Corona-Impfnachweis 14.06.2021, 10:39 Uhr

Digitaler Impfpass – Chaos in Apotheken: „Danke, Herr Spahn“

Der digitale Impfpass: Ab dem 14. Juni gibt es ihn in der Apotheke – zumindest theoretisch. Denn dort gibt es vielerorts Probleme.

Der digitale Impfpass ist ab dem 14. Juni erhältlich. Foto: Panthermedia.net/shock

Der digitale Impfpass ist ab dem 14. Juni erhältlich.

Foto: Panthermedia.net/shock

Ab dem 14. Juni stellen Apotheken den digitalen Impfpass aus. Anstelle des gelben Impfheftes können vollständig gegen Corona geimpfte Menschen einen digitalen Nachweis mit sich führen. So weit so gut: Doch Apotheker und Pharmazeutisch-technische Angestellte (PTA) sehen sich in der Pandemie nicht zum ersten Mal mit einer Mehrbelastung konfrontiert. Zahlreiche Apothekenmitarbeiterinnen und -Mitarbeiter klagen: Neben dem Tagesgeschäft – zu dem auch das Angebot der Corona-Schnelltests gehört – werden PTA zu QR-Code-Generatoren.

Eigentlich sollte Schluss sein mit dem gelben Impfbüchlein, das ohnehin ständig verloren geht und erst dann wieder an ungeahnter Stelle in irgendeiner Schublade auftaucht, wenn man es gerade nicht braucht. Der Digitale Impfpass ist längst überfällig, gerade in der Corona-Pandemie zeigt sich, wie unzeitgemäß das analoge, gedruckte und handschriftlich ausgefüllte Modell ist. Mit deutlicher Verspätung soll jetzt doch digitalisiert werden.

Impfpass: Apotheken rechnen mit Ansturm – System bricht zusammen

Der Nachweis der doppelten beziehungsweise vollständigen Corona-Impfung kann ab heute beim Arzt oder in der Apotheke ausgestellt werden. Zudem sollen Nachweise in den kommenden Tagen per Post an die Geimpften gesendet werden. “Wir sind vorbereitet und erwarten einen Ansturm, so wie bei der Schnelltestung. Täglich verzeichnen wir fast 200 Personen, die sich auf das Virus schnell testen lassen wollen. Zum Beispiel weil sie zum Sport wollen”, so eine Apothekenangestellte aus Leichlingen in NRW, die namentlich nicht genannt werden möchte.

Im Laufe des Tages tritt das Worst-Case-Szenario in der lokalen Apotheke ein: der Server bricht zusammen. „Aktuell ist alles down und wir können keine digitalen Impfpässe ausstellen“, heißt es von der Angestellten.

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Welche Apotheke den digitalen Impfpass ausstellt, sollen die Bürger unter anderem über die Website www.mein-apothekenmanager.de erfahren. So die Theorie: Zum Start des Apothekenangebots am 14. Juni bietet die Seite allerdings am Morgen nur eine klägliche Nachricht:

Digitaler Impfpass: In welcher Apotheke gibt es ihn? Das ist am Montag schwierig herauszufinden. Foto: Screenshot

Digitaler Impfpass: In welcher Apotheke gibt es ihn? Das ist am Montag schwierig herauszufinden.

Foto: Screenshot

Ob der digitale Impfpass in der Wunschapotheke ausgestellt wird, erfahren Geimpfte dann wohl doch eher vor Ort über analoge Mundpropaganda. Fehlende digitale Auskunft führt wiederum zu einem erhöhten Aufkommen in den Apotheken. “Seit Monaten dreht sich bei den Patienten alles nur noch um Corona. Hier müssen wir viel Aufklärungsarbeit leisten, da die Informationen aus den Medien oft falsch verstanden werden oder schlichtweg nicht zur Verfügung stehen. Viele ältere Patienten haben kein Smartphone und können sich daher schlecht informieren”, so die PTA aus Leichlingen.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) appellierte derweil an die Bürgerinnen und Bürger, nicht schon am Montag in die Apotheke zu gehen, um sich den digitalen Impfpass auszustellen. Dass es mit solchen Appellen in der Praxis dann oft nicht weit her sei, hätten Fälle aus der Vergangenheit gezeigt – etwa als es um kostenlose FFP2-Masken für Menschen aus Risikogruppen ging. “In der Regel hat das nichts genützt, die Menschen bekommen etwas umsonst und stehen Schlange”, heißt es weiter aus der Apotheke im Rheinland.

