Künstliche Intelligenz erkennt Covid-19 am Uniklinikum Jena
Das Uniklinikum Jena setzt als erstes deutsches Krankenhaus auf künstliche Intelligenz (KI) in der Covid-19-Bildgebung. Die KI unterstützt die Radiologie des Klinikums in der Computertomographie-Befundung bei Covid-19-Verdacht.
Eine klassische Lungenentzündung von einer Covid-19-Lungenentzündung zu unterscheiden ist eine große Herausforderung für Radiologen. Das Universitätsklinikum Jena (UKJ) setzt nun als erstes deutsches Klinikum auf die Hilfe von künstlicher Intelligenz. Die KI wird in der Covid-19-Bildgebung eingesetzt.
„Die künstliche Intelligenz kann in Sekundenschnelle automatisch Covid-19-verdächtige Areale in CT-Bildern erkennen, markieren und so die radiologische Diagnostik unterstützen. Die KI ersetzt allerdings nicht das gängige PCR-Testverfahren, da nicht alle mit Sars-CoV-2-infizierten Patienten eine Covid-19-Lungenentzündung entwickeln“, erklärt Felix Güttler, technisch-kaufmännischer Leiter des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie (IDIR) am UKJ.
Besteht ein Verdacht auf Covid-19, kommt die Computertomographie (CT) bei Patienten zum Einsatz. Die KI wurde darauf trainiert, Krankheitssymptome in den CT-Bildern zu erkennen. Dazu hat das Klinikum Covid-19-Fälle aus China verwendet. Das Wuhan Tongji Hospital und das Zhongnan Hospital der Wuhan University kooperierten. Spezialisten der Firma Infervision Europe GmbH haben die KI anschließend an den Geräten des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie installiert. Zudem entwickelten die Experten von Infervision aufgrund von Datensätzen aus Wuhan einen Algorithmus zur Erkennung von Covid-19.
„Innerhalb weniger Sekunden kann eine prozentuale Risikobewertung für Covid-19 erstellt werden. Das KI-System kann Mitarbeiter bei Verdachtsfällen mit stark erhöhtem Risiko warnen, noch bevor der Befund erstellt wird. So werden die bereits etablierten und wirksamen Maßnahmen zum Schutz vor einer Ansteckung mit Sars-CoV-2 weiter verstärkt“, so Ulf Teichgräber, Direktor des IDIR.
Uniklinikum hat schon Erfahrung mit künstlicher Intelligenz
Die Radiologie des Thüringer Uniklinikums hat bereits vor der Coronakrise Erfahrungen mit künstlicher Intelligenz gemacht.
„Seit einem Jahr setzen wir KI für die Bildrekonstruktion am CT in der radiologischen Routine ein und verringern dadurch das Bildrauschen und die Strahlenexposition. Mit dem KI-System für Covid-19 erweitern wir unsere Möglichkeiten einmal mehr“, sagt Güttler.
Durch den Einsatz der KI werden die CT-Aufnahmen mit höherer Bildschärfe erzeugt. Das ist ein klarer Vorteil gegenüber den bisher zur Verfügung stehenden Methoden zur Bildrekonstruktion. Das neuronale Netzwerk lernt dabei aus Erfahrungen. „In dem Deep Learning genannten Prozess lernen die künstlichen Neuronen des Netzwerks entsprechend ihrem biologischen Vorbild durch intensives Training. Deshalb verbessert sich die Bildqualität mit jeder weiteren Aufnahme“, so Güttler weiter.
Die selbstlernende Software optimiert das sogenannte Bildrauschen. Darunter versteht man die grobkörnige Darstellung von Organen und Strukturen in den Computertomographie-Aufnahmen. Es profitieren nicht nur Patienten mit Kopf- oder Ganzkörper-Untersuchungen, sondern vor allem Betroffene von Herzerkrankungen oder Schlaganfällen. Hier ist eine exakte Diagnose in kurzer Zeit nötig und machbar. Dank der KI hat jede CT-Aufnahme eine erstklassige Bildschärfe bekommen – und das bei der gleichen Strahlendosis wie bisher. Die Strahlenbelastung einer CT-Untersuchung ist oftmals vergleichbar mit der Strahlung während eines Langstreckenflugs. Ob die KI auch weniger Strahlung ermöglicht, muss allerdings in den kommenden Monaten erst analysiert werden.
Die künstliche Intelligenz in der Radiologie wird nun flächendeckend für die bildgebende Diagnostik am Jenaer Uniklinikum eingesetzt. Pro Jahr werden circa 25.000 Patienten mithilfe eines CTs am Uniklinikum in Thüringen untersucht.
Corona-Fälle in Jena
Die Stadt Jena hat am 14. April einen dritten Todesfall als Folge einer Corona-Infektion bestätigt. Der Patient habe Vorerkrankungen gehabt und sei schon seit längerer Zeit auf der Intensivstation des Universitätsklinikums behandelt worden. Am 14. April gab es 155 bestätigte Fälle.
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