Corona 28.07.2021, 09:26 Uhr

Mehr Rechte für Geimpfte: „Prinzipiell angemessen“

Geimpfte könnten bald mehr Freiheiten bekommen als Ungeimpfte, wenn es nach Kanzleramtschef Helge Braun geht. Kritiker nennen das verfassungswidrig. Ethikrat-Mitglied und Jurist Helmut Frister hat eine ganz eigene Meinung dazu.

Sollen Geimpfte mehr Rechte als Ungeimpfte haben? Die Frage polarisiert. Foto: Panthermedia.net/alexraths

Sollen Geimpfte mehr Rechte als Ungeimpfte haben? Die Frage polarisiert.

Foto: Panthermedia.net/alexraths

Auf den Impfneid folgt die Müdigkeit. Noch vor wenigen Monaten waren Impftermine heiß begehrt, Impfwillige standen in langen Schlangen vor Impfzentren und Arztpraxen. Jetzt, da endlich genügend Vakzin verfügbar ist, lässt die Impfgeschwindigkeit allerdings rapide nach.

Immer weniger Menschen lassen sich in Deutschland gegen Corona impfen. Nach Experteneinschätzung ist das insofern fatal, als die Infektionszahlen bis zum Herbst angesichts der besonders ansteckenden Delta-Variante des Coronavirus drastisch steigen könnten. Die Bundesregierung appelliert derweil eindringlich an die Bevölkerung, sich impfen zu lassen. Kanzleramtschef Helge Braun hatte jüngst im Zuge dessen mit einer Aussage eine hitzige Debatte entfacht: „Geimpfte werden definitiv mehr Freiheiten haben als Ungeimpfte“, so Braun in einem Interview.

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Geimpfte bekommen mehr Freiheiten: Ist das verfassungswidrig?

Sprich: Menschen, die sich aus welchen Gründen auch immer gegen eine Impfung entscheiden, könnten weiterhin in ihren Grundrechten eingeschränkt werden. Kritiker wie etwa FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki nannten einen solchen Vorstoß verfassungswidrig. Anders sieht es Helmut Frister. Er ist Mitglied im Deutschen Ethikrat und Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. „Pauschal kann man keine Verfassungswidrigkeit annehmen. Allerdings ist jede Einschränkung von Grundrechten natürlich begründungsbedürftig“, so Frister. Es gelte dabei immer der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und es müsse ein klar definiertes Ziel geben, das mit der Maßnahme erreicht werden soll.

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Aber: „Problematisch wird es, wenn die Einschränkung damit begründet wird, dass man die Gesundheit der Ungeimpften selbst schützen will. Über eigene Rechtsgüter kann jeder selbst disponieren und entscheiden, welchem Risiko er sich aussetzen möchte.“ Doch gebe es eben noch andere Rechtsgüter, die es zu schützen gilt: Zum Beispiel die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems. „Von der Pandemie sind nicht nur die betroffen, die an Corona erkrankt sind, sondern auch alle möglichen anderen Menschen, die in Krankenhäusern nicht behandelt werden können, wenn diese ausgelastet sind. Wir haben die Kollateralschäden ja gesehen. Ein Rechtsgut, dass der Gesetzgeber durchaus schützen und dann eben auch entsprechende Maßnahmen ergreifen kann“, so Frister.

Müssen Geimpfte und Getestete gleich behandelt werden?

Tatsächlich biete das Infektionsschutzgesetz die Möglichkeit, Geimpfte und getestete Ungeimpfte unterschiedlich zu behandeln. „Im Infektionsschutzgesetz ist formuliert, dass Getestete und Geimpfte von Beschränkungen ausgenommen werden können. Es ist allerdings nicht die Rede davon, dass beide Gruppen gleich behandelt werden müssen. Man kann also zwischen Getesteten und Geimpften differenzieren, sofern es dafür eine Notwendigkeit gibt“, erklärt Frister. Diese Notwendigkeit könne zum Beispiel darin begründet sein, dass aufgrund der nicht besonders hohen Zuverlässigkeit der Schnelltests bei Getesteten ein höheres Ansteckungsrisiko besteht als bei Geimpften.

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Ein Wort, das in der Debatte immer wieder herhalten muss: Zweiklassengesellschaft. Ist ein Einteilen der Bevölkerung in zwei Gruppen ethisch vertretbar? Es komme vor allem auf den Grund an, sagt Helmut Frister. „Prinzipiell ist eine Differenzierung auch unter ethischen Gesichtspunkten angemessen. Denn Ungeimpfte sind für die Allgemeinheit gefährlicher als Geimpfte. Wenn es also darum geht, möglichst viele vor Ansteckung zu schützen, eine Ausbreitung der Pandemie und damit eine Überlastung des Gesundheitssystem zu verhindern, ist ein solcher Schritt zulässig.“

Impfpflicht durch die Hintertür: Vorwurf in gewisser Weise berechtigt

Problematisch werde es aber, wenn das Ziel nur darin bestehe, die Menschen zur Impfung zu veranlassen. „Dann ist der Vorwurf, das ganze sei eine Impfpflicht durch die Hintertür, in gewisser Weise berechtigt. Wenn man dazu übergehen würde, dass Ungeimpfte zum Beispiel auch im Freien und unter Einhaltung entsprechender Abstände an Veranstaltungen nicht teilnehmen dürfen, obwohl die Ansteckungsgefahr gering ist, dann wird die Sache schwierig.“

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Ein Beitrag von:

  • Peter Sieben

    Peter Sieben schreibt über Forschung, Politik und Karrierethemen. Nach einem Volontariat bei der Funke Mediengruppe war er mehrere Jahre als Redakteur und Politik-Reporter in verschiedenen Ressorts von Tageszeitungen und Online-Medien unterwegs.

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