Menschlicher Antikörper gegen das Gift der Schwarzen Witwe entwickelt
Forschende der TU Braunschweig haben einen menschlichen Antikörper gegen den Biss einer Schwarzen Witwe entwickelt – mit weniger Nebenwirkungen und ohne Tierversuche.
Seit Jahren stellt das Gift der Europäischen Schwarzen Witwe eine ernste Bedrohung für den Menschen dar und verursacht bei Bissen schwere Symptome. Nun ist es Forschenden erstmals gelungen, menschliche Antikörper zu entwickeln, die dieses Gift neutralisieren können. Das Gift dieser Spinnen kann zu gravierenden neurologischen Komplikationen führen. Bislang waren Antikörper, die von Pferden werden, die einzige Behandlungsoption bei Spinnenbissen. Diese brachten jedoch viele unerwünschte Nebenwirkungen mit sich. Daher suchten die Wissenschaftler nach alternativen Lösungen.
So gefährlich sind Schwarze Witwen
Echte Witwen sind Spinnen, die in verschiedenen Arten weltweit vorkommen. In Europa findet man die Europäische Schwarze Witwe (Latrodectus tredecimguttatus) vor allem im Mittelmeerraum. Diese Spinne bevorzugt trockene Regionen mit wenig Niederschlag, hohen Temperaturen und trockenen Böden. Besonders gefürchtet sind die Bisse der Weibchen, die häufig bei der Erntearbeit vorkommen.
Die Europäische Schwarze Witwe injiziert bei einem Biss ein Giftgemisch in ihr Opfer. Ein Bestandteil dieses Gifts, das Alpha-Latrotoxin, ist für Menschen gefährlich. Eine Vergiftung kann zu Bauch- und Muskelschmerzen sowie zu Herz- und Atemproblemen führen, die sogar tödlich enden können. In solchen Fällen wird normalerweise ein Antiserum verabreicht, das tierischen Ursprungs ist und selbst ein hohes Risiko für Nebenwirkungen birgt.
Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung der Technischen Universität Braunschweig hat nun menschliche Antikörper entwickelt, die das Gift der Schwarzen Witwe neutralisieren können. Die Ergebnisse dieser Studie wurden im Fachjournal „Frontiers in Immunology“ veröffentlicht.
Menschliche rekombinante Antikörper generiert
In einem Forschungsprojekt entwickelte das Forschungsteam menschliche rekombinante Antikörper mithilfe des Antikörper-Phagen-Displays, einer Methode zur Antikörperselektion im Reagenzglas. Diese Methode wurde von Professor Stefan Dübel, dem Leiter der Abteilung Biotechnologie an der TU Braunschweig, entwickelt. Die erzeugten Antikörper können das Alpha-Latrotoxin neutralisieren. Ihre Wirksamkeit gegen das Gift der Europäischen Schwarzen Witwe wurde in mehreren zellbasierten Tests nachgewiesen.
Diese neuen Antikörper könnten die Grundlage für ein Medikament bilden, das die bisher verwendeten Pferdeseren bei der Behandlung von Bissen der Schwarzen Witwe ersetzt. Darüber hinaus könnten sie für diagnostische Tests genutzt werden, da es bislang keine zuverlässige Methode zur Identifizierung von Vergiftungen durch diese Spinnen gibt.
Milliarden von Antikörpern gesichtet
Durch den Einsatz einer innovativen In-vitro-Technologie, dem Antikörper-Phage-Display, durchsuchten die Forscher Milliarden von Antikörpern, um diejenigen zu finden, die sich an das Toxin binden können. „Wir haben die menschlichen Antikörper aus unseren humanen naiven Antikörper-Genbibliotheken HAL9/10 mithilfe von Phagen-Display ausgewählt. Diese Technologie dient der Erzeugung von Antikörpern im Reagenzglas“, erklärte Prof. Dr. Michael Hust, Leiter der Abteilung Medizinische Biotechnologie an der TU Braunschweig.
Diese Methode ermöglichte es ihnen, Antikörper zu entwickeln, die weniger Nebenwirkungen verursachen als die herkömmlichen Antivenom-Antikörper, die von Pferden stammen. „Da das Pferde-Antivenom nicht menschlichen Ursprungs ist, kann es Immunreaktionen wie die Serumkrankheit (eine Überempfindlichkeitsreaktion, die nach einigen Tagen auftritt) oder sogar einen anaphylaktischen Schock (eine Reaktion nach wenigen Minuten) auslösen. Diese Reaktionen führten in der Vergangenheit auch zu tödlichen Fällen“, erläuterte Hust.
So soll es weitergehen
Laut der Pressemitteilung haben viele dieser Antikörperkandidaten in Labortests vielversprechende Ergebnisse gezeigt. Besonders hervor sticht jedoch MRU44-4-A1, der das Gift außergewöhnlich gut neutralisieren kann.
„Bevor wir klinische Studien durchführen können, müssen wir die Wirksamkeit in einem Tiermodell nachweisen“, erklärte Hust. „Anschließend müssen die Antikörper in Toxizitäts- und Pharmakokinetik-Studien an Tieren getestet werden. Zudem ist es notwendig, ihre Kreuzreaktivität mit menschlichem Gewebe zu überprüfen“, fügte er hinzu.
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