Digitaler Impfpass belastet Apotheken-Mitarbeitende: „Danke, Herr Spahn“

Bis Ende Juni soll das Angebot flächendeckend in Apotheken und Arztpraxen ausgerollt sein. Zu Beginn wird das Angebot – wie beim Impfstoff nach der Aufhebung der Priorisierung – stark eingeschränkt sein. “Das wird aber keinen abhalten, zu fragen. Der Stichtag ist ja der 14. Juni. Da gibt es kein Halten und wir müssen das Aufkommen abarbeiten. Danke, Herr Spahn”, klagt die PTA.

Aus anderen Apotheken ist Ähnliches zu hören. Die Kritik: Die Umsetzung der Maßnahmen würden auf die Apotheken abgewälzt. Bei der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) kennt man die Nöte der Apotheken. „Es ist richtig, dass für den Aufbau der technischen Infrastruktur zur Ausstellung digitaler Impfnachweise nur sehr wenig Zeit zur Verfügung stand. Die Apotheken mussten sich beinahe über Nacht darauf einstellen, diese Aufgabe zu übernehmen“, sagt ABDA-Sprecher Reiner Kern gegenüber ingenieur.de. “ Schon mehrfach haben die Apotheken in Deutschland in den letzten fünfzehn Monaten ganz kurzfristig Aufgaben als troubleshooter in der Pandemie übernommen. Zu diesen Aufgaben zählt die Verteilung der FFP2-Schutzmasken an über dreißig Millionen Versicherte, aber auch die Herstellung von Desinfektionsmitteln in den Laboren der Apotheken.“ Viele Betriebe seien damit an ihren Belastungsgrenzen angelangt. „Die Pandemie verlangt allen im Gesundheitswesen Arbeitenden viel Arbeit und Flexibilität ab, weil man auf die Entwicklung der Situation oft eben nur kurzfristig reagieren kann“, so Kern. Peter Schreiber, Geschäftsführer des Landesapothekenverbandes Rheinland-Pfalz, bestätigt die Herausforderung: „Für die Apotheken ist das Erstellen von digitalen Impfzertifikaten eine erneute Herausforderung.“ Aus dem Stand müssen neue Services – ohne große Vorlaufzeit – angeboten werden.

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Alle weiteren Fragen und Antworten rund um den digitalen Corona-Impfpass:

Wo bekommt man den digitalen Impfpass?

Ab Montag, 14. Juni, werden viele Apotheken in Deutschland den digitalen Nachweis einer vollständigen Impfung gegen Corona nachträglich ausstellen. Das teilte die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) mit.

Zudem sollen sich Geimpfte den Nachweis auch direkt in Arztpraxen oder Impfzentren erstellen lassen können – eine nachträgliche Ausstellung soll dort ebenfalls möglich sein. Nach Apotheken in der Nähe, die einen digitalen Corona-Impfpass ausstellen, können Geimpfte ab dem 14. Juni zum Beispiel über das Portal mein-apothekenmanager.de des Deutschen Apothekerverbands suchen – sobald die Webseite funktioniert.

Der auf dem Zertifikat aufgedruckten QR-Code kann dann mit einer App gescannt werden – damit ist der Nachweis digitalisiert auf dem Smartphone abrufbar.

Digitaler Impfpass: Welche App brauche ich?

Schon vor dem 14. Juni soll es die Anwendung namens „CovPass“ für iOS und Android geben, heißt es beim Bundesgesundheitsministerium. Aus den App-Stores lässt sich die Impfpass-App dann herunterladen und auf dem Smartphone installieren.

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Der QR-Code des Impfnachweises aus der Apotheke kann aber auch in die Corona-Warn-App eingebunden werden. Ein entsprechendes Update soll bis zum 14. Juni kommen.

Ist das System denn fälschungssicher?

Zuletzt hatte es zahlreiche Fälschungsversuche und Diebstähle von Impfheften in vielen Städten gegeben. Die Staatsanwaltschaft München etwa nannte Impfpässe “die wohl heißeste Fälscherware” derzeit. Der digitale Impfpass soll auch vor Fälschungen schützen.

