Dieses Smartphone diagnostiziert eine Herzschwäche
Einem internationalen Forschungsteam ist es gelungen, ein Smartphone zu einem Diagnose-Tool für eine gefährliche Herzerkrankung umzufunktionieren. Das Telefon wird auf diese Weise zu einem medizinischen Gerät, das mit einer etablierten nicht-invasiven Technik arbeitet.
Das ist die Zukunft der Diagnostik: Ein innovatives Verfahren, das Forschende an der Universität Turku in Finnland entworfen haben, ermöglicht es, mithilfe eines Smartphones Herzbewegungen zu analysieren und so eine Herzschwäche (Herzinsuffizienz) frühzeitig zu erkennen. Das Unternehmen CardioSignal hat das System weiterentwickelt. An diesem Forschungsprojekt beteiligten sich insgesamt fünf Forschungseinrichtungen und Unternehmen aus Finnland und den USA.
Smartphone statt komplexer bildgebender Verfahren
Herzinsuffizienz ist eine schwerwiegende Erkrankung, bei der das Herz nicht mehr fähig ist, seine Hauptaufgabe – das Pumpen von Blut durch den Körper – adäquat zu erfüllen. Sie entsteht zum Beispiel als Folge verschiedener Herz-Kreislauf-Erkrankungen und kann Symptome hervorrufen, die wiederholte Krankenhausaufenthalte notwendig machen.
Die Herausforderung bei der Diagnose besteht darin, dass typische Symptome, wie Atemnot, ungewöhnliche Erschöpfung bei körperlicher Belastung oder geschwollene Füße und Beine, auch durch andere Krankheiten verursacht werden können. Es existiert kein einfacher Test für die Diagnose. Vielmehr stützt sie sich auf eine klinische Untersuchung, Bluttests und komplexe bildgebende Verfahren, einschließlich der Echokardiografie. Die sogenannte Gyrokardiografie mit dem Smartphone soll das ändern.
Bewegungssensoren des Smartphones detektieren Vibrationen
Die Gyrokardiografie, eine nicht-invasive Methode zur Erfassung von Herzvibrationen auf der Brustoberfläche, nutzt die in Smartphones integrierten Bewegungssensoren, um diese Vibrationen zu detektieren und aufzuzeichnen – auch solche, die mit einem Stethoskop nicht wahrnehmbar sind. Diese Technik wurde über die vergangenen zehn Jahre federführend von Forschenden der Universität Turku entwickelt, mit Unterstützung des Unternehmens CardioSignal.
Eine kürzlich durchgeführte Studie brachte sehr gute Ergebnisse. Beteiligt waren die Universitätskliniken in Turku und Helsinki in Finnland sowie das Stanford University Hospital in den USA. An dieser Studie nahmen etwa 1.000 Personen teil, unter ihnen rund 200 Patienten und Patientinnen, die an Herzinsuffizienz litten. Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen verglichen die von den Bewegungssensoren erfassten Daten der Teilnehmenden mit Herzinsuffizienz mit denen von gesunden Personen.
„Die mit dieser neuen Technik erzielten Ergebnisse sind vielversprechend und könnten die Diagnose von Herzinsuffizienz in der Zukunft erheblich vereinfachen“, erklärte Kardiologe Antti Saraste, einer der leitenden Autoren der Studie und Professor für kardiovaskuläre Medizin an der Universität Turku in Finnland. Die Analyse der durch Gyroskop und Beschleunigungsmesser erfassten Bewegungen erwies sich als so präzise, dass sie medizinischem Fachpersonal bald eine schnelle und unkomplizierte Methode zur Erkennung von Herzinsuffizienz an die Hand geben könnte.
Smartphone für mehr Versorgungssicherheit
„Die Möglichkeiten zur Diagnose von Herzinsuffizienz in der primären Gesundheitsversorgung sind derzeit sehr begrenzt. Mit unserer Technologie eröffnen wir völlig neue Wege für die Fernüberwachung von Risikogruppen und die Nachsorge von Patienten nach einem Krankenhausaufenthalt“, sagt Juuso Blomster, Mitbegründer und CEO von CardioSignal und selbst Kardiologe. Das ist auch insofern ein wichtiger Aspekt, als dass die flächendeckende ärztliche Versorgung in ländlichen Regionen, auch in Deutschland, durch den zunehmenden Fachkräftemangel gefährdet ist.
In Finnland, wie auch in vielen anderen europäischen Ländern, sind etwa ein bis zwei Prozent der Bevölkerung von einer Herzinsuffizienz betroffen. Die Krankheit tritt bei älteren Erwachsenen häufiger auf und betrifft etwa jeden zehnten Menschen über 70 Jahre. Eine frühzeitige Erkennung ist entscheidend, da eine effektive Behandlung die Symptome lindern und den Verlauf verzögern kann. Eine präzise Diagnose und der schnelle Zugang zu Therapiemöglichkeiten können zudem die Kosten im Gesundheitswesen reduzieren, die durch Notaufnahmebesuche und Krankenhausaufenthalte, insbesondere bei einer Verschlechterung der Erkrankung, entstehen.
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