Dunkelfeldaufnahmen revolutionieren das Röntgen
Herkömmliche Röntgenaufnahmen belasten Patientinnen und Patienten mit weniger Strahlung, bieten aber auch nicht so viele Informationen. Mit Dunkelfeldaufnahmen hofft eine Forschungsgruppe nun auf detailliertere Aufnahmen, die mehr Informationen liefern und dabei deutlich weniger belastend sind.
Die klassische Röntgentechnologie ermöglicht zweidimensionale Aufnahmen. Sind mehr Details notwendig, greifen Medizinerinnen und Mediziner meistens auf die Computertomographie (CT) zurück. Mit ihr lassen sich Röntgenaufnahmen aus verschiedenen Richtungen zu einem dreidimensionalen Bild zusammenfügen. Das genauere Verfahren hat aber auch einen Nachteil: Patientinnen und Patienten sind wegen der zahlreichen Aufnahmen einer höheren Strahlendosis ausgesetzt. Franz Pfeiffer, Professor für biomedizinische Physik und Direktor des Munich Institute of Biomedical Engineering an der Technischen Universität München (TUM), hat ein neues Röntgenverfahren entwickelt, das mehr Möglichkeiten in der Diagnostik eröffnen soll.
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Das neue Verfahren nennt sich Dunkelfeld-Röntgen. Dabei werden herkömmliche Röntgen- und Dunkelfeldbilder aufgenommen – bei einer deutlich geringeren Strahlung für Patientinnen und Patienten im Vergleich zu einem CT-Gerät. Konkret gibt Pfeiffer an, die Dosis sei um den Faktor 50 kleiner. „Daher ist die Methode auch für Anwendungsszenarien vielversprechend, die wiederholte Untersuchungen über einen längeren Zeitraum erfordern, beispielsweise zur Erforschung von Long-Covid-Verläufen. Für längere Beobachtungszeiträume könnte die Methode eine Alternative zur Computertomographie für die Bildgebung von Lungengewebe bieten“, erklärt Pfeiffer.
Neues Röntgenverfahren: Dunkelfeldaufnahmen zeigen krankes Gewebe
Im Rahmen einer Studie haben Radiologinnen und Radiologen die neue Dunkelfeldmethode getestet. Dafür erstellten sie Aufnahmen von Patientinnen und Patienten mit Covid-19-Lungenerkrankungen und gesunden Menschen. Das Ergebnis: Es war einfacher, kranke und gesunde Personen voneinander zu unterscheiden. Besonders gut gelang dies den Radiologinnen und Radiologen, wenn sie sowohl herkömmliche als auch Dunkelfeldbilder vorliegen hatten und diese miteinander verglichen.
Der Unterschied der beiden Methoden: Das Dunkelfeld-Röntgen nutzt die sogenannte Kleinwinkelstreuung des Röntgenlichts. Das führt dazu, dass die Bilder mehr Informationen übermitteln – zum Beispiel über die Beschaffenheit der Mikrostruktur des Lungengewebes. Die Aufnahmen bieten damit einen Mehrwert für die Untersuchung verschiedener Lungenerkrankungen. Dagegen setzt das konventionelle Röntgen auf die Abschwächung des Röntgenlichts.
Im nächsten Schritt soll KI zum Einsatz kommen
Um noch mehr Informationen herauszubekommen, optimierte das Forschungsteam den Prototyp des Röntgengeräts. Ziel war es, die Aufnahmen auch quantitativ auswerten zu können. Eine gesunde Lunge verfügt über viele intakte Lungenbläschen. Sie erzeugt ein starkes Dunkelfeldsignal und das Lungengewebe stellt sich auf der Aufnahme hell dar. In entzündetem Lungengewebe lagert sich häufig Flüssigkeit ein. Dadurch ist nur ein deutlich schwächeres Signal möglich, was die Lunge im Bild dunkler zeigt. „Wir normieren dann das Dunkelfeldsignal auf das Lungenvolumen, um die Unterschiede im Lungenvolumen verschiedener Personen zu berücksichtigen“, sagt Manuela Frank aus der Forschungsgruppe.
Auch der nächste Schritt ist schon geplant: Die Forschenden wollen möglichst viele Patientinnen und Patienten mit der Dunkelfeld-Methode untersuchen. Wenn dann entsprechend viele Bilder und Daten vorhanden sind, könne man mithilfe künstlicher Intelligenz den Prozess der Auswertung automatisieren. Ein solches Pilotprojekt gibt es bereits mit herkömmlichen Röntgenaufnahmen. Nun soll die Dunkelfeld-Bildgebung das Bild vervollständigen. Beteiligt daran sind Radiologinnen und Radiologen des Klinikums rechts der Isar in München.
Prototyp des Röntgenverfahrens erstmals in der Klinik im Einsatz
Ganz neu ist die Dunkelfeld-Methode auch nicht. Franz Pfeiffer arbeitet seit zehn Jahren daran und verbessert die Methode mit seinem Team seitdem ständig. Im Rahmen der aktuellen Studie entwickelte die Forschungsgruppe in Kooperation mit den Radiologinnen und Radiologen am Klinikum rechts der Isar einen ersten Prototyp für das Dunkelfeld-Röntgen. Er ist nun im Einsatz und wird im Rahmen verschiedener Patientenstudien getestet.
Im Mittelpunkt stehen dabei unterschiedliche Lungenerkrankungen, welche die Medizinerinnen und Mediziner damit untersuchen. Nach den ersten vielversprechenden Ergebnissen bei Patientinnen und Patienten mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) und Covid-19 hoffen die Radiologinnen und Radiologen, dieses Bildgebungsverfahren auch gut für Erkrankungen wie Lungenkrebs, Fibrose oder Pneumothorax nutzen zu können.
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