Kritiker hatten im Vorfeld allerdings angemerkt, dass beim Übertrag eines Impfnachweises vom gelben Impfbuch in den digitalen Impfpass Fehler passieren könnten und Fälschungen eben durchaus möglich seien. Bei der ABDA heißt es indes, Apothekerinnen und Apotheker könnten eine entsprechende Kontrolle durchaus gewährleisten: Apotheken müssten auch Rezepte auf ihre Echtheit prüfen und würden sich zutrauen, auch Impfausweise zu prüfen.

Überdies müssen Impfpass-Betrüger und Fälscher mit empfindlichen Strafen rechnen. Laut dem Bundesgesundheitsministerium droht Nutzern eines gefälschten Impfausweises eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr. Wer einen Impfpass selbst fälscht, muss unter Umständen gar mit Freiheitsentzug von bis zu zwei Jahren rechnen. „Ich kann immer nur sagen, am Ende betrügt man sich selbst“, kommentierte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU).

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Das EU-Zertifikat, das den digitalen Impfpass in Form des QR-Codes möglich macht, beruht auf der sogenannten „Public-Key-Infrastructure“ (PKI), einem lange bewährten IT-Sicherheitsverfahren nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip. Die PKI-Methode wird häufig etwa bei der Kommunikation innerhalb des Internets der Dinge (IoT) verwendet, oder eben bei der digitalen Signatur von Dokumenten wie dem Impfpass. Grob gesagt.

Ist der digitale Impfpass verpflichtend?

Nein, bislang nicht. Nach Angaben des Bundesgesundheitsministerium ist der digitale Impfnachweis ein „freiwilliges und ergänzendes Angebot“. Der Impfnachweis über das gelbe Heft ist demnach weiterhin möglich und gültig.

Was ermöglicht mir der digitale Impfpass?

Mit einem digitalen Impfpass zurück in die Freiheit? Viele Menschen gehen davon aus, dass der Impfpass auf dem Smartphone einer Lizenz zum alten Leben vor Corona gleichkommt. Doch stimmt das auch?

Zunächst: Ein Leben wie vor Corona wird es schlichtweg erst einmal nicht geben – die Erfahrung mit der Pandemie hat viele Lebensbereiche mindestens vorübergehend verändert. Der digitale Impfpass fungiert aber als “grünes Zertifikat”. Mit diesem soll europaweites Reisen möglich sein. Es zeigt, ob jemand vollständig geimpft ist und mit welchem Vakzin. Doch Achtung: Ein offizielles Reisedokument liegt hier nicht vor. Im grünen Zertifikat wird auch vermerkt, ob die Person negativ auf das Coronavirus getestet wurde.

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Mit dem digitalen Impfpass werden Restaurantbesuche, Teilnahmen an Konzerten oder anderen Kulturveranstaltungen wieder problemlos möglich. Ein Testnachweis entfällt. In Deutschland gilt man als vollständig geimpft, wenn die zweite Corona-Impfung 14 Tage zurückliegt. Jedoch sollte man stets im Hinterkopf behalten, dass der digitale Nachweis Informationen zur Verfügung stellt. Einzelnen Mitgliedsstaaten wird das Recht zugesprochen zu entscheiden, welche Rechte mit dem Dokument einhergehen.

Mit dem regulären gelben Impfpass sind freie Einreisen ebenfalls in zahlreiche Länder möglich. Da das analoge Impfheft weiterhin als Impfnachweis gültig ist, bietet es die selben Möglichkeiten. Ein Vorteil des digitalen Impfpasses: Man hat ihn im Smartphone fast immer dabei.

Ein Beitrag von:

  • Peter Sieben

    Peter Sieben schreibt über Forschung, Politik und Karrierethemen. Nach einem Volontariat bei der Funke Mediengruppe war er mehrere Jahre als Redakteur und Politik-Reporter in verschiedenen Ressorts von Tageszeitungen und Online-Medien unterwegs.

  • Sarah Janczura

    Sarah Janczura

    Sarah Janczura schreibt zu den Themen Technik, Forschung und Karriere. Nach einem Volontariat mit dem Schwerpunkt Social Media war sie als Online-Redakteurin in einer Digitalagentur unterwegs. Aktuell arbeitet sie als Referentin für Presse und Kommunikation beim VDI e.V.

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