Elastisches Implantat überbrückt getrennte Nervenbahnen
Ein neuartiges Implantat stellt Verbindungen zwischen durchtrennten Nerven im Rückenmark her. Anders als bei ähnlichen Implantaten ist das Material jedoch so flexibel und dehnbar, dass es sich jeder Bewegung anpasst. Hoffnung für querschnittgelähmte Patienten.
Das Implantat aus Silikon ist hauchdünn, zart und transparent. Im Inneren verlaufen feine Leitungen aus Gold und die weichen Elektroden sind mit einer Mischung aus Platin und Silikon überzogen. Vor allem aber ist die elektronische Dura Mater – so benannt nach der äußeren Hirn- und Rückenmarkshaut – äußerst flexibel und dehnbar. Diese Eigenschaft bringt ihr den entscheidenden Vorteil gegenüber ähnlichen Implantaten.
Hartes Material bisheriger Implantate führt zu Abstoßungsreaktionen
An Implantaten, die in der Lage sind, durchtrennte Nervenbahnen im Rückenmark zu überbrücken und elektrische Impulse weiterleiten können, wird intensiv geforscht. Ein eher praktisches, dennoch wesentliches Problem dieser Implantate besteht bisher darin, dass die Technik der künstlichen Nervenbahnen in hartes Material eingebettet ist. Wenn sie implantiert werden, reibt sich das Nervengewebe an diesem unnachgiebigen Fremdkörper. Es kommt zu Entzündungen, Narbenbildung und recht schnell zu einer Abstoßungsreaktion.
Stéphanie Lacour und ein interdisziplinäres Team von der Polytechnischen Hochschule im schweizerischen Lausanne haben offenbar eine Lösung für das Problem gefunden. Das elastische Silikonimplantat aus der Schweiz ist in jede Richtung biegsam und macht deshalb alle Bewegungen des Körpers mit. Über die elektronische Dura Mater können sowohl elektrische Impulse als auch Medikamente transportiert werden. Nach den ersten Prognosen der Forscher könnte das Implantat über etliche Jahre hinweg im Körper bleiben, ohne dass es abgestoßen wird.
Das Implantat überträgt elektrische Impulse und Medikamente
Bisher wurde die elektronische Dura Mater an Ratten getestet. Die Ergebnisse seien vielversprechend, sagen die Forscher, obwohl noch weitere praktische Hindernisse bewältigt werden müssen. So werden die elektrischen Signale und die Botenstoffe derzeit noch über eine Kabelverbindung, die zum Implantat führt, übertragen. In Zukunft wollen die Forscher dafür eine kabellose Verbindung einrichten.
Zunächst hatten die Wissenschaftler das Implantat in gesunde Ratten verpflanzt, um eventuelle Abstoßungsreaktionen des Materials testen zu können. Nachdem es keine solchen Reaktionen gegeben hatte, wurde in einem nächsten Schritt das Implantat in den Motorcortex der Ratten verpflanzt. Von diesem abgegrenzten Bereich der Großhirnrinde aus werden willkürliche Bewegungen gesteuert. Damit wollten die Forscher die Signalübertragung des Implantates bestimmen und beobachten.
Nach acht Wochen Training konnten Ratten wieder laufen
Schließlich wurde die künstliche Dura Mater in eine Gruppe von gelähmten Ratten eingesetzt. Diese waren in einem kleinen Laufrad eingeschlossen und wurden mit elektrischen Impulsen stimuliert. Nach acht Wochen Training waren die Ratten dazu in der Lage, trotz der Lähmung wieder selbstständig zu laufen.
„Es ist das erste neuronale Implantat, das für eine Langzeitanwendung entwickelt wurde“, sagt Grégoire Courtine, einer der beteiligten Wissenschaftler. Außergewöhnlich sei die Kombination von unterschiedlichen Expertengebieten gewesen. „Dazu gehörte die Materialwissenschaft, Elektronik, Neurowissenschaften, Medizin und die Programmierung von Algorithmen.“
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