Holzwespe als Vorbild 29.10.2014, 12:09 Uhr

Neue Bohrsäge kann auch eckige Löcher bohren

Die Bohrsäge Sirex kann durch ausgeklügelte Pendelbewegungen nicht nur runde, sondern auch eckige Löcher bohren. Für Chirurgen könnte der neue Knochenbohrer zur großen Hilfe beim Einsetzen von Hüftprothesen werden. 

Beim International Bionic Award schaffte es der Bohrer Sirex auf den zweiten Platz. Der Preis wird alle zwei Jahre vom VDI gemeinsam mit der Schauenburg-Stiftung ausgeschrieben.

Foto: Fraunhofer IPA

Sirex juvencus
Die weiblichen Exemplare der Gemeinen Holzwespe (Sirex juvencus) nutzt für die Eiablage in frisches Holz einen Legestachel. Er besitzt drei separate Raspeln, die sich unabhängig voneinander in einem ausgeklügelten Wechselspiel bewegen können. 

Foto: panthermedia.net/tristanviolett

Den Namen Sirex hat der neue Bohrer, der am Stuttgarter Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA entwickelt wurde, nicht von ungefähr. Sirex ist auch der lateinische Name der gemeinen Holzwespe und von dieser haben sich die Forscher das Funktionsprinzip abgeschaut. Zum Einsatz kommen soll der neue Bohrer zunächst vor allem in der Chirurgie und hier soll er die Präzision beim Einsetzen künstlicher Hüftgelenke entscheidend verbessern.

Die Holzwespe kann sich bis zu sechs Zentimeter tief ins Holz raspeln

Das Geschick der Holzwespe diente Kiyoharu Nakajima, Kai Tausch, Patrick Maurer, Luis Paulo und ihrem Teamleiter am IPA Oliver Schwarz, als Vorbild. Wenn die Holzwespe für die Eiablage ein bis zu sechs Zentimeter tiefes Loch in das frische Holz bohren will, muss sie sich mangels Bohrer anders helfen. Dafür hat die Holzwespe in ihrem Legestachel drei separate Raspeln, die sich unabhängig voneinander in einem ausgeklügelten Wechselspiel bewegen können.

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Während sich der eine Teil bewegt, verhakt sich der andere Teil im Loch und bringt den nötigen Halt. So muss das Tier seinen filigranen Stachel nicht andrücken und kann sich trotzdem tief ins Holz fräsen.

Bekannt ist dieses Pendelhub-Prinzip auch bei speziellen Stichsägen, deren Sägeblatt sich nicht nur vertikal bewegt, sondern auch vor- und rückwärts pendelt. Damit, und das ist der entscheidende Vorteil gegenüber einem Bohrer, können auch recht- oder vieleckige Löcher ausgesägt werden. Und genau dies ist bei einer Hüft-OP notwendig.

Der neue pneumatische Bohrer arbeitet schnell, präzise und schonend

Bei der aufwendigen Operation bohrt der Orthopäde ein großes Loch mit rechteckigem Querschnitt in den Oberschenkelknochen. Er muss sehr präzise vorgehen, damit das Implantat fest anliegt und keine Hohlräume entstehen. Denn eine Hinterfütterung mit Zement würde die Haltbarkeit des Kunstgelenks verkürzen. Dennoch arbeiten die Chirurgen weitgehend von Hand mit verschiedenen Raspeln. Mit dem neuen Bohrer, dessen Raspel pneumatisch angetrieben wird, können die Chirurgen präziser, schneller und auch schonender arbeiten, weil der Druck auf den Knochen weniger stark ist.

Für poröse Materialien wie Knochen ist Sirex besonders gut geeignet, das hätten erste Tests gezeigt, berichten die Forscher. Der Knochenbohrer für die Hüft-OPs soll etwa 1,5 Kilogramm wiegen und gut in der Hand liegen. Er hat einen markanten Knick, der die Haltung der Hände definiert. So kann der Chirurg das Instrument nicht nur präzise führen, sondern spürt auch an kleinsten Vibrationsschwankungen Unterschiede in der Knochenkonsistenz.

Bohrer Sirex erhält den zweiten Preis beim Bionic-Award

Der mehrteilige Raspelkopf lässt sich mit einem einfachen Handgriff auswechseln und durch einen anderen ersetzen. Um den Apparat sterilisieren zu können, kann er problemlos zerlegt werden. Sobald sich ein interessiertes Unternehmen findet, will das Stuttgarter Team einen Prototyp bauen.

Im Wettbewerb um den International Bionic Award, der alle zwei Jahre vom VDI gemeinsam mit der Schauenburg-Stiftung ausgeschrieben wird, erhielt der Bohrer kürzlich den zweiten Platz. Mit dem Bionic-Award sollen herausragende Arbeiten in der bionischen Produktentwicklung ausgezeichnet werden.

Weil der Pendelhub-Bohrer kaum angedrückt werden muss, könnte er laut Fraunhofer IPA selbst im Weltall oder unter Wasser genutzt werden, wo es schwierig ist, eine große Gegenkraft aufzubringen.

 

Ein Beitrag von:

  • Gudrun von Schoenebeck

    Gudrun von Schoenebeck

    Gudrun von Schoenebeck ist seit 2001 journalistisch unterwegs in Print- und Online-Medien. Neben Architektur, Kunst und Design hat sie sich vor allem das spannende Gebiet der Raumfahrt erschlossen.

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