. „Das Hauptziel der unterstützenden Therapie besteht darin, eine ausreichende Sauerstoffversorgung zu sichern, wofür uns verschiedene Methoden, wie Sauerstofftherapie oder eine Masken-Beatmung unterstützend zur Verfügung stehen“, erklärt DGP-Präsident Michael Pfeifer. „Die invasive Beatmung und wiederholte Bauchlagerung sind dabei wichtige Elemente in der Behandlung schwersterkrankter Covid-19-Patienten“, so Pfeifer, der Chefarzt an der Klinik Donaustauf ist.
Welche Medikamente sind sinnvoll?
Gerade im Klinikalltag sei jetzt zudem entscheidend, dass strenge Hygieneregeln eingehalten werden. Auch dazu gibt die Leitlinie klare Empfehlungen. „Dies ist unverzichtbar, um unsere Mitarbeitenden und Patienten gleichermaßen zu schützen“, betont DIVI-Präsident Uwe Janssens, der Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Internistische Intensivmedizin am St.-Antonius-Hospital in Eschweiler ist.
Corona: Hygienemaßnahmen allein reichen nicht
Ein Kapitel der Leitlinie befasst sich auch mit der medikamentösen Therapie. In den letzten Monaten gab es immer wieder Meldungen zu verschiedenen Medikamenten, die möglicherweise Symptome verringern sollten. „Zu Beginn der Pandemie wurden weltweit verschiedenste Substanzen ohne klare Datenlage eingesetzt“, so Christoph Spinner, Vertreter der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie. „Wir stellen den aktuellen Stellenwert der eingesetzten Medikamente in der Leitlinie ausführlich dar, eine Sterblichkeitsreduktion konnte bisher nur für Dexamethason bei schwer kranken Patienten nachgewiesen werden.“
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