Umwelt und Gesundheit 19.11.2024, 06:50 Uhr

Erster Nachweis: Nanoplastik beeinflusst Antibiotika-Therapie

Winzige Plastikpartikel sind nicht nur schlecht für die Umwelt. Eine von der Universität Umeå in Schweden geleitete Studie hat gezeigt, dass sogenanntes Nanoplastik, das in den Körper gelangt, auch die Wirkung einer Antibiotikabehandlung beeinträchtigen kann.

Mikroplastik

Nanokunststoffe sind ein Gesundheitsrisiko in der Antibiotikatherapie.

Foto: PantherMedia /robertohunger

Mikroplastik und Nanokunststoffe stellen eine ernsthafte Bedrohung für Umwelt und Lebewesen dar. Die winzigen Kunststoffpartikel sind praktisch nicht aus der Umwelt zu entfernen und können mehrere hundert bis tausend Jahre überdauern. Sie reichern sich in Gewässern, Böden und sogar in der Arktis an. Meerestiere verwechseln Mikroplastik mit Nahrung, was einerseits den Tieren schadet. Andererseits gelangen sie auf diese Weise auch in die Nahrungskette des Menschen. Besonders problematisch sind die enthaltenen Zusatzstoffe wie Weichmacher und Flammschutzmittel, die sich zunehmend in der Nahrungskette anreichern. Die genauen gesundheitlichen Auswirkungen sind bislang jedoch kaum bekannt.

Die Ergebnisse der aktuellen Studie deuten jedoch darauf hin, dass Nanoplastik zur Entwicklung von Antibiotikaresistenzen führen kann. Selbst die Raumluft in unseren Häusern enthält hohe Mengen an Nanoplastik, unter anderem aus Nylon, was besonders problematisch ist.

Winzige Kunststoffpartikel absorbieren Antibiotika

„Die Ergebnisse sind alarmierend, wenn man bedenkt, wie weit verbreitet Nanokunststoffe sind und dass wirksame Antibiotika für viele Menschen den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen können“, sagt Lukas Kenner, Professor am Institut für Molekularbiologie der Universität Umeå und einer der leitenden Forscher der Studie.

Nanokunststoffe sind Kunststoffpartikel, die kleiner als ein Tausendstel Millimeter sind. Aufgrund ihrer geringen Größe können sie frei in der Luft schweben und in den Körper gelangen.

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In der Studie, die auch von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in Deutschland und Ungarn geleitet wurde, haben sich die Autoren darauf konzentriert, wie einige der häufigsten Nanokunststoffe mit Tetracyclin interagieren. Tetracyclin ist ein weit verbreitetes Breitbandantibiotikum. Es stellte sich heraus, dass sich die Antibiotika auf den Oberflächen der Nanokunststoffpartikel signifikant anreichern: Nanokunststoffe scheinen Antibiotika zu absorbieren.

Antibiotika werden von Plastik im Körper womöglich weitertransportiert

Die betreffenden Nanokunststoffe stammen von gängigen Kunststoffarten wie Polyethylen, Polypropylen, Polystyrol und Nylon. Sie sind häufig in Verpackungen und Textilien zu finden. Die Luft in Innenräumen enthält etwa fünfmal so viel Nanoplastik wie die Außenluft, was zum Teil auf Partikel aus Textilien zurückzuführen ist.

Die Forschenden weisen auf ein Risiko hin: Die Bindung an Nanokunststoffe kann dazu führen, dass Antibiotika mit dem Nanokunststoff im Blutkreislauf „per Anhalter“ an andere Stellen im Körper transportiert werden, als sie eigentlich vorgesehen sind. Dies kann sowohl die gezielte Wirkung der Antibiotika verringern als auch das Risiko bergen, dass antibiotikaresistente Bakterien entstehen. Wenn sich Antibiotika in nicht für sie vorgesehenen Bereichen ansammeln, können subletale Dosen bakterielle Mutationen auslösen und zur Selektion antibiotikaresistenter Stämme führen.

Die Forscherinnen und Forscher analysierten mithilfe von Computermodellen, wie sich die Nanokunststoffe an Tetracyclin binden. Die Bindung an Nylon war besonders stark  – es ist eine der Substanzen, die in Nanokunststoffen in der Raumluft am häufigsten vorkommen.

Gesundheitsrisiko von Kunststoff aus Sich der Forschenden nachgewiesen

„Obwohl weitere Forschung erforderlich ist, um die Zusammenhänge und mögliche Maßnahmen zu beleuchten, können wir aus unseren Ergebnissen schließen, dass Nanokunststoffe ein Gesundheitsrisiko darstellen, das ernster genommen werden sollte“, sagt Lukas Kenner.

Die Studie, die in der wissenschaftlichen Zeitschrift „Scientific Reports“ veröffentlicht wurde, haben Lukas Kenner an der Universität Umeå, Barbara Kirchner an der Universität Bonn in Deutschland und Oldamur Hollóczki an der Universität Debrecen in Ungarn geleitet. Für die Teilstudie über die Bindung von Nanoplastik an Antibiotika war Nikola Zlatkov Kolev am Institut für Molekularbiologie der Universität Umeå verantwortlich. Lukas Kenner hat vor Kurzem eine Gastprofessur am Institut für Molekularbiologie der Universität Umeå angetreten und setzt seine Forschung zu Nanoplastik und gesundheitlichen Auswirkungen fort.

Ein Beitrag von:

  • Anke Benstem

    Anke Benstem ist freie Journalistin, Buchautorin und Texterin. Sie gehört zum Team von Content Qualitäten. Ihre Themen: Klima und Umwelt.

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