Durchbruch in der Medizintechnik 31.05.2024, 07:00 Uhr

Fünffach bessere Ultraschallbilder

Die Ultraschalltechnik hat der Medizin neue Möglichkeiten eröffnet. Rund 90 Jahre nachdem diese Technik erstmals zu diagnostischen Zwecken eingesetzt wurde, haben Forschende der Ruhr-Universität Bochum mithilfe flitzender Bläschen und cleverem Algorithmus eine deutlich bessere Auflösung entwickelt.

Das Bild zeigt die herkömmliche Ultraschallmethode sowie die Ultraschall-Lokalisations-Mikroskopie (re.) anhand einer Mausniere.

Eine Mausniere ist winzig klein. Mithilfe der Ultraschall-Lokalisations-Mikroskopie (re.) lassen sich die Gefäßt gut sichtbar darstellen.

Foto: Georg Schmitz

Laien sehen auf den Bildern vor allem schwarze und weiße Gebilde, manchmal auch farbliche Verläufe, wenn Ärztinnen und Ärzte beispielsweise Gefäße per Ultraschall kontrollieren. Doch das geübte Auge von Ärztinnen und Ärzten kann auf einem Ultraschall sogar kleinste Details im menschlichen Körper anschauen und somit Veränderungen oder Anomalien feststellen. Kein Wunder, dass diese Technik aus der modernen Medizin heute nicht mehr wegzudenken ist. Ein Team der Ruhr-Universität Bochum (RUB) beschäftigt sich seit mehr als zehn Jahren mit einer Weiterentwicklung der Ultraschalltechnik.

Schluss mit Tabletten? – Mit Ultraschall Schmerzen lindern

Georg Schmitz, Professor und Leiter des Lehrstuhls Medizintechnik an der RUB, hat dabei mit seinem Team den Fokus auf die Ultraschall-Lokalisations-Mikroskopie (ULM) gerichtet. Das Besondere an dieser Technik ist, dass ein herkömmliches Ultraschall-Kontrastmittel zum Einsatz kommt. Das setzt dann im Körper Mikrogasbläschen frei. Diese können die Ärztinnen und Ärzte dann im Rahmen der Ultraschall-Untersuchung sehr genau lokalisieren und verfolgen. Das Ergebnis: Es entstehen Bilder von Mikrogefäßen, die sich mit herkömmlicher Ultraschall-Technik aufgrund der Auflösung nicht darstellen ließen. Neben dem Kontrastmittel sind zudem verschiedene Rechenschritte notwendig, damit sich die Gefäßstruktur auch wirklich bis ins kleinste Detail abbilden lässt. Die Forschenden haben dies unter anderem an der Gefäßstruktur der Niere einer Maus überprüft.

Bläschen im Kontrastmittel verbessern Ultraschallbilder

Der Einsatz des Kontrastmittels und die dadurch besseren Bilder hat Schmitz mit seinem Team bereits 2011 entdeckt. Doch es hat klare Grenzen, welche die Untersuchung einschränken. Das hängt vor allem mit der zeitlichen Komponente zusammen. „Das Kontrastmittel hält sich nur etwa zehn Minuten im Körper, dann werden die Bläschen abgebaut und das Gas wird über die Lunge abgeatmet“, sagt Georg Schmitz. Das bedeutet einerseits, dass diese Untersuchungen gut vorbereitet und zeitlich geplant werden müssen und andererseits Ärztinnen und Ärzten ein nur kleines Zeitfenster für solche Untersuchungen bleibt. Deshalb suchte Schmitz mit seinem Team nach weiterem Verbesserungspotenzial.

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Hand am Ultraschall bei der Untersuchung mit Blick auf den Bildschirm im Hintergrund
In nur 30 bis 90 Sekunden ist mithilfe der Ultraschall-Lokalisations-Mikroskopie die Bildaufnahme erledigt.

Foto: Roberto Schirdewahn

Auf dem Bildschirm zeigt die Ultraschall-Lokalisations-Mikroskopie die Bläschen.
Die Ultraschall-Lokalisations-Mikroskopie eignet sich zum Beispiel für die Unterschung von Lymphknoten am Hals.

Foto: Roberto Schirdewahn

Kopf eines Ultraschallgerätes am Hals einer Patientin.
Die Ultraschall-Lokalisations-Mikroskopie verbessert die Auflösung um mindestens das Fünffache.

Foto: Roberto Schirdewahn

Die Idee der Forschenden ging in Richtung eines cleveren Algorithmus, der die bildliche Darstellung unterstützt und verbessert. Da solche Ultraschallbilder ohnehin rechnerisch bearbeitet werden und es mehrere Rechenschritte in diesem Verfahren gibt, war der Ansatz rasch gefunden. Zum Beispiel rechnet das System schon die Bewegung der Patientin oder des Patienten heraus, um die Ultraschall-Bilder zu verfeinern. Den Forschenden gelang es, im Rahmen ihrer Experimente, den Hintergrund des Bildes herauszufiltern, sodass nur die Bläschen sichtbar bleiben. Darüber hinaus konnten sie jeweils die Mitte jedes einzelnen Bläschens eindeutig markieren. Dadurch kann der Algorithmus den Weg, den das Bläschen bereits zurückgelegt hat, ermitteln. „Unser Algorithmus betrachtet dafür immer eine Gruppe benachbarter Bilder und entscheidet nach der größten Wahrscheinlichkeit, welchen Weg ein Bläschen zurückgelegt hat“, erläutert der Professor für Medizintechnik. Den Algorithmus entwickelte eine zweite Forschergruppe – von der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik an der RUB.

Algorithmus erhöht die Auflösung von Ultraschallbildern enorm

Durch den Einsatz dieses Algorithmus entsteht innerhalb weniger Minuten das Bild eines Gefäßsystems, die winzig klein sind und durch die sich die Bläschen hindurchbewegt haben. Den Forschenden ist es sogar gelungen, die Richtung und Geschwindigkeit der Bläschen zu erkennen. Genau diese speziellen Informationen sind für Ärztinnen und Ärzten von besonderer Bedeutung. „Denn daraus können sie Schlüsse ziehen, welche Charakteristika beispielsweise ein Tumor hat: Von wo aus wird er versorgt? Wie sehen die Blutgefäße aus?“

Solche detaillierten Informationen helfen den Ärztinnen und Ärzten dabei, nicht nur die Erkrankung hinsichtlich ihrer aggressiven Form besser einzuschätzen, sondern auch passendere und erfolgreichere Therapien anzuwenden. Darüber hinaus kann zum Beispiel auch die Wirkung der Chemotherapie damit begleitend überwacht werden. Denn die ULM ist aktuell die einzige Möglichkeit, feinste Blutgefäße, die einige Zentimeter tief unter der Haut liegen, adäquat sichtbar zu machen. Nach Angaben der Forschenden haben bereits diverse Hersteller von Medizingeräten Interesse an der neuen Technik angemeldet.

Ein Beitrag von:

  • Nina Draese

    Nina Draese hat unter anderem für die dpa gearbeitet, die Presseabteilung von BMW, für die Autozeitung und den MAV-Verlag. Sie ist selbstständige Journalistin und gehört zum Team von Content Qualitäten. Ihre Themen: Automobil, Energie, Klima, KI, Technik, Umwelt.

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