Durchbruch in der Medizin: Weiche Roboter aus Fasern agieren autonom
Besonders langgezogene Fasern mit kleinen kanalartigen Öffnungen bieten Raum für Elemente wie Lichtleiter oder Elektroden. In Kombination mit einem kleinen Roboter könnten sie die minimalinvasive Medizin deutlich voranbringen. Sie sollen auch autonom agieren können und kaum Verletzungen verursachen.
Robotergestützte Technik ist immer mehr auf dem Vormarsch. Besonders in der Medizin sind Roboter, wenn es sich um besonders kleine Exemplare handelt, von unschätzbarem Vorteil. Sie können die minimalinvasiven Behandlungsformen sehr gut ergänzen und unterstützen. Forschende der EPFL und des Imperial College haben genau auf diesem Gebiet geforscht und einen sogenannten faserbasierten Softroboter mit fortschrittlicher Bewegungssteuerung entwickelt. Er soll unter anderem auch elektrische und optische Sensoren abgeben können sowie Flüssigkeiten gezielt zum vorgegebenen Ziel bringen.
Wann kommen die ersten Roboter für den Haushalt?
Der Vorteil eines solchen Roboters: Er lässt sich zum einen aus der Ferne an den Ort navigieren, an dem er seine Arbeit verrichten soll, und zum anderen ist er sogar mit einer halbautonomen Steuerung ausgestattet, die es ihm ermöglicht, den eigenen Weg zu finden. „Dies ist das erste Mal, dass wir weiche katheterähnliche Strukturen mit einer solchen Skalierbarkeit erzeugen können, die komplexe Funktionen integrieren und potenziell im Körper gesteuert werden können“, erläutert Fabien Sorin, Leiter der Studie.
Weiche Roboter bestehen aus Elastomeren
Für die Fasern setzten die Forschenden auf Elastomere, sogenannte elastische Polymere. Sie dehnen sich aus, nehmen danach aber wieder ihre ursprüngliche Form an. Hinzu kommt: Sie sind weich genug, damit möglichst wenig Verletzungen im empfindlichen Gewebe des Körpers entstehen. Allerdings hatten sich die Forschenden gleichzeitig auch schon für das Herstellungsverfahren entschieden. Das stellte sie vor eine neue Herausforderung, denn bisher war das thermische Ziehverfahren nur bei harten Materialien angewendet worden, zum Beispiel bei der Herstellung von Glasfaserkabeln. Es ähnelt praktisch einer Schnur aus Käse, wenn man etwas aus einem Fondue herauszieht und abkühlen lässt, bis der Käse hart wird. „Glücklicherweise hat unsere Gruppe eine Klasse von thermoplastischen Elastomeren identifiziert, die gezogen werden können und ihre elastomeren Eigenschaften nach dem Ziehen behalten“, sagt Andreas Leber, Erstautor der Studie.
Bei den Fasern für den Roboter kam es darauf an, möglichst lange zu erzeugen, die dann auch über die gesamte Länge mehrere Kanäle beinhalten. Das bedeutete für die Forschenden, den Ziehprozess extrem gut abzustimmen. Sie stellten Ziehgeschwindigkeit und Temperatur exakt aufeinander ein. So gelang es ihnen, die kontinuierlichen Kanäle herzustellen, die sorgfältig im Mikrometermaßstab in den Fasern angeordnet sind. Denn nur damit erhalten die Fasern ihre besonderen Fähigkeiten. In der Praxis bedeutet das: Wenn ein Motor an einer oder mehreren Sehnen zieht, ließe sich die Ausrichtung des Faserendes gezielt steuern und durch den Körper führen.
Weiche Roboter können auch autonom Medikamente im Körper verteilen
Das thermische Ziehverfahren ermöglicht es aber nicht nur Kanäle in die Fasern einzuarbeiten: Es sind auch Lichtleiter, Elektroden oder Mikrokanäle denkbar. Sie ermöglichen es, Medikamente zu verabreichen, liefern Bilder oder elektrische Aufzeichnungen oder stimulieren bestimmte Punkte im Körper. Genau diese Funktionen machen den Roboter dann so interessant, wenn er auch autonom agieren kann. „Integrierte Lichtleiter geben den Fasern den Sinn des Sehens. Sie können Hindernisse in ihrer Flugbahn erkennen und umgehen, und sogar gezielt Objekte wie Hohlräume selbstständig finden. Wichtige Basis dafür stellen ein ausgeklügelter Steuerungsalgorithmus sowie eine Software-Benutzeroberfläche dar, die das Forscherteam komplett neu entwickelt hat.
Für die Forschenden ist klar: Der Einsatz als ferngesteuerter Katheter ist nur eines von vielen potenziellen Anwendungsfeldern für diesen faserbasierten weichen Roboter. Er ist auch außerhalb des menschlichen Körpers eine Hilfe. Zum Beispiel ließen sich Matratzen damit ausstatten. So könnte die Schlafqualität überwacht werden und man könnte die Materialeigenschaften im Hinblick auf die Ergebnisse entsprechend anpassen. Auch für weiche Prothesen sind die Fasern geeignet, beispielsweise bei solchen, die auf eine übermäßige mechanische Belastung eines Gelenks mit einer Versteifung reagieren. Auch für die Industrie oder die Umweltsensorik könnten die weichen Roboter von Vorteil sein: Sie bewegen sich auf Grundlage von Informationen, die von integrierten Wärmesensoren, haptischen Sensoren und sogar elektrischen und optischen Systemen für das Sehen erfasst werden.
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