Künstliche Intelligenz im Kampf gegen giftige Schlangenbisse
KI entwickelt neue Proteine gegen tödliches Schlangengift. Fortschrittliche Methoden versprechen sichere, effektive und kostengünstige Gegengifte.
Forschende haben mit mithilfe von künstlicher Intelligenz neue Proteine entwickelt, um hochgiftige Bestandteile von Schlangengift zu neutralisieren. Bisherige Gegenmittel sind teuer und haben oft schwere Nebenwirkungen. Die neuen Methoden bieten Hoffnung auf sicherere, kostengünstigere und leichter zugängliche Therapeutika für Betroffene.
Inhaltsverzeichnis
Der Kampf gegen Schlangengift: Ein globales Gesundheitsproblem
Jedes Jahr werden weltweit über zwei Millionen Menschen von Schlangen gebissen. Laut der Weltgesundheitsorganisation sterben über 100.000 Menschen an den Folgen dieser Bisse. Weitere 300.000 erleiden schwerwiegende Komplikationen wie Amputationen, bleibende Behinderungen oder Gewebeschäden. Besonders betroffen sind Regionen wie Subsahara-Afrika, Südasien, Papua-Neuguinea und Lateinamerika, in denen Schlangenbisse ein ernstzunehmendes öffentliches Gesundheitsproblem darstellen.
Die aktuellen Behandlungen von Schlangenbissen basieren auf Antikörpern, die aus dem Plasma von immunisierten Tieren gewonnen werden. Diese Methode ist jedoch teuer, eingeschränkt wirksam und birgt das Risiko schwerer Nebenwirkungen wie Schockzustände oder Atemprobleme. Das neue Gegenmittel auf Basis von Proteinen soll das ändern.
Fortschritte durch computergestützte Biologie
Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des UW Medicine Institute for Protein Design in Washington und der Technischen Universität Dänemark hat mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) neue Proteine entwickelt, die hochgiftige Bestandteile von Schlangengift neutralisieren können. Die Ergebnisse dieser Forschung wurden kürzlich in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht.
Susana Vazquez Torres, Hauptautorin der Studie, stammt aus Querétaro in Mexiko, einer Region, die von giftigen Schlangen wie Vipern und Klapperschlangen bewohnt wird. Ihr Ziel ist es, neue Medikamente für vernachlässigte Krankheiten und Verletzungen zu entwickeln, darunter auch für Schlangenbisse. Gemeinsam mit einem Team aus internationalen Expertinnen und Experten konzentrierte sie sich auf die Neutralisierung von Elapiden-Giften. Elapiden sind eine Familie giftiger Schlangen, zu denen Kobras und Mambas gehören.
Die Gifte vieler Elapiden enthalten sogenannte Dreifingertoxine, hochgefährliche Chemikalien, die das Gewebe schädigen und Nervenimpulse blockieren. Dies führt zu Lähmungen und kann letztlich zum Tod führen. Bisherige Antikörper-basierte Behandlungen sind gegen diese Toxine oft nur begrenzt wirksam. „Die Bemühungen, neue Medikamente zu entwickeln, waren langsam und mühsam“, erklärt Vazquez Torres. Hier setzt die neue Methode an.
Proteindesign durch KI
Die Forschenden nutzten fortschrittliche Deep-Learning-Algorithmen, um Proteine zu entwickeln, die gezielt an Dreifingertoxine binden und deren Wirkung blockieren. Dabei wurde ein experimentelles Screening durchgeführt, um Proteine mit optimaler thermischer Stabilität und hoher Bindungsaffinität zu entwerfen. Die synthetisierten Proteine entsprachen den computergenerierten Entwürfen bis ins Detail.
Tests in Laborschalen zeigten, dass die entwickelten Proteine alle getesteten Unterfamilien der Dreifingertoxine neutralisieren konnten. In Versuchen mit Mäusen boten die Proteine Schutz vor einer potenziell tödlichen Neurotoxin-Exposition.
Vorteile der neuen Proteine
Die entwickelten Proteine bieten laut Forschungsteam mehrere entscheidende Vorteile gegenüber traditionellen Antikörper-Therapien:
- Konsistente Qualität: Sie können kostengünstig und reproduzierbar durch rekombinante DNA-Technologien hergestellt werden. Das bedeutet, dass keine Immunisierung von Tieren erforderlich ist.
- Kompakte Struktur: Die kleinen Proteine können schneller und effizienter ins Gewebe eindringen, um Toxine zu neutralisieren.
- Sicherheit: Die Methode reduziert das Risiko von Nebenwirkungen, da keine tierischen Plasmaextrakte verwendet werden.
Die Forschenden sind optimistisch, dass diese computergestützten Methoden nicht nur neue Möglichkeiten zur Entwicklung von Gegengiften bieten, sondern auch für andere Medikamente eingesetzt werden können. Dies könnte insbesondere für Länder mit begrenzten wissenschaftlichen Ressourcen einen Durchbruch darstellen. „Computergestützte Designmethoden könnten die Kosten und den Ressourcenbedarf für die Entwicklung von Therapien erheblich senken“, betonen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.
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