Start-up-Porträt: Vimecon GmbH 20.04.2012, 11:58 Uhr

Das Herz per Laser gezielt vernarben

Das Herz gerät bei 800 000 Deutschen regelmäßig aus dem Takt. Pillen helfen nur bedingt. Als Alternative gelten minimalinvasive Eingriffe, bei denen Kardiologen Herzgewebe per Laser gezielt vernarben. Die junge Vimecon GmbH hat das Verfahren optimiert.

Die OP beginnt. Ein Schnitt in der Leistengegend, dann schiebt der Arzt einen Katheter in die untere Hohlvene in Richtung Herz des lokal betäubten Patienten. Die Laserspitze des nur 2 mm dünnen Hightech-Schlauchs wird ihm in den nächsten 45 min den Weg zurück ins normale Leben brennen.

Diese Vision treibt den Aachener Kardiologen Kai Markus seit Jahren an. Seine Stelle am RWTH-Uniklinikum tauschte er 2007 gegen den Chefsessel des Medtec-Start-ups Vimecon ein. So hat er zwei Leidenschaften verbunden. „Schon Anfang des Studiums konnte ich mich kaum zwischen Medizin und Maschinenbau entscheiden“, berichtet er.

Laser-Eingriff am Herz gegen Vorhofflimmern

Als Arzt behandelte er viele Patienten mit Vorhofflimmern. Deren Herz gerät in unregelmäßigen Attacken aus dem Takt, rast, lässt sie nach Luft ringen. Die ständige Gefahr eines Schlaganfalls raubt ihnen die Lebensqualität. 800 000 Deutsche und 13,5 Mio. Menschen weltweit sind betroffen. Elektrische Störimpulse, die in Zellen der Lungenvenen ihren Ursprung haben, chaotisieren die Regelung der Muskulatur in den Vorhöfen. Medikamente verschaffen oft nur Linderung. Ihr Preis: gut 5500 € pro Patient und Jahr – zuzüglich Nebenwirkungen.

Beim beschriebenen Lasereingriff bauen Kardiologen winzige Dämme zwischen Störquelle und Herz. Der Laser verbrennt Gewebe der Lungenvenen. Es vernarbt. Aus Muskel- wird dabei Bindegewebe, das die Kriechströme unterbricht. Der Dammbau im Herzen ist langwierig und nervenaufreibend. Es gilt, knapp 200 einzelne Punkte in vier Lungenvenen und im Vorhofgewebe jeweils eine Minute lang zu veröden. „Das ist nicht wirklich spannend. Aber volle Konzentration ist nötig, um den Überblick zu behalten“, so Markus. Das schwierige Handling der Sonden mache stets zwei Eingriffe nötig.

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An der Uniklinik kam er in Forschungsprojekten mit neuesten Katheter-Lösungen in Berührung. „Die überzeugten ebenfalls nicht“, erklärt Markus. Er begann über bessere Lösungsansätze zu grübeln und setzte sich mit Experten des benachbarten Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik zusammen. Die Kooperation erwies sich als fruchtbar.

Vimecon auf dem besten Wege, den Laser-Katheter für das Herz zu revolutionieren

Mit den Laserexperten und Entwicklern medizintechnischer Zulieferer ist Vimecon auf dem besten Wege, die Laser-Katheter zu revolutionieren. Das Unternehmen verbindet dafür Formgedächtnismetalle und hauchdünne Lichtleitfasern, die in hochreinen Klebstoff-Compound eingebettet sind. So werden die spröden optischen Fasern biegbar. Kardiologen haben die Wahl zwischen C-förmig gebogenen Punkt- oder 10 cm langen Werkzeugspitzen, die auf ganzer Länge aktiv sind und sich in der Vene ringförmig aufrollen lassen. „In der Lasso-Spitze haben wir die Lichtleitfaser so modifiziert, dass die Laserenergie nicht nur nach vorn, sondern rundum im 90°-Winkel abstrahlt“, so Markus. Ist der Laserpuls gesetzt, kehrt sie in ihre gerade Ursprungsform zurück und kann in die nächsten Venen geführt werden.

Trotz des komplexen Aufbaus ist der Katheter sogar dünner als bisherige. Und dank des ringförmigen Laserimpulses müssen Kardiologen nicht mehr hunderte Punkte einzeln behandeln, sondern können die Dämme in einem Arbeitsgang je Vene einbrennen. Ausdehnung und Tiefe der Narben sind über die Energieabgabe des Lasers präzise steuerbar.

Der Laser-Eingriff am Herz wird deutlich kürzer ausfallen

Eingriffe dürften künftig 45 min statt drei Stunden dauern und so die Patienten und Kassen entlasten: Mit 8500 € ist die OP kaum teurer als 1,5 Jahre medikamentöser Behandlung. Aktuell laufen bei Vimecon letzte Vorbereitungen für klinische Zulassungstests. Andere Katheter des Start-ups sind schon im Markt und sorgen für Einnahmen. „Wir können die Entwicklungskosten teilweise damit bestreiten“, so Markus. Zudem steht dem Start-up Beteiligungskapital von Seed Fonds Aachen, S-UBG-Gruppe, KfW Mittelstandsbank und NRW-Bank zur Verfügung.

Markus hat sich in Gründertrainings und betriebswirtschaftlichen Seminaren für Ingenieure und Naturwissenschaftler seit 2003 auf die Gründung vorbereitet. Als Verfahren und Finanzierung der Vimecon standen, gab er den Arztberuf auf. Nun soll bald der letzte Schritt folgen: die Zulassung. Experten hat er schon überzeugt. Seit März trägt Vimecon das Siegel „Vielversprechendstes Life-Science-Unternehmen der Welt“. Dieses Versprechen will Markus natürlich einlösen. Millionen aus dem Takt geratene Herzen warten darauf.

 

Ein Beitrag von:

  • Peter Trechow

    Peter Trechow ist Journalist für Umwelt- und Technikthemen. Er schreibt für überregionale Medien unter anderem über neue Entwicklungen in Forschung und Lehre und Unternehmen in der Technikbranche.

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