Erstes Baby nach vollautomatisierter KI-Befruchtung geboren
Weltneuheit in der Reproduktionsmedizin: Erstes Baby nach automatisierter und ferngesteuerter künstlicher Befruchtung geboren.

Viele Frauen werden nur mit Hilfe einer künstlicher Befruchtung schwanger. Erstmals wurden die 23 Schritte einer ICSI-Befruchtung vollautomatisiert und mit Hilfe von KI durchgeführt.
Foto: PantherMedia / phase4studios
Zum ersten Mal weltweit wurde ein Kind geboren, das durch ein vollständig automatisiertes, fernsteuerbares System zur Intrazytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI) gezeugt wurde. Dabei handelt es sich um eine bewährte Methode der künstlichen Befruchtung, bei der eine einzelne Samenzelle direkt in eine reife Eizelle eingebracht wird.
Das Projekt wurde von einem interdisziplinären Team aus den USA und Mexiko durchgeführt. Verantwortlich waren Fachleute von Conceivable Life Sciences unter der Leitung von Embryologe Dr. Jacques Cohen, Reproduktionsmediziner Dr. Alejandro Chavez-Badiola und dem leitenden Ingenieur Professor Gerardo Mendizabal-Ruiz.
Inhaltsverzeichnis
Automatisierung aller 23 ICSI-Schritte
Das neu entwickelte System ist in der Lage, jeden einzelnen Schritt des 23-teiligen ICSI-Prozesses automatisch auszuführen. Dabei kommen sowohl künstliche Intelligenz (KI) als auch digitale Fernsteuerung zum Einsatz. Die Behandlung wurde unter Aufsicht eines unabhängigen Ausschusses in der Klinik Hope IVF Mexico in Guadalajara durchgeführt.
Derzeit wird ICSI weltweit ausschließlich von speziell geschulten Embryologinnen und Embryologen manuell durchgeführt. Die Ergebnisse variieren jedoch stark, da die Qualität des Eingriffs stark von der individuellen Erfahrung abhängt. Hier setzt die Technik an: „Die Automatisierung kann die Präzision erhöhen, die Effizienz steigern und reproduzierbare Ergebnisse liefern“, sagt Dr. Cohen. Ziel sei es, Schwankungen zu minimieren und den körperlichen und psychischen Druck auf das medizinische Personal zu senken.
KI steuert auch Spermienauswahl und Injektion
Besonders hervorzuheben ist die Rolle der künstlichen Intelligenz bei der Durchführung des Eingriffs. Sie übernimmt die Auswahl der Spermien, positioniert diese exakt in der Injektionspipette und kontrolliert die Einbringung in die Eizelle.
„Mit KI“, so Professor Mendizabal-Ruiz, „wählt das System selbstständig Spermien aus und immobilisiert präzise deren Mittelteil mit einem Laser, um sie für die Injektion vorzubereiten – und führt diesen schnellen, präzisen Prozess mit einer Genauigkeit aus, die über die menschliche Fähigkeit hinausgeht.“
Behandlung per Fernsteuerung über Kontinente hinweg
Die erfolgreiche Geburt gelang bei einer 40-jährigen Patientin, die bereits einen erfolglosen IVF-Versuch hinter sich hatte. In dem Pilotversuch wurden ihr fünf Spendereizellen zugewiesen, die mit dem automatisierten System befruchtet wurden. Drei weitere Eizellen dienten als Kontrollgruppe und wurden manuell befruchtet.
Alle Eingriffe des automatisierten ICSI-Systems wurden digital aus der Ferne gesteuert – aus der Klinik in Guadalajara sowie aus einem Kontrollzentrum in New York, rund 3.700 km entfernt. Die Durchführung aller 23 Schritte pro Eizelle nahm im Durchschnitt knapp zehn Minuten in Anspruch. Die etwas längere Dauer im Vergleich zur herkömmlichen Methode erklärt sich durch den experimentellen Charakter des Systems. Künftig soll die Prozesszeit laut Professor Mendizabal-Ruiz deutlich verkürzt werden.

Oben sehen Sie, was der Embryologe bei der Durchführung einer manuellen Routine-ICSI durch das Mikroskop sieht: zwei Mikrowerkzeuge und eine reife Eizelle. Unten sehen Sie, was die Autoren bei der Durchführung einer ferngesteuerten automatischen ICSI sehen: zwei Mikrowerkzeuge, eine reife Eizelle und digitale Steuerungen zur Durchführung aller ICSI-Schritte aus der Ferne. Am unteren Bildschirmrand befinden sich Schaltflächen für die autonomen Schritte. Links und rechts befinden sich digitale Steuerungen, die bei einem Ausfall eines autonomen Schritts die Steuerung übernehmen. Der Embryologe kann sich einen Meter entfernt an einem Laborcomputer oder viele Kilometer entfernt an einem Heimcomputer befinden.
Foto: Conceivable Life Sciences
Befruchtung und Geburt erfolgreich
Vier der fünf Eizellen aus der automatisierten Gruppe wurden erfolgreich befruchtet. Auch die drei Eizellen aus der Kontrollgruppe entwickelten sich normal. Aus der automatisierten Gruppe entstand ein qualitativ hochwertiger Embryo, der das sogenannte Blastozystenstadium erreichte – ein fortgeschrittenes Entwicklungsstadium vor der Einnistung in die Gebärmutter.
Dieser Embryo wurde zunächst eingefroren und später in einem weiteren Zyklus eingesetzt. Das Ergebnis: Eine komplikationsfreie Schwangerschaft und die Geburt eines gesunden Jungen.
Ausblick: Automatisierung im IVF-Labor auf dem Vormarsch
„Das neue ICSI-System automatisiert jeden einzelnen Schritt – inklusive Spermienbehandlung und -auswahl durch KI“, erklärt Dr. Chavez-Badiola. Der große Vorteil liegt für ihn in der Standardisierung. Doch für einen breiten Einsatz müsse das Verfahren nun in größer angelegten Studien weiter überprüft werden.
Schon heute wird in IVF-Laboren zunehmend automatisiert gearbeitet. So kommen etwa KI-gestützte Inkubatoren zum Einsatz, die die Entwicklung von Embryonen in Echtzeit überwachen und bewerten. Auch bei der Lagerung von Keimzellen oder der Spermienaufbereitung helfen automatisierte Verfahren.
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