Modernster CT für Tiere findet auch den Pfirsichkern im Bären
Ein Wolf war der erste, der mit dem weltweit modernsten Computertomographen in der Veterinärmedizin am Berliner Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung durchleuchtet wurde. Der Wolf starb an Genickbruch. Das neue Gerät kann sogar bewegte Organe wie ein schlagendes Herz in bisher nicht erreichter Auflösung darstellen.
Immerhin hat er nicht leiden müssen, der Wolf, der als erster „Patient“ im nagelneuen Tier-Tomographen des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) in Berlin untersucht wurde. Das Wildtier war nahe Bordesholm im Kreis Rendburg-Eckernförde in Schleswig-Holstein vor ein Auto gelaufen.
Er starb durch einen glatten Bruch der Brustwirbelsäule. „Ein schneller Tod, keine 30 Sekunden“, sagt Tierarzt Thomas Hildebrandt. „Trotzdem ist das traurig.“ Denn dieser Wolf war gerade einmal ein Jahr alt. In diesem Alter verlassen Jungwölfe ihr angestammtes Rudel und gehen neugierig und unerfahren auf die Wanderschaft.
„Das ausgereifteste Modell, das es zur Zeit für Tiere gibt“
Mit dem neuen Hochleistungs-CT des japanischen Unternehmens Toshiba betreten die Forscher am IZW Neuland in der Wildtierforschung. „Das ist das ausgereifteste Modell, das es zur Zeit für Tiere gibt“, betont Tierarzt Guido Fritsch. Die denkbaren Einsätze reichen von der Evolutionsmorphologie über die Veterinärmedizin bis hin zur Forensik.
Das Gerät bringt den weltweit größten und leistungsfähigsten Röntgendetektor in der Veterinärmedizin nach Berlin. Es kann in einer Rotation um das zu untersuchende Tier 640 Schichtbilder erzeugen und einen Bereich von 16 Zentimeter in nur 35 Millisekunden erfassen. Das ermöglicht es, ganze Organsysteme innerhalb eines Wimpernschlages darzustellen. Bewegungen lassen sich so regelrecht einfrieren und in Echtzeit visualisieren. Das ist für die Untersuchung von lebenden Tierpatienten entscheidend.
Bauchweh wegen verschluckten Pfirsichkern
Gleich am ersten Einsatztag konnte diese Leistungsfähigkeit eindrucksvoll bewiesen werden. Einen Malaienbär aus dem nahen Berliner Tierpark plagten starke Bauchschmerzen. Die CT-Bilder zeigten, dass der Bär einen Pfirsichkern verschluckt hatte. Die Operation am Dünndarm folgte sofort. „Ohne CT hätten wir einen 30 Zentimeter langen Bauchschnitt machen müssen“, berichtet Guido Fritsch.
Auch ein Tiger aus dem Zoo wurde am ersten Tag – betäubt natürlich – ins CT geschoben. Doch die Tigerin Sarai ist kerngesund. Das zeigen die 2001 Bilder, die in nur 30 Sekunden von dem Tiger gemacht sind. Sarai soll ein Hormonimplantat bekommen, damit sie nicht mehr trächtig wird.
500 Tiere im Jahr kommen in die Röhre
Das Gerät selbst ist im Wortsinn raumgreifend, es füllt ein ganzes Zimmer am IZW aus. Es kann Tiere bis zu einem Gewicht von 300 Kilogramm stemmen. Die Länge ist auf zwei Meter begrenzt. Der Tierdurchmesser darf 72 Zentimeter nicht überschreiten, sonst passt nicht mehr durch die Röhre. In diese kommen pro Jahr rund 500 Tiere für die Forschung – lebendige, tote und sogar Fossilien.
Wölfe sind am IZW keine Seltenheit. „Unser Hundertster“, sagt Guido Fritsch. Das IZW verfügt über eine eigene Wolfsdatenbank, in der der Gesundheitszustand und die Todesursache der Wildtiere eingetragen werden. Auch die Daten des einhundertsten Wolfes gehen in diesen Datenbestand ein und sollen helfen, ein genaueres Bild von den Wildtieren in Deutschland zu zeichnen.
Geleast für 10.250 Euro im Monat
Die Berliner Tierforscher betreten auch mit der Finanzierung des 1,4 Millionen Euro teuren Hochleistungs-CTs ein für die Wissenschaft bisher einzigartiges Neuland: Sie haben das Gerät vom Hersteller für eine monatliche Rate von 10.250 Euro geleast. So bleibt dem je zur Hälfte vom Bund und vom Land finanzierten Institut eine große Einzelinvestition samt dem dann folgenden Wertverlust erspart.
In ihrem alten Tier-CT haben die Tierärzte vom IZW vor vier Jahren schon einmal einen äußerst prominenten Patienten untersucht. Der beliebte Berliner Eisbär Knut segnete im März 2011 plötzlich und unerwartet nach gerade einmal gut vier Jahren das Zeitliche. Das Untersuchungsergebnis: Es war ein epileptischer Anfall, der Knuddel-Knut dahinraffte.
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