Künstliche Gebärmutter soll Schock der Frühgeburt abschwächen
Babys verlieren bei der Geburt schlagartig ihre Geborgenheit. Neun-Monats-Kinder stecken das locker weg, Frühchen erholen sich manchmal nie von dem Schock. Eine textile Nachbildung des Uterus mit eingebauten Aktuatoren soll das Trauma künftig abschwächen.
Ungeborene Babys befinden sich sicher im Leib der Mutter: Sie hören ihre Stimme, können sich im Fruchtwasser bewegen, empfangen Reize von der Wand der Gebärmutter, vernehmen den Herzschlag und haben stets die gleiche Temperatur. Das ändert sich schlagartig bei der Geburt. Brutkästen, so genannte Inkubatoren, bieten dann nur noch die gewohnte Wärme. Die Geborgenheit ist dagegen mit einem Schlag verschwunden.
Uterus aus Stoff soll Kindern Geborgenheit bieten
Säuglinge, die nach neun Monaten geboren werden, stecken die neue, unwirtliche Umwelt meist locker weg. Ganz anders sogenannte Frühchen, also Babys, die weit vor dem errechneten Termin geboren werden. Die meisten leiden später an motorischen und sensorischen Defiziten, die behandelt werden müssen. Künftig sollen diese Säuglinge in einem künstlichen Uterus heranwachsen, bis sie reif sind für das wirkliche Leben als Baby.
Wissenschaftler der Hohenstein Institute in Bönnigheim nahe Stuttgart, die sich auf die Entwicklung von Textilien spezialisiert haben, arbeiten derzeit an einer Art Tasche aus Stoff, die den mütterlichen Uterus simulieren soll. Integriert werden Aktuatoren, die das Baby stimulieren – wie die Muskelbewegungen des realen Uterus. So werden die motorischen und sensorischen Fähigkeiten gefördert und damit die Entwicklung des Gehirns.
Aus einem Lautsprecher werden das dumpfe Pochen des Herzens der Mutter und ihre Stimme zu hören sein. Beides hat eine beruhigende Wirkung auf das Frühgeborene und stimuliert gleichzeitig dessen Entwicklung. Derzeit befinden sich am Markt keine Medizinprodukte für Säuglings-Inkubatoren, die eine sogenannte sensorische Integrationstherapie ermöglichen.
Erster Prototyp soll 2015 fertig sein
Weil die Technik der eines Taucheranzugs ähnelt, haben die Hohensteiner das Spezialunternehmen Beluga-Tauchsport aus Scheeßel in Niedersachsen mit ins Boot geholt. Als Textilspezialist nimmt die Weberei M. Zellner aus Michelau in Oberfranken am Projekt teil.
Entscheidend für den Erfolg des Projekts, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert wird, ist die Auswahl eines Gewebes, das der inneren Oberfläche des Uterus möglichst vollkommen gleicht. Sie muss sich genau so anfühlen, die gleiche Elastizität haben und den Bewegungen des Frühchens den gleichen Widerstand entgegensetzten wie das natürliche Vorbild. Der erste Prototyp soll im nächsten Jahr fertig sein und getestet werden.
Ein Beitrag von: