Neue Antibiotika mit Frauennamen: Forschende untersuchen alte Bestände
Eine neue Studie zeigt, wie 28 bisher wenig erforschte Actinomyceten vielversprechende Wirkstoffe gegen resistente Bakterien produzieren. Außerdem nutzen die Forschenden die Gelegenheit, bedeutende Wissenschaftlerinnen durch die Benennung neuer Bakterienarten zu würdigen.
In der Welt der Mikrobiologie gibt es einen faszinierenden, aber oft übersehenen Schatz: Bakterien, die potenziell neue Antibiotika produzieren können. Diese Bakterien gehören zu den Actinomyceten, einer Gruppe, die für die Herstellung bioaktiver Stoffe bekannt ist und deren Verbindungen bereits zwei Drittel der heutigen Antibiotika hervorgebracht haben.
Doch inmitten des zunehmenden Problems der Antibiotikaresistenz ist die Entdeckung neuer, wirksamer Antibiotika dringlicher denn je. Genau hier setzt eine aktuelle Studie am Leibniz-Institut DSMZ an, die sich mit dem biotechnologischen Potenzial von 28 bislang wenig untersuchten Actinomyceten befasst.
28 Actinomyceten untersucht
Wissenschaftler*innen um Dr. Imen Nouioui und Prof. Dr. Yvonne Mast vom Leibniz-Institut DSMZ haben 28 Actinomyceten untersucht, um ihr biotechnologisches Potenzial zu prüfen. Die Studie zeigt, dass diese Actinomyceten andere Bakterien und Hefen abtöten können. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Current Research in Microbial Sciences veröffentlicht.
Actinomyceten sind Bakterien, die, wie bereits erwähnt, für die Produktion von bioaktiven Stoffen bekannt sind. Zwei Drittel der heutigen Antibiotika stammen ursprünglich aus diesen Bakterien. Die jetzt untersuchten Actinomyceten wurden seit Jahrzehnten in der DSMZ-Sammlung aufbewahrt, aber bislang nicht genau untersucht.
Das Leibniz-Institut DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH beherbergt die weltweit umfangreichste Sammlung biologischer Ressourcen, darunter Bakterien, Archaeen, Protisten, Hefen, Pilze, Bakteriophagen, Pflanzenviren, bakterielle DNA sowie menschliche und tierische Zellkulturen. An der DSMZ werden Mikroorganismen und Zellkulturen gesammelt, erforscht und aufbewahrt.
Besonders gefährliche antibiotikaresistente Bakterien
Wie bereits erwähnt, prüften die Forschenden in ihrer Studie das Potenzial von 28 Actinomyceten, Wirkstoffe zu produzieren, und fanden heraus, dass diese Bakterien andere Mikroorganismen abtöten können. Darunter sind auch antibiotikaresistente Bakterien, die von der Weltgesundheitsorganisation als besonders gefährlich eingestuft werden. Die DSMZ-Sammlung enthält mehr als 6.000 Actinomyceten-Stämme, von denen viele noch nicht genau untersucht wurden.
„Unsere Studie zeigt, dass wir in unserem Institut noch viele unentdeckte Schätze haben“, resümiert Mikrobiologin Yvonne Mast. „Gerade vor dem Hintergrund der zunehmenden Antibiotikaresistenz ist die Suche nach neuen Wirkstoffen extrem wichtig. Wir beforschen diese Stämme eingehend, um einen Mehrwert zu schaffen und unter anderem Produzenten potentiell neuartiger Wirkstoffe der Wissenschaftsgemeinschaft zur Verfügung stellen zu können.“
Actinomyceten mit neuesten Technologien untersucht
Im Rahmen der Studie wurden die Actinomyceten mit neuesten Technologien untersucht. Auf Grundlage der Ergebnisse wurden 26 Actinomyceten erstmals detailliert beschrieben und offiziell benannt. „Für uns ist diese Arbeit besonders wichtig, da sie die Bedeutung einer korrekten Identifizierung und Klassifizierung von Stämmen hervorhebt und gleichzeitig die unschätzbare Rolle von Kultursammlungen bei der Erhaltung interessanter Stämme unterstreicht, die für ein breites Spektrum der wissenschaftlichen Gemeinschaft von Nutzen sein können. Außerdem ist dies die erste Studie zur taxonomischen Beschreibung einer so großen Anzahl neuer Actinomyceten-Arten. Normalerweise werden immer nur einzelne oder wenige neue Arten beschrieben“, erklärt die Mikrobiologin Dr. Imen Nouioui.
Bakterien nach Wissenschaftlerinnen genannt
Die Forschenden legten großen Wert darauf, den Gender Gap in der Taxonomie zu verringern. Bisher wurden die meisten Bakterien nach männlichen Forschern benannt, während Frauen in der Vergangenheit selten berücksichtigt wurden. Aus diesem Grund erhielten die 26 neu beschriebenen Actinomyceten Namen, die an Wissenschaftlerinnen angelehnt sind, die bedeutende Beiträge zur Mikrobiologie geleistet haben.
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