Mainzer Mediziner setzen bei Rekonstruktion von Gesichtern auf 3D-Druck
Ein Tumor oder schwerer Autounfall kann ein Gesicht entstellen. So sehr, dass es ums Überleben geht. Um ein zerschmettertes Jochbein oder einen zerstörten Kiefer wieder herzustellen, wendet die Universitätsmedizin Mainz ein neues Verfahren an. Grundlage ist der 3D-Druck.
Sei es Nase oder Stirn – der neue 3D-Drucker der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (MKG) an der Johannes Gutenberg-Universität kann alles exakt nachbilden. Selbst kleinste Details wie fein verästeltes Knochengewebe bekommt diese Technik hin. Mit solchen maßgetreuen Schablonen können Chirurgen Patienten körpereigene Transplantate passgerechter einsetzen. In Mainz sieht man das als enormen Schritt hin zu einer immer stärker individualisierten Medizin. Die dreidimensionalen Modelle werden im Maßstab 1:1 gefertigt. Die Vorab-Informationen dazu liefern Bildgebungsverfahren wie Computertomographie, Röntgen oder MRT.
Operation lässt sich im Vorfeld durchspielen
Das 3D-Verfahren hat etliche Vorteile: Anhand der Modelle können Mediziner eine bevorstehende Operation gedanklich durchspielen, bevor es ernst wird. Um es zu verdeutlichen: Eine Lücke im Kiefer muss geschlossen werden, dafür soll ein Stück des Wadenbeins entfernt und anschließend an anderer Stelle wieder eingesetzt werden. Zuerst erstellt der 3D-Drucker ein Modell des Kiefers und des Wadenbeins.
Der Mediziner plant dann die OP am lebensechten Modell und probt sie sogar in Grundzügen. Derart vorbereitet kann er bei der realen OP das Knochenstück aus dem Wadenbein so präzise herausnehmen, dass es passt punktgenau in den defekten hineinpasst. Das ist eine schonende Methode, die weniger Folgeschäden für das Wadenbein hat als eine herkömmliche OP.
Funktion und Ästhetik am Ende besser
Die Mainzer Mediziner haben außerdem beobachtet, dass die transplantierte Stelle besser funktioniert als bei herkömmlichen Verfahren. Zudem sei das ästhetische Ergebnis besser. Außerdem schone das Verfahren die Knochensubstanz, umliegendes Gewebe und das Zahnfleisch, betonen sie. Für Patienten verkürzt sich die OP-Zeit und damit die belastende Narkose. Auch die Genesung wird beschleunigt.
Abwehrreaktionen des Körpers
Drüber hinaus könnte die 3D-Drucktechnik bei der regenerativen Medizin einmal eine wichtige Rolle spielen. Dabei geht es darum, fremdes Material mit Zellen des Patienten zu besiedeln und es in den Körper zu verpflanzen. Diese Wechselwirkung ist bisher nicht vorhersehbar – was fast alle chirurgischen Disziplinen vor große Herausforderungen stellt. Denn der Körper wehrt sich manchmal – sogar recht heftig – gegen künstliche Gelenke, Herzschrittmacher oder Gefäßprothesen. Für ihn sind das in erster Linie Fremdmaterialien, er will sie abstoßen. Wissenschaftler suchen nach Optimierungen. Auch die Gesichtschirurgie arbeitet an Implantaten aus Kunststoff, die mit 3D-Druck hergestellt werden und mit dem Gewebe im Gesicht verwachsen.
Einer Forschergruppe in Zürich ist es zudem aktuell gelungen, bakterielle Zellulose mit einer speziellen Oberflächenstruktur herzustellen. Werden künstliche Implantate mit dieser Zellulose umhüllt, ist das für den Körper besonders gut verträglich. Es kommt zu weniger Entzündungen und Abstoßungsreaktionen.
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