Medizin und Gesundheit 18.10.2024, 07:00 Uhr

Handprothesen mit den Gedanken präzise steuern

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Deutschen Primatenzentrums haben ein neues Trainingsprotokoll für Gehirn-Computer-Schnittstellen entwickelt, das die Feinmotorik von Handprothesen optimiert. Die Studie mit Rhesusaffen zeigt, dass vor allem neuronale Signale, die Handpositionen steuern, entscheidend sind, um die Kontrolle künstlicher Gliedmaßen zu verbessern und gelähmten Patienten mehr Mobilität zu ermöglichen.

Eine Tastatur auf der eine Hand und eine Handprothese schreiben.

Die neuen Forschungsergebnisse könnten in Zukunft präszisere Bewegungen von Prothesen ermöglichen.

Foto: © PantherMedia / KostyaKlimenko

Die Fähigkeit, alltägliche Tätigkeiten wie das Tragen von Einkaufstaschen oder das Einfädeln eines Fadens auszuführen, ist für viele Menschen selbstverständlich. Doch für Personen mit Querschnittslähmung oder Krankheiten wie ALS, die zu fortschreitenden Muskellähmungen führen, stellt der Verlust der Handfunktion eine enorme Herausforderung dar. Um Betroffenen zu helfen, arbeiten Forscherinnen und Forscher seit langem an der Entwicklung von Neuroprothesen – künstlichen Gliedmaßen, die über Gehirn-Computer-Schnittstellen gesteuert werden können. Trotz großer Fortschritte mangelt es jedoch vor allem bei Handprothesen noch an der richtigen Feinmotorik für den Einsatz im Alltag.

Wie effektiv eine Prothese ist, hängt davon ab, welche neuronalen Daten die Computer-Schnittstelle verarbeitet. Während sich frühere Studien hauptsächlich auf Signale konzentrierten, die die Geschwindigkeit einer Greifbewegung kontrollieren, untersuchte das Forscherteam um Andres Agudelo-Toro vom Deutschen Primatenzentrum, ob sich neuronale Signale, die für verschiedene Handpositionen verantwortlich sind, besser eignen, um Handprothesen präziser zu steuern. Die Verwendung von Rhesusaffen gilt als als vorteilhaft für die Erforschung von Greifbewegungen, da die Tiere hochentwickelte Nerven- und Sehsysteme sowie eine ausgeprägte Feinmotorik haben.

Neuartiges Trainingsprotokoll für präzisere Handprothesen

Im Rahmen der Studie trainierten die Forschenden zwei Rhesusaffen darauf, eine virtuelle Avatar-Hand auf einem Bildschirm zu bewegen. Während der Übungsphase führten die Affen die Handgriffe mit ihrer eigenen Hand aus und beobachteten gleichzeitig die entsprechende Bewegung der virtuellen Hand. Ein Daten-Handschuh mit Magnetsensoren zeichnete die Handbewegungen der Tiere auf. Anschließend wurden die Affen vor die Herausforderung gestellt, die virtuelle Hand allein durch „Vorstellung“ des Griffs zu steuern, wobei die Aktivität von Nervenzellpopulationen in den für Handbewegungen verantwortlichen Hirnarealen gemessen wurde.

Das Forscherteam konzentrierte sich auf die neuronalen Signale, die verschiedene Haltungspositionen der Hand und Finger übernehmen, und passte den Algorithmus der Gehirn-Computer-Schnittstelle entsprechend an. Im Gegensatz zum klassischen Protokoll berücksichtigte der neue Algorithmus nicht nur das Ziel einer Bewegung, sondern auch den Weg der Ausführung. Dieses neuartige Trainingsprotokoll führte letztlich zu den präzisesten Ergebnissen bei der Steuerung der Handprothese.

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Vergleichbare Präzision zwischen Avatar-Hand und echter Hand

Um zu überprüfen, wie effektiv die neue Idee ist, verglichen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Greifbewegungen der Avatar-Hand mit den zuvor aufgezeichneten Daten der echten Hand. Die Ergebnisse zeigten, dass die Bewegungen der Handprothese mit vergleichbarer Präzision ausgeführt wurden wie die der echten Hand. Dieses Ergebnis macht die Bedeutung der neuronalen Signale, die für die Positionierung und die Handhaltung verantwortlich sind, bei der Steuerung von Neuroprothesen deutlich.

Hansjörg Scherberger, Leiter der Abteilung Neurobiologie und Seniorautor der Studie, erläutert die Relevanz der Ergebnisse für zukünftige Entwicklungen: „Unsere Studie zeigt, dass vor allem die Signale, die die Position und Haltung einer Hand steuern, entscheidend sind, um die Funktionalität von Gehirn-Computer-Schnittstellen zu verbessern und damit auch die Feinmotorik neuronaler Prothesen zu optimieren.“ Die gewonnenen Erkenntnisse könnten nun genutzt werden, um die Präzision gedankengesteuerter Handprothesen zu verbessern und betroffenen Patientinnen und Patienten ein Stück weit mehr Mobilität zu geben.

Wichtiger Schritt zur Verbesserung der Lebensqualität

Die Ergebnisse der Studie, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Europäischen Union (Horizon 2020) gefördert wurde, stellen einen wichtigen Fortschritt auf dem Weg zu hochpräzisen Handprothesen dar. Durch die optimierte  Feinmotorik können künstliche Gliedmaßen besser an die individuellen Bedürfnisse der Betroffenen angepasst werden und ihnen ein Stück Unabhängigkeit zurückgeben. Die Forschungsarbeit des Deutschen Primatenzentrums leistet somit einen Beitrag zur Verbesserung der Lebensqualität von Menschen mit Behinderungen und eröffnet neue Perspektiven für die Entwicklung fortschrittlicher Neuroprothesen.

Ein Beitrag von:

  • Julia Klinkusch

    Julia Klinkusch ist freiberufliche Texterin und Medizinautorin.

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