Bei Altersweitsichtigkeit und Grauem Star 22.10.2015, 11:45 Uhr

Künstliche Augenlinse mit Flüssigkristall ersetzt Lesebrille

Die Ü-50-Generation sollte sich diesen Namen merken: Devesh Mistry. Denn der britische Wissenschaftler ebnet ihr gerade den Weg für eine Zukunft ohne Lesebrille: Mistry hat eine künstliche Augenlinse aus Flüssigkristallen entwickelt, die bei Altersweitsichtigkeit und Grauem Star eingesetzt werden soll. 

Prototyp einer elektrisch schaltbaren Kontaktlinse, die ebenfalls an der University of Leeds entwickelt wurde – und quasi die Grundlage für Mistrys Arbeiten darstellt. 

Prototyp einer elektrisch schaltbaren Kontaktlinse, die ebenfalls an der University of Leeds entwickelt wurde – und quasi die Grundlage für Mistrys Arbeiten darstellt. 

Foto: University of Leeds

Mit zunehmendem Alter lässt die Flexibilität der Augenlinse nach. Ab etwa 45 Jahren kann es zur Weitsichtigkeit kommen. Kleingedrucktes wird schwer lesbar und sogar das Bedienen eines Smartphones kann zur Herausforderung werden. Da muss eine Lesebrille her.

Der Forscher Devesh Mistry von der britischen Universität in Leeds hat im Rahmen seiner Doktorarbeit nun eine künstliche Augenlinse entwickelt, die die althergebrachte Lesebrille ablösen könnte.

Aber auch Menschen, die unter dem Grauen Star leiden, eine Augenkrankheit, bei der die natürliche Linse eingetrübt wird, könnten von der neuen Linse profitieren. Seine Lösung für eine interagierende Augenlinse sind Flüssigkristalle, wie sie auch in Smartphones, Tablets und TV-Monitoren verwendet werden. In 6 bis 10 Jahren könnten erste Patienten davon profitieren. Und endlich die Lesebrille ausrangieren.

Nicht fest und nicht flüssig

Die Eigenschaften von Flüssigkristallen sind ideal für die Augenlinse: So weist das Material richtungsabhängige Eigenschaften auf, die für die Bewegungen der Augenlinsen notwendig sind. Und kann auf Stimulierungen des Auges reagieren. „Flüssigkristalle sind eine sehr unterschätzte Phase der Materie“, erklärte Mistry gegenüber The Times. „Flüssigkristalle liegen zwischen kristallinen Feststoffen und Flüssigkeiten. Sie haben eine geordnete Struktur wie ein Kristall, aber sie können auch wie eine Flüssigkeit fließen und reagieren auf Reize.“

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Doktorand Devesh Mistry im Labor.

Doktorand Devesh Mistry im Labor.

Quelle: University of Leeds

Muskeln in der natürlichen Linse krümmen sich, je nachdem was sich der Betrachter gerade anschaut – und stellen so scharf. Doch mit den Jahren wird die Linse im Auge steif. Der Fokus auf Dinge in der Nähe funktioniert nicht mehr. Die sogenannte Altersweitsichtigkeit tritt ein.

In dem Falle könnte künftig der Augenchirurg zum Einsatz kommen und die neue Flüssigkristall-Linse einsetzen. Dafür muss ein Einschnitt in die Hornhaut vorgenommen werden. Dabei wird die alte Linse mit Hilfe von Ultraschall herausgebrochen. Für die Operation soll eine örtliche Betäubung ausreichen.

Interagiert mit den Augenmuskeln

Nach erfolgreicher Operation übernimmt die Flüssigkristall-Linse nun die Aufgabe der schlaff gewordenen Augenlinse. Die künstliche Linse nimmt die Muskelbewegung des Auges auf und passt sich ihr an.

Devesh will bis Ende 2018 einen funktionsfähigen Prototyp fertigstellen. In etwa 6 bis 10 Jahren soll die Flüssigkristall-Linse nach seinen Vorstellungen in den Handel kommen. Dafür arbeitet er mit dem Spezialisten für Kontaktlinsen Ultravision CLPL sowie Eurolens Research an der University of Manchester zusammen.

Ein kanadischer Optiker hat bereits eine bionische Linse entwickelt, die die Sehkraft auf alle Entfernungen hin enorm verbessern soll. Besteht sie die klinischen Tests, könnte die bionische Linse bereits 2017 zu haben sein.

 

Ein Beitrag von:

  • Petra Funk